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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Meeresbewegungen verstärkt wird – eine gute Methode, ein Schiff zum Kentern zu bringen. Und wie reagierte der Kapitän? Er kaute nervös auf einer Zigarette herum, schlenderte schließlich zu mir herüber und sagte, »Ich denke, ich rufe mal New York an und erkundige mich nach der Wetterlage.«
    »Wir kennen die Wetterlage, Cap«, sagte ich. »Das hier nennt man einen Taifun .«
    Aber der Kapitän gehörte mit Haut und Haar der Reederei, und deshalb hatte er Angst – nicht davor, dass das Schiff sinken könnte, sondern davor, ein paar Bürohengste in der Zentrale der Reederei zu verärgern. Der Mann war tatsächlich bereit, das Leben von zwanzig Männern aufs Spiel zu setzen, um seinen Zeitplan einzuhalten. Während er sich darum sorgte, klammerte ich mich an die Tür des Schotts, als ginge es um Leben und Tod. Und das war gewissermaßen auch der Fall: Ich konnte hören, wie unten im Laderaum die Ketten rissen, und sah, wie sich Ausrüstungsgegenstände auf dem Deck aus ihrer Verankerung an den Schotten losrissen, quer übers Deck flogen und in die gegenüberliegenden Schotten krachten, ohne unterwegs ein einziges Mal den Boden zu berühren.
    Das eine nennt man Rollschwingung. Und das andere nennt man Führungsversagen.
    Ein anderes Mal arbeitete ich auf einem Tanker, der Heizöl von den Raffinerien am Golf von Mexiko an der Ostküste hinauf transportierte. Wir gerieten geradewegs in einen Hurrikan. Innerhalb von drei Tagen fuhren wir zwölf Meilen praktisch rückwärts. Wir versuchten nur, den Bug im Wind zu halten, während ringsum der Ozean explodierte. Ich stand auf der Brücke und sah eine riesige schwarze Wasserwand auf uns zurollen. Sie fegte über den Bug und krachte frontal gegen die Fenster, keine drei Meter von meinem Gesicht entfernt. Auf der Brücke wurde es stockfinster, als ob wir ein paar Sekunden untergetaucht wären, was ja auch tatsächlich der Fall war, und dann rollte sie über uns hinweg und man sah schon die nächste über den Bug kommen. Ich dachte, Heilige Jungfrau Maria, hier stehe ich sieben Stockwerke über dem Ozean und werde trotzdem von einer Welle begraben. Die Welle muss gut und gern zwanzig Meter hoch gewesen sein. Solche Monsterwellen können sogar einen Tanker verschlingen.
    Mein Kapitän auf dem Tanker war ein kleiner Grieche namens Jimmy Kosturas. Auf der Brücke stand er immer unbeweglich wie eine Statue. Auch als sich der Sturm daran machte, seinen Tanker auseinander zu reißen, stand er nur da, zündete sich einen seiner geliebten Zigarillos an und beobachtete gelassen, wie sich Welle um Welle auf ihn stürzte. Unter Druck war Jimmy die Gelassenheit in Person.
    »Kurs?«, fragte er nur.
    Ich nannte ihm den Kurs.
    »Geschwindigkeit?«
    Ich nannte die Geschwindigkeit.
    Er nickte nur und paffte weiter ganz gelassen seinen Zigarillo.
    Ich bemerkte, dass der Kapitän kaum noch etwas aß und kaum noch schlief. Aber er brachte die Crew dazu, mit äußerster Konzentration zu arbeiten – allein dadurch, dass er selbst keinerlei Angst zeigte. Wenn uns der Hurrikan gedreht und wir von einer Quersee getroffen worden wären, wären wir gekentert oder auseinander gebrochen. Aber unser Kapitän blieb so ruhig und gelassen, als segle er an einem sonnigen Sommertag in einer kleinen Jolle über den Boston Harbour. Er redete kaum, strahlte aber so viel Zuversicht aus, dass ich keinen Augenblick lang daran zweifelte, dass wir alle überleben und den Sturm überstehen würden.
    Taten, nicht Worte. Jimmy Kosturas werde ich nie vergessen, der wie ein Gary Cooper auf der Brücke stand, während der Ozean ihn verschlingen wollte. Das beeindruckte mich.

    Bis ich dann selbst mein Kapitänspatent erhielt, hatte ich sie schon alle kennen gelernt – die guten, die schlechten und die ganz schlechten. Ich wollte einer der guten werden, einer der Kapitäne, unter denen ich selbst gern gearbeitet hatte.
    Ich erinnere mich noch genau an meine erste Fahrt als Kapitän. Das Schiff hieß Green Wave und war ein Containerschiff aus Tacoma im Bundesstaat Washington. Ich hatte darauf schon als Erster Offizier gedient, und mein guter Freund Peter war damals mein Kapitän gewesen. Wir hatten militärische Ausrüstungsgüter geladen (Flugzeuge, Hubschrauber, M-16-Munition, alles Mögliche) die wir an der gesamten Westküste von einer Basis zur anderen transportierten. Als der Kapitän dann von Bord ging, musste ich das Schiff übernehmen. Wir benötigten einen ganzen Tag für die Übergabe und gingen dann

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