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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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unerträglich herablassend, aber wenigstens hatten sie den Anruf entgegen genommen.
    Die Boote näherten sich immer noch. Durch das Fernglas sah ich sie jetzt deutlich. Die Crew machte mit der Übung weiter, aber alle schauten immer wieder auf Backbord achtern hinaus. Sie hatten die Boote bemerkt und hatten jetzt etwas anderes im Sinn als eine Feuerübung. Sie waren eindeutig nervös.
    Fünf Meilen Entfernung; dann vier. Inzwischen konnte ich das führende Boot ausmachen, nicht mehr nur seine Bugwelle. Es war ein typisches somalisches Skiff: weiß, mit schmalem Bug und rasend schnell. Das Meer wurde rauer. Je weiter wir auf den Golf hinausfuhren, desto höher gingen die Wellen – von einem halben Meter auf über einen Meter. Ich sah, dass die Boote Probleme bekamen. Eine Zeitlang fuhren sie auf fast flacher See, dann krachten sie in eine Welle, die sie seitwärts abdrängte und abbremste. Sie mussten den Kurs korrigieren und den Motor wieder auf Touren bringen; es dauerte eine Weile, bis sie wieder ihre ursprüngliche Geschwindigkeit erreicht hatten. Das Meer half uns. Wenn der Seegang noch stärker wurde, konnten wir sie abhängen.
    Die Minuten schlichen dahin. Sie holten auf, fielen zurück, holten wieder auf, fielen erneut zurück.
    Um 15.00 Uhr war die Übung beendet; mir wurde schlagartig bewusst, dass unser Wettrennen mit den Piraten schon über eine Stunde dauerte. Inzwischen waren sie auf drei Meilen herangekommen und holten weiter auf. Im führenden Boot konnte ich vier Männer ausmachen, die lange Gegenstände in den Händen hielten – Sturmgewehre, ohne jeden Zweifel.
    Jetzt erst blickte ich mich um und stellte fest, dass fünf oder sechs Männer auf der Brücke standen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie hier aufgetaucht waren. Alle starrten wie gebannt und totenstill auf Backbord achtern hinaus. Normalerweise hätte ich ihnen befohlen, die Brücke sofort wieder zu verlassen, aber in einer solchen Situation war jedes zusätzliche Augenpaar nützlich. Noch zeigten sie keine Anzeichen von Panik, aber die Atmosphäre auf der Brücke war sehr gespannt.
    Dann kam mir plötzlich eine Idee. »Hey!«, rief ich zum Zweiten hinüber, »nimm das Funkgerät und ruf’ mich an. Ich werde dann so tun, als sei ich ein Schiff der US-Marine.« Wenn die Piraten unsere Frequenz abhörten, was sie bei anderen Überfällen häufig getan hatten, würde ich sie damit vielleicht glauben machen, dass wir in direktem Kontakt mit einem Zerstörer der Navy standen.
    »Wie bitte, Cap?«
    Ich hatte nicht die Zeit, ihm die Sache genauer zu erklären.
    »Vergiss’ es«, sagte ich. »Aber hör’ genau zu.«
    Ich schaltete das Funkgerät ein und drückte auf den Mikrofonschalter. »Hier Kriegsschiff 237, Koalitionsschiff 237, 237. Maersk Alabama , bitte kommen.«
    Ich hatte meine Stimme verstellt, so dass sie tiefer klang, und versuchte auch, meinen Bostoner Dialekt zu unterdrücken. » Maersk Alabama , bitte kommen, hier ist Koalitions-Kriegsschiff 237.« Damit wollte ich vortäuschen, ich sei ein Kriegsschiff der Navy in Funkreichweite.
    Dann antwortete ich mit meiner normalen Stimme. »Hier ist Maersk Alabama . Wir werden von Piraten angegriffen. Position zwo Grad zwo Nord, neunundvierzig Grad neunzehn Ost. Kurs ist eins-acht-null, Geschwindigkeit achtzehn Knoten. Fordere sofortige Unterstützung an.«
    »Roger, Maersk Alabama . Wie viele Personen an Bord?«
    «Zwanzig Besatzung. Bisher keine Verletzten.«
    »Roger. Wir haben bereits einen Hubschrauber in der Luft. Ich wiederhole: Wir haben einen Hubschrauber in der Luft. Er wird Ihre Position ungefähr um fünfzehnhundert erreichen. Ich wiederhole: Distanz des Hubschraubers zu Ihrer Position beträgt fünf Minuten.«
    Beinahe hätte ich laut aufgelacht. Was ich da tat, war vermutlich illegal; die Navy-Typen hätten wahrscheinlich die Augen verdreht, wenn sie es gehört hätten. Sie hatten ihre eigenen Codes, aber bestimmt wäre jeder somalische Pirat ziemlich beeindruckt gewesen, wenn er gehört hätte, dass ein voll bewaffneter Kampfhubschrauber unterwegs war, um ihn in Stücke zu zerfetzen.
    Dann fiel mir auf, dass das Mutterschiff vom Radarschirm verschwunden war. Was war jetzt los? Hatten sie den Angriff abgeblasen?
    Eines der Schnellboote drehte ab und entfernte sich von uns. Ich verspürte einen kleinen Adrenalinschub in den Adern. Es funktionierte! Dann drehte ein weiteres Boot ab. Vielleicht war der Seegang einfach zu stark gewesen. Tatsächlich wurden sie hin und her

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