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Höllenstadt

Höllenstadt

Titel: Höllenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mächtig. Die verdammten Trolle hatten es besser als wir.
    Ich mußte sie suchen, sonst konnten sie weiterhin aus ihren Verstecken heraus agieren.
    Ich überquerte mit langen Schritten die Straße. Die Luft schien an mir zu kleben. Der Himmel war eine dunkle Platte, die sich immer tiefer senkte, als wollte sie mich irgendwann einfach erdrücken. Nicht mal Sterne waren zu sehen. Sie hatten sich in die unendliche Tiefe des Alls zurückgezogen.
    Auf der anderen Seite blieb ich vor einem Frisiersalon stehen. Das Geschäft lag nahe einer Straßeneinmündung. Ich ging bis zur Ecke vor und überlegte.
    Es hatte keinen Sinn, wenn ich im Licht und auf der Main Street blieb. Meine Gegner würden nicht so dumm sein und sich dort zeigen. Sie nutzten die dunklen Ecken und Stellen aus, um sich dort zu verbergen. Wie lange würden sie warten? Bis Mitternacht? Oder länger? Wann ließ die Aufmerksamkeit der Menschen nach?
    Ich betrat die schmalere Straße. Autos standen an den Seiten. Wohnhäuser ragten rechts neben mir hoch. Keine Vorgärten. Wer hier wohnte, lebte direkt an der Straße.
    Ab und zu hörte ich die Geräuschpegel aus irgendwelchen Fernsehern.
    Die Fassaden bekamen eine Lücke. Sie wurde von einem Reklameschild ausgefüllt. Von dort wehte mir der Rauch einer Zigarette entgegen. In Kopfhöhe sah ich auch den roten Glutpunkt. Als ich näherkam, trat mir ein Mann in den Weg.
    Ich blieb stehen, denn es hatte so ausgesehen, als wollte der Mann mit mir reden. Er nickte mir zu, trat die Glut aus und fragte: »So spät noch unterwegs?«
    »Ich muß. Aber Sie sollten lieber in Ihrem Haus sein.«
    Er hob die Schultern. »Warum? Ich bin alt. Ich bin einer der Ältesten hier.« Er hustete. »Was kann mir schon passieren? Aber keine Sorge, ich weiß genau, was hier abläuft.«
    »Kompliment, dann wissen Sie mehr als ich.«
    »Vielleicht«, sagte er gedehnt.
    Der alte Mann interessierte mich plötzlich. Ich schaute ihn mir auch genauer an. Er war sehr dünn, trug eine Röhrenhose und ein dunkles Hemd. Auf dem Kopf saß ein speckiger Hut, den er in den Nacken gedrückt hatte. Von seinem Gesicht sah ich nicht viel.
    Die Hutkrempe und die Dunkelheit verdeckten das meiste.
    »Was haben Sie denn damit gemeint?«
    Er hob die Schultern. »Ich habe mir eben meine Gedanken gemacht, Mister.«
    »Ich heiße übrigens John Sinclair.« Mit dieser Antwort hoffte ich, sein Vertrauen zu gewinnen.
    »Sagen Sie Hank zu mir.« Er lachte. »Das sagen alle. Außerdem halten sie mich für ziemlich blöd. Daran habe ich mich gewöhnt – wie auch an vieles andere.«
    »Sind Sie auch Ire?«
    »Mein Urgroßvater ist hier nach Benson City gekommen. Man hat ihn damals im eigenen Land wie einen Sklaven behandelt. Er mußte einfach weg, und die Familie ist geblieben.«
    »War aber noch in der Tradition verwurzelt, wie?«
    Hank verzog den Mund. »Ich weiß, auf was Sie hinauswollen, Mister. Es hat sich rasch herumgesprochen, daß hier zwei Fremde angekommen sind, um das Verschwinden der fünf Kinder aufzuklären. Es ist schlimm, ich weiß es. Grausam für die Familien, die davon betroffen sind. Aber auch die meisten anderen leben unter dem Druck der Angst. Das kann ich Ihnen schriftlich geben.«
    »Sie auch, Hank?«
    »Nein, ich nicht. Aber das hat nichts mit meinem Alter zu tun, sage ich Ihnen. Höchstens mit der Weisheit und dem Wissen.« Er lächelte verschmitzt.
    »Wissen ist gut!« bestätigte ich. »Könnte es sein, daß Sie mehr wissen als die anderen?«
    Er lachte mir leise ins Gesicht und sagte dann: »Wissen Sie eigentlich, daß ich auf Sie gewartet habe?«
    »Ach? Wie das? Woher wußten Sie denn, daß ich hier diesen Weg nehmen würde?«
    »Ich habe Sie beobachtet, John.«
    »Und warum?«
    Er ließ seine Zungenspitze um die Lippen tanzen. »Weil ich genau weiß, daß sie offener für gewisse Dinge sind als die anderen Personen hier. Ja, das weiß ich. Das habe ich gespürt.«
    »Sehr schön, Hank. Offen für Trolle, zum Beispiel?«
    »Möglich.«
    »Sie kennen die Trolle?«
    »Mein Urgroßvater kannte sie. Der Großvater auch. Die Geschichten wurden weitergegeben, und nicht nur sie. Manchen Trollen erging es wie den Menschen. Auch ihnen gefiel es nicht mehr in ihrer Heimat. Also haben sie Irland beziehungsweise Schottland verlassen.«
    »Damals?«
    »Ja.«
    »Wie war es möglich?«
    »Das dürfen Sie mich nicht fragen. Niemand hat sie gesehen, aber auf den Auswandererschiffen gab es Verstecke genug. Die sind von den Trollen ausgenutzt worden. Niemand

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