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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Stimme. Ich hatte nicht genügend Zeit auf dem Kontinent verbracht, um einen somalischen von einem kenianischen Akzent unterscheiden zu können, aber die Stimme klang jedenfalls authentisch. Und mehr als das: Sie klang so, als sei es dem Burschen absolut ernst.
    Was war geschehen?
    »Ein Schiff passierte uns, ungefähr sieben Meilen entfernt«, berichtete Ken. »Es war gut beleuchtet.« Ich nickte. Fischerboote waren immer beleuchtet wie Weihnachtsbäume – zum einen, damit die Fischer nicht bei Dunkelheit an den Netzen arbeiten mussten, und zum anderen, damit das Fischerboot nicht versehentlich von einem Tanker gerammt wurde, der mit fünfzehn Knoten in der Stunde durch die Wellen pflügte. Ein Piratenschiff würde wohl kaum so viele Lichter aushängen. Die Beleuchtung würde zu viel Energie verbrauchen und würde das Schiff außerdem schon am Horizont sichtbar machen, was sie auf jeden Fall vermeiden wollten.
    »Und ein paar Minuten später hörte ich das hier«, sagte Ken und deutete auf das Funkgerät.
    Ich nahm das Fernglas. Tatsächlich entdeckte ich ein Schiff auf Steuerbord achteraus, etwa sieben Meilen entfernt, mit voller Beleuchtung eines Fischerboots. Ich studierte das Schiff genau, und nach einer Weile glaubte ich zu erkennen, dass es noch ein kleineres Boot im Schlepptau hatte.
    »Somalischer Pirat, somalischer Pirat!«, ertönte wieder die Stimme aus dem Funkgerät und zerriss die drückende Stille auf der Brücke. Der Bursche sang seine Botschaft geradezu. Was für ein Spiel spielte er, verdammt? Die Somalis waren berüchtigt für ihre Fähigkeit, sich nahezu unbemerkt anzuschleichen, aber das hier erweckte den Eindruck, dass sie uns ganz bewusst vorwarnen wollten. Und das ergab keinerlei Sinn.
    Vielleicht waren es tatsächlich nur ein paar Fischer, die sich einen Spaß machten. Oder waren es wirklich Piraten, die unsere Sicherheitsvorkehrungen auschecken wollten. Möglicherweise lag ihr Stoßtrupp irgendwo weiter vorn im Wasser; mit dem Funksignal wollten sie uns vielleicht nervös machen oder uns erst mal ordentlich Angst einjagen, bis sie dann irgendwann den Motor anwarfen und auf uns zu rasten. Wie schon erwähnt, waren diese Burschen ständig dabei, neue Taktiken auszuprobieren und Schwachpunkte aufzuspüren.
    Ich beobachtete das Schiff durch das Fernglas. Es fuhr nicht, sondern trieb im Wasser, was typisch für ein Fischerboot gewesen wäre.
    »Gehen wir mal auf 120 UpM«, sagte ich. Unsere normale Geschwindigkeit betrug 118 UpM.
    »120 UpM«, meldete der Zweite. Er stand am Maschinentelegrafen und überwachte die Geschwindigkeit.
    »Wie ist unser Kurs?«, fragte ich.
    »Zwo-drei-null«, lautete die Rückmeldung. Das bedeutete einen Steuerkurs von 230 Grad.
    »Neuer Kurs auf eins-acht-null«, befahl ich. Mit dieser drastischen Kursänderung wollte ich den Piraten – wenn es wirklich welche waren – zeigen, dass wir wussten, dass sie uns weiter vorn auflauerten. Außerdem wollte ich sie möglichst weit hinter uns lassen.
    »Eins-acht null liegt an«, kam die Bestätigung.
    Das Schiff begann sich zu drehen, und dreißig Sekunden später waren wir auf dem neuen Kurs. Wenn man schnell fährt, muss man das Ruder für eine Kursänderung von 50 Grad nicht sehr stark bewegen.
    Ich beobachtete weiter das geheimnisvolle Schiff. Es trieb immer noch achtern von unserem Schiff. Aber das Boot, das ich hinter dem Schiff zu sehen glaubte, schoss nicht hervor, um zu uns herüber zu fahren. Wenn sie tatsächlich einen Angriff einleiten wollten, würden sie ihn mit dem Schnellboot durchführen. Solange das Skiff beim Fischerboot blieb, war für uns alles in Ordnung.
    Ich schwang das Fernglas über die Quadranten des Horizonts: Norden, Osten, Süden, Westen. Manchmal lassen die Piraten absichtlich ein Schiff in Sichtweite herumkreuzen, und während man sich völlig darauf konzentriert, nähern sie sich mit drei Skiffs aus einer ganz anderen Richtung, sozusagen aus dem blinden Fleck. Aber ringsum waren die Gewässer leer. Keine anderen Schiffe oder Boote in Sichtweite der Maersk Alabama .
    Eine halbe Stunde lang ließ ich das geheimnisvolle Schiff nicht aus den Augen. Es unternahm keinen Versuch, uns zu folgen und schickte auch nicht das Schnellboot los. Seltsam. Aber offensichtlich wollte es keinen Angriff wagen, solange es keine Partner hatte, die sich weniger als sieben Meilen von uns entfernt aufhielten.
    »Ich denke, wir kommen davon«, sagte ich zu Ken. »Wenn sich was Neues ergibt, rufen Sie mich bitte

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