Höllenscript
auf keinen Fall. Ich bin nach wie vor bereit, mit Ihnen zu reden.«
»Worüber?«
Der Mann ging auf das Thema nicht ein. »Ich muß vorsichtig sein, sehr vorsichtig. Deshalb werden Sie sich jetzt in den Wagen setzen und eine bestimmte Strecke fahren.«
»Warum sollte ich das tun?«
»Weil ich es so will.«
Bill wurde allmählich sauer. »Hören Sie, Kuszew – oder wie immer Sie auch heißen mögen. Ich werde von all dem nichts tun. Verstanden? Wenn Sie etwas wollen, rufen Sie mich morgen wieder an, und die Sache ist…«
»Doch, Sie werden es tun, Bill. Weil Sie jetzt etwas hören werden, das Sie dazu zwingt.«
Nach diesen Worten holte der Reporter hektisch durch die Nase Luft und preßte das Handy so hart gegen sein Ohr, daß es schon schmerzte. Er wußte nicht, was der andere vorhatte, aber Spaß würde es ihm sicherlich nicht bereiten.
»Bill! Bill Conolly.«
Er hörte die dünn und brüchig klingende Frauenstimme und wurde starr.
In seinem Magen lag ein dicker Kloß. In diesem Moment war ihm klargeworden, daß er sich in einer verdammten Zwickmühle befand. Bald war aus dem lockeren Treffen blutiger Ernst geworden. Bill ärgerte sich darüber, daß sein Herz so schnell schlug und ihm auch der Schweiß ausbrach, aber er gehörte eben nicht zu den abgebrühten Typen, die einfach über alles hinweggingen.
»Wer sind Sie?«
»Ich bin Claudine Otrano. Sie kennen mich. Ich kenne Sie. Ich kenne auch Ihre Frau. Es liegt schon etwas länger zurück. Auch wenn Sie sich nicht an mich erinnern können, aber ich bitte Sie inständig, zu mir zu kommen. Bitte, Bill, bitte. Tun Sie, was man Ihnen sagt, sonst wird es mir schlecht ergehen…«
»Moment mal, Claudine, ich…«
Er hörte ein Lachen und schwieg. Aber nicht die Anruferin hatte gelacht, sondern Kuszew. Das Lachen verstummte. Dafür hörte Bill wieder die Stimme des Hundesohns. »Es ist alles von ihrer Seite aus gesagt worden«, erklärte er. »Wenn Sie Claudine retten wollen, dann tun Sie genau das, was ich Ihnen befehle. Ist das klar?«
»Sicher.«
»Sie werden zu mir kommen. Sie werden sich an meine Anweisungen halten, und Sie werden mit keinem Menschen darüber sprechen. Vergessen Sie Ihr Handy. Werfen Sie es am besten weg. Erst wenn Sie bei mir sind, reden wir weiter.«
»Okay, ich komme.«
»Sehr gut. Damit haben Sie schon einen großen Schritt nach vorn getan, Conolly.«
»Was soll ich tun?«
»Sie werden sich in Ihren Wagen setzen und brauchen nicht mal weit zu fahren. Unser Treffpunkt liegt noch innerhalb dieses Geländes. Sie können den alten Kriegsbunker gar nicht übersehen, wenn Sie die Augen offenhalten…«
»Ich habe ihn bereits auf der Hinfahrt entdeckt.«
»Sehr gut. Dann wird Ihnen auch aufgefallen sein, daß er geschlossen ist. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken. Das Tor wird offen sein, und Sie können mit Ihrem Wagen in den Bunker hineinfahren. Alles andere wird sich schon ergeben.«
»Ich habe verstanden.«
»Dann gute Fahrt, mein Lieber. Und lassen Sie sich nicht zu lange Zeit. Es wäre sonst schade um die schöne Claudine…« Er lachte noch einmal und schaltete ab.
Auch Bill ließ den Arm mit dem Handy sinken. »Verdammter Dreckskerl«, flüsterte er und spielte schon mit dem Gedanken, die Polizei zu alarmieren.
Dann fiel ihm wieder die Stimme der Anruferin ein. Sie hatte nicht so geklungen, als hätte ihm die Person etwas vorgespielt. Das hatte verdammt echt geklungen.
»Wie du willst«, sagte Bill und setzte sich in seinen Wagen. Er hatte kein gutes Gefühl, aber was tatsächlich auf ihn zukommen würde, konnte er nicht mal ahnen…
***
»Gut, nicht?« fragte der Mann und nahm Claudine das Handy weg.
»Gut, daß ich meinen Plan noch geändert habe. Ich habe zuerst angerufen, ihn neugierig gemacht, dann bist du an die Reihe gekommen. Es lief doch alles wunderbar.«
Claudine schwieg. Sie stand im Käfig und kam sich verloren vor. Vor ihr bewegte sich der Mann im Licht der Lampe. Seine Gestalt warf einen bizarren Schatten, der über die feuchten Wände hinwegtanzte, als wäre er ein Gebilde aus einer anderen Welt.
»Was ist gut?« fragte das Model.
»Daß er kommen wird.«
»Und dann?«
»Laß dich überraschen.«
Er ging vom Gitter weg zu seinem Schreibtisch hin, wo er seinen Platz einnahm und so aussah wie ein King, dem niemand etwas konnte.
Claudine spürte noch das Papier in ihrer Hand. Durch den Schweiß war es feucht geworden. Sie hatte sich haarklein an den ihr aufgeschriebenen Text gehalten,
Weitere Kostenlose Bücher