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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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erklärte mir: »Ich bin Universitätsprofessor, aber arbeitslos, meine Familie verhungert. Können Sie mir nicht eine Arbeit geben?« Es war furchtbar, für Menschen wie ihn so wenig tun zu können.
    In Monrovia kam einmal ein Bursche zu mir, der verzweifelt um Arbeit bettelte. Ich sagte: »Okay, ich brauche vier Arbeiter. Du suchst vier Burschen aus; für die bist du verantwortlich. Und ich kümmere mich um dich. Wenn sie nicht ordentlich arbeiten, werdet ihr alle gefeuert.« Der Standardlohn im Hafen betrug einen Dollar pro Tag, was für Monrovia kein schlechter Lohn war. Und der Bursche verdiente ihn auch, denn er und seine Leute arbeiteten sieben oder acht Tage lang hart und lungerten nie einfach nur herum. Das gefiel mir. Am Zahltag sagte er: »Ich will kein Geld, ich will Sperrholz.« Das Land war so verwüstet, dass es keine Baumaterialien mehr gab; Sperrholz war buchstäblich Gold wert. Ich versuchte, es ihm auszureden, erklärte ihm, dass Geld sicherer sei, aber er bestand auf dem Holz. Schließlich beluden wir einen Truck bis zur Belastbarkeitsgrenze mit Holz. Er war außer sich vor Freude. Am nächsten Tag kam er wieder zum Schiff – man hatte ihn fast zu Brei geschlagen, er konnte kaum noch gehen. Als er am Tag zuvor mit dem Holz aus dem Hafen gefahren war, hatten ihm die Soldaten der Friedenstruppen ein Stück Holz nach dem anderen vom Truck gezerrt. Schließlich hatte sich der Mann quer darüber gelegt und versucht, sein Holz zu schützen, weshalb sie ihn dann fast totgeprügelt hatten. Am Schluss war ihm grade noch ein Drittel der Ladung geblieben. Ich gab ihm Geld und Kleider und ließ ihn verarzten. Der arme Teufel war wegen einer Ladung Holz fast zu Tode geprügelt worden.
    In Monrovia lief jeden Tag um 13.00 Uhr dieselbe Show ab. Sobald wir die erste Palette mit Erbsen oder Weizen auf dem Pier absetzten, stürmte eine riesige Menschenmenge heran. Hunderte Menschen drängten auf den Pier und stürzten sich auf die Palette, während die Polizisten mit schweren Holzknüppeln auf sie eindroschen. Starke Burschen schoben die rund 27 Kilogramm schweren Säcke Weizen durch Spalten und Löcher im Pier und tauchten dann hinterher. Und die Sicherheitsmänner verfolgten sie zu den Löchern, schoben die Läufe ihrer Waffen hinein und feuerten drauflos.
    Jeder Kapitän, der die Küsten Ost- oder Westafrikas entlang fährt, kennt die Verzweiflung der Menschen, die dort leben.
    Um 13.00 Uhr befanden wir uns bereits in sicherer Entfernung von Dschibuti. Es hatte keine Zwischenfälle gegeben. Als wir um das Horn von Afrika und an der somalischen Küste entlang fuhren, war mir vollkommen bewusst, dass wir uns noch immer auf dem gefährlichsten Abschnitt der Reise befanden.
    Für 13.00 Uhr hatte ich eine Übung für »Feuer und Rettungsboot« angesetzt. Die Übung war vor allem für die neuen Crewmitglieder gedacht. Sie mussten lernen, wie man das Rettungsboot überprüfte und wie man es zu Wasser ließ. Dann gingen wir zum MOB (dem »Mann-über-Bord-« oder kleinen Rettungsboot) auf der Steuerbordseite und zeigten ihnen, wie man die Rettungswesten anlegt. Im Rettungsboot bekommt jeder seinen Platz zugewiesen, deshalb übten wir auch, die Plätze im Boot einzunehmen. Die Übung wurde von Shane geleitet, der jeden Mann fragte, was dieser in einer bestimmten Situation tun sollte, und die Antworten entsprechend korrigierte. Es war ein glühend heißer Tag mit leichtem Seegang, der von den ersten Monsunwinden verursacht wurde. Die Brücke war ein Backofen, in dem 36 Grad herrschten, die Sicht betrug ungefähr sieben Meilen.
    Ich stand allein auf der Brücke, beobachtete den Horizont und behielt auch den Radarschirm im Auge. Etwa um 13.40 Uhr tauchten drei Punkte auf dem Radarschirm auf, sieben Meilen hinter uns auf Backbord achteraus. Sie bewegten sich schnell, mit mindestens 21 Knoten. Ich schaute hinaus und konnte eine kaum sichtbare Bugwelle ausmachen. Auf sieben Meilen Entfernung kann man ein Boot nicht sehen, wohl aber eine starke Bugwelle, wenn ein Boot mit hoher Geschwindigkeit durch das Wasser schießt.
    Nach all den Übungen läuteten jetzt bei mir die Alarmglocken. Ich richtete das 7x50-Fernglas auf den winzigen weißen Fleck am Horizont und drehte am Mitteltrieb, bis ich die Bugwelle fand. Noch ein kurzer Blick auf den Radarschirm. Jetzt waren zwei weitere Schnellboote dort hinten zu erkennen, außerdem ein weiterer, größerer Punkt, der uns in einer Entfernung von ungefähr neun Meilen folgte, aber noch

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