Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenstadt

Höllenstadt

Titel: Höllenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
hatte ihre Erinnerung angeregt. Plötzlich sah sie wieder das vor Augen, was ihr den tiefsten Schrecken ihres bisherigen Lebens eingejagt hatte.
    Der Wechselbalg im Kinderbett!
    Wie ein Faustschlag erwischte sie dieser Gedanke. Er war böse und brutal. Sie kam nicht damit zurecht.
    Es widersprach jeglicher Logik. Es war einfach nur furchtbar und noch schlimmer, weil ihr eigenes Kind verschwunden war.
    Geraubt – weg! Von wem auch immer. Jemand hatte es geholt und gegen einen Wechselbalg eingetauscht. Martha Caine hätte schreien können. Sie wunderte sich, daß sie es nicht tat. Verzweifelt suchte sie nach Gründen. Dachte nach, wühlte in ihrem Gedächtnis, dachte an Aliens, an Außerirdische, somit auch an einen Kreislauf des Wahnsinns, in den sie hineingeraten war.
    Vorbei. Es gab Morton nicht mehr. Er hatte… Er war – würde… Furchtbar. Martha ballte die Hände. Glühende Lava strömte durch ihren Körper, und dann brach der Schrei aus ihr hervor. Sie mußte es tun, sie mußte sich Luft verschaffen und trommelte dabei mit den Fäusten so lange gegen die Wand, bis ihr die Hände weh taten. Danach sank sie zusammen, schüttelte sich wie ein nasses Tier und weinte. Die furchtbare Vorstellung, ihren kleinen Sohn nicht wiederzusehen, brachte sie um den Verstand. Irgend jemand hatte ihn geholt, und Martha Caine wußte nicht, wer es gewesen war.
    »Dick«, flüsterte sie den Namen ihres Mannes vor sich hin. »Verdammt noch mal, Dick, wo bist du? Jetzt, wo ich dich brauche, bist du nicht da, verflucht!« Sie weinte wieder, diesmal waren es Tränen der Wut. Stunden mußten noch überstanden werden, bis Dick zurückkehrte. Eine lange Zeit in einem Haus, vor dem sich Martha fürchtete.
    Ja, sie hatte Angst!
    Dieses Haus gehörte ihr nicht mehr. Jemand anderer hatte es einfach übernommen. Kein bestimmter, kein erklärbarer Grund, aber es war vorhanden, das wußte sie genau. In ihrem Magen blieb der Druck. Das Bad erinnerte sie immer mehr an eine Zelle. Sie mußte raus, weg, aber nicht weglaufen. Sie würde im Haus bleiben. Das wiederum kam ihr jetzt wie eine feindliche Insel vor. Sie fürchtete sich vor dem Bau, auf den sie einst so stolz gewesen war. Jetzt steckte er voller dunkler Geheimnisse und Gefahren.
    Mit der linken Hand wischte sie Haarsträhnen aus der klebrigen Stirn.
    Martha Caine verließ das Bad. Sie ging nicht so sicher wie sonst, sondern stützte sich mit den flachen Händen an der Wand ab. Als wäre sie dabei, sich im Dunkeln durch ein fremdes Gelände zu tasten. Die Frau ging gebückt, sie war innerlich gespannt. So bewegte sich jemand, der einen Angriff erwartete.
    Im Flur blieb sie stehen. Hier brannte kein Licht. Dennoch war es nicht stockfinster. Der Schein fiel noch durch die offene Badezimmertür und erreichte auch den schmalen Wandspiegel.
    Vor ihr endete der Flur an der Haustür. Dort ging es auch zur Küche. Deren Tür war nicht geschlossen. Der dunkle, offene Spalt reichte vom Boden bis fast unter die Decke. Martha wußte nicht, ob sie die Küchentür offengelassen hatte oder nicht. Gedanken und Erinnerungen waren zu sehr durcheinandergewirbelt worden.
    Um sie herum ertönten merkwürdige Geräusche.
    Zuerst glaubte sie an Einbildung. Die Laute waren einfach zu fremd gewesen. Sie hörte das Knistern, das Schmatzen und auch leise Schlürfen plötzlich überdeutlich. Das bildete sich Martha nicht ein, und sie wußte auch, woher die Geräusche drangen.
    Aus der Küche!
    Ihr Herz schlug wahnsinnig stark. Sie spürte die Schmerzen, die beinahe ihre Brust zerrissen. Der Schweiß brach ihr wieder aus. In der Küche befand sich ein Fremder. Jemand war einfach eingedrungen.
    Martha atmete hektisch. Das Luftholen schmerzte. Sie spürte den Druck in der Brust. Die Furcht setzte ihr arg zu, und sie fühlte sich kaum noch als Mensch.
    Normal wäre es gewesen, wenn sie das Haus fluchtartig verlassen hätte. Aber Martha Caine war eine Mutter. Sie hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, ihr Kind zu finden, und diese Tatsache sorgte für die Überwindung ihrer Angst.
    Morton war wichtig. Keiner sonst. Der Junge mußte leben. Er war noch so klein, so nett, so lieb, einfach wunderbar. Sie durfte ihn nicht im Stich lassen.
    Eine Waffe! Ich brauche eine Waffe. Es gab wohl eine, die aber hielt Dick unter Verschluß. Ein alter Revolver. Er hatte ihn von seinem Großvater geerbt.
    Martha Caine ging weiter. Sie bewegte sich auf die Küchentür zu, und die verfluchten Geräusche hörten einfach nicht auf. Da war

Weitere Kostenlose Bücher