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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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gemeinsam zum Abendessen. Gegen 22.00 Uhr fuhr mich Peter wieder zum Schiff zurück. Er hielt vor der Gangway an. Wir stiegen aus, und ich starrte dieses gewaltige Schiff an, das in der Dunkelheit vor Anker lag. Peter sagte: »Okay, jetzt hast du sie.« Er schüttelte mir die Hand. Wir lachten und er sagte: »Gute Fahrt, Cap.« Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich so genannt wurde.
    Ich war allerdings nervös. Ich fühlte mich noch nicht bereit dafür. Aber ich musste den Job nun einmal machen, deshalb war es belanglos, wie ich mich fühlte.
    Bestimmt unterliefen mir auf dieser ersten Fahrt eine Menge Fehler. Aber ich ließ mich nicht unterkriegen, sondern bemühte mich, aus den Fehlern zu lernen. Ich versuchte nicht, meine Untergebenen so zusammenzustauchen, dass aus ihnen die perfekte Crew wurde. Auf keinen Fall wollte ich so wie mein alter Footballcoach Marshall werden. Ich spürte, wenn ich meinen Job nur gut genug machte, würde sich die richtige Moral von selbst einstellen. Dazu gehörte, dass ich die Männer so akzeptierte, wie sie waren, und sie mir nur dann ernsthaft vorknöpfte, wenn sie einen Auftrag vermasselt hatten. Man muss den Leuten beweisen, dass man den Respekt auch wirklich verdient, der dem Titel Kapitän zukommt. Und man darf die Männer nicht klein machen, in der Hoffnung, dass sie dann zu einem aufblicken werden.
    Ich entdeckte mein Motto: »Wir alle sind für das Schiff da. Das Schiff ist nicht für uns da.« Der Spruch hat mir immer gut gedient, weil er wahr ist. Sobald wir den Hafen verlassen, wird das Schiff deine Mutter, dein Stamm, deine Heimat auf Zeit. Mein Motto hatte noch einen Zusatz, den ich aber für mich behielt: »Der Kapitän ist für die Crew da.«
    Über die Jahre habe ich mir den Ruf erworben, als Vorgesetzter ein harter Bursche zu sein. Wenn ich arbeite, dann arbeite ich. Kann sein, dass ich mit einer gewissen Besessenheit darauf bestehe, dass alles richtig gemacht wird. Für Burschen, die ein bisschen faul sind oder ihren Job nur einfach richtig schlecht machen, kann ich zu einem wahren Alptraum werden. Aber wer seine Aufgabe gut erledigt, wird von mir in Ruhe gelassen. Ich weise nie einem guten Mann unnütze Arbeiten zu, nur um zu beweisen, dass ich das Sagen habe. Meine Haltung lässt sich in dem Satz zusammenfassen: »Hoffe immer auf das Beste, aber bereite dich auf das Schlimmste vor.« Denn eines Tages wird das Schlimmste auch dich treffen.
    Ein Bootsmann, einer der tüchtigsten Arbeiter, die ich je gehabt habe, machte mir einmal das beste Kompliment, das mir ein Crewmitglied nur machen kann. Er hatte auf mehr als nur einem Schiff mit mir zusammengearbeitet. »Wissen Sie, manchmal können Sie wirklich ein verdammt scharfer Boss sein, aber bei Ihnen weiß ich immer, was Sie sagen wollen, noch bevor Sie es aussprechen.« Und das sollte heißen: »Bei Ihnen weiß ich immer, woran ich bin. Und so soll es auch sein.«
    Immer wenn ich als Kapitän von Bord gehe, stelle ich mir die Frage: Ist das Schiff optimierter als zu dem Zeitpunkt, als ich es übernahm? Wird es besser geführt, ist es sicherer geworden, ist die Crew motivierter und kompetenter geworden? Danach beurteile ich meine eigene Leistung als Kapitän. Habe ich etwas bewirken können? Es kam vor, dass die Antwort nicht so ausfiel, wie ich es mir gewünscht hätte; in diesen Fällen machte ich mir die Mühe zu analysieren, woran es gelegen hatte.
    In gewisser Hinsicht bin ich Anführer aus Zufall. Ich war ein ganz durchschnittlicher Typ, der immer nur ein besseres Leben für sich und seine Familie anstrebte. Nie wurde ich von dem Wunsch getrieben, ein paar Streifen am Ärmel zu haben und eine Gruppe von Männern herumzukommandieren. Wer als Kapitän an Bord eines Schiffes geht, bekommt die beste Kabine, die besten Arbeitszeiten, die beste Bezahlung. Aber man muss auch alles in Kauf nehmen, was damit verbunden ist. Und dazu gehört es eben, das Leben der Besatzung über das eigene Leben zu stellen.
    »Der Kapitän geht immer als letzter von Bord« ist nicht nur ein Zitat aus irgendwelchen Filmen. Es ist eine Verpflichtung.
    Wenn Sie zur Handelsmarine gehen, betreten Sie eine andere Welt. Die Gefahr wird Ihr ständiger Begleiter. Es gibt eine Menge Gefahren, die Sie das Leben kosten können, und es gibt Menschen, die Ihnen die Fracht oder das sogar das Schiff stehlen wollen. Und es kommt durchaus nicht selten vor, dass Sie einen Ihrer Männer verlieren. Container können herunterfallen, Drahtseile können

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