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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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reißen, ein schweres Stück Frachtgut beginnt zu rutschen und zerquetscht einen Mann. Feuer an Bord kann ein Todesurteil sein, denn es gibt keine Möglichkeit zur Flucht und keine Feuerwehr, die zu Hilfe eilen könnte. Auch die Einsamkeit ist ein fataler Teil unseres Lebens; manche Männer verlieren sogar das Interesse an ihrem Leben und verschwinden einfach bei Nacht.
    Auch ich hatte schon meine Geplänkel mit dem Sensenmann. 1988 entlud ich in Grönland einen Feuerwehrwagen; er sollte vom Deck auf einen Frachtkahn umgeladen werden, und das musste ich mit einer Gruppe von Soldaten machen, die noch nie auf einem Schiff gewesen waren. Wir hatten den Anker geworfen und ich stand gerade zwischen einer schweren Kranhakentraverse und einer eisernen Lukentür, als das Schiff eine unerwartete Schlingerbewegung machte, und schon schwang die Traverse – vier Tonnen Eisen – auf mich zu. Ich versuchte, sie abzubremsen, aber sie schwang trotzdem weiter gegen mich. Mir blieben nur zwei Möglichkeiten: mich zu bücken – dann würde mir die Traverse den Schädel zerschmettern – oder sie gegen meinen Körper krachen zu lassen. Die Traverse schlug gegen meine Brust und schwang wieder zurück, als das Schiff nach der anderen Seite krängte. Ich überlebte – mit vier jeweils zweimal gebrochenen Rippen, einem gebrochenen Schlüsselbein, einer ausgekugelten Schulter und einer kollabierten Lunge. Zehn Zentimeter mehr und die Traverse hätte mir die Brust zerquetscht; dann wäre ich tot gewesen.
    Die Männer auf dem Deck – die Soldaten und ein paar von meiner Crew – glaubten zuerst, ich sei zerquetscht worden. Als wir uns alle vom Schock erholt hatten, legten sie mich auf eine Metalltrage, banden die Arme fest, damit ich mich nicht noch mehr verletzte, und hievten mich auf den Frachtkahn hinunter, der ungefähr acht Meter tiefer lag. Wenn sie mich bei diesem Transfer hätten fallen lassen, wäre ich tot gewesen – ich wäre direkt ins Wasser gestürzt und auf den Grund des Fjords gesunken. Vom Kahn musste ich auf ein Landungsboot verladen werden, das mich an Land brachte. Ich sollte in die Klinik der Basis eingeliefert werden. Die Soldaten hatten per Notruf einen Bus angefordert, der mich über von Schlaglöchern und Steinbrocken übersäte Straßen zur Klinik fuhr. Jeder Stein, jedes Schlagloch schickte mir heftige Schmerzstöße durch den Körper.
    Trotz aller Schmerzen ging mir immer wieder ein Gedanke durch den Kopf: »Andrea wird mich umbringen, weil ich nicht gut genug auf mich aufgepasst habe.« Vielleicht muss man wirklich dem Tod ganz nahe kommen, um zu merken, was man am meisten vermissen würde.
    Aber dann dachte ich: »Warum zum Teufel mache ich mir darüber Sorgen, was sie denken könnte? Schließlich bin ich der Verletzte.«
    Damals merkte ich wie nie zuvor, wie sehr ich sie liebte. Ich hatte nur noch eins im Sinn: sie wiederzusehen.
    Andrea war gerade in Boston, als der Anruf aus Grönland kam. Der Kapitän meines Schiffs war am Apparat. Schon damals wusste sie, dass ein solcher Anruf niemals gute Nachrichten bedeutete.
    »Was ist passiert?«, fragte sie sofort. »Bitte sagen Sie mir, dass er lebt.« Der Kapitän beschrieb ihr den Unfall und erklärte, dass ich nach Fort Dix geflogen würde. Andrea flog sofort ebenfalls dorthin. Ich war kaum angekommen, als sie auch schon ins Krankenzimmer kam und sich auf die Bettkante setzte. Meine Reederei, die Central Gulf Lines, hatte den Flug für sie arrangiert und ihr sogar ein Hotelzimmer besorgt.
    Andrea sorgte bestens für mich. Einer der Ärzte in Fort Dix führte die Thoraxdrainage ohne Narkose ein, was extrem schmerzhaft war. Als Krankenschwester war Andrea zwar klar, dass die Dinge in den Krankenhäusern unterschiedlich gemacht wurden, aber in diesem Fall litt ich so sehr, dass sie es nicht aushalten konnte. Sie knöpfte sich den Arzt vor und machte ihn richtig zur Schnecke. Bis heute habe ich das nicht vergessen – wenn ich Probleme mit einem Mechaniker oder so habe, schaue ich ihn nur an und frage: »Wenn das nicht klappt, muss ich meine Frau rufen!« Das ist keineswegs nur scherzhaft gemeint.
    Andrea verlangte, dass ich ins Brigham and Women Hospital verlegt würde, in dem sie arbeitete. Die Reederei genehmigte einen Lufttransport, da ich besondere medizinische Betreuung benötigte. Als ich endlich im neuen Krankenzimmer lag, flunkerte ich allen vor, dass Andrea meine Frau sei: «Nein, lassen Sie nur, meine Wunden müssen Sie nicht reinigen, das macht meine

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