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Höllenzeit

Höllenzeit

Titel: Höllenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die Straße war unter dem Schnee kaum zu erkennen. Daß es so schlimm werden würde, damit hatte ich nicht gerechnet, aber mit den Ketten kam ich noch gut voran.
    Was die Anlage der Straße betraf, so hatte ich bisher Glück gehabt, jetzt aber begannen die Kurven. In zahlreichen Serpentinen führte sie in die Berge hinein. Manchmal waren die Kurven sehr eng.
    Plötzlich tanzte etwas über die Fahrbahn hinweg. Es kam von links, sah aus wie ein Tier, war aber kein Tier, wie ich sehr bald erkannte, denn die Gestalt hob keine Pfoten, sondern zwei Arme, mit denen sie heftig winkte und mich zum Halten zwingen wollte, was ich auch tat.
    Sehr vorsichtig trat ich auf die Bremse, und ich bekam bei diesem geringen Tempo keine Schwierigkeiten, den Rover in der Bahn und auf der Straße zu halten.
    Dicht vor der Gestalt kam der Rover zur Ruhe. Es war ein Mann, dereinen Arm hob und mit der flachen Hand leicht auf den Schnee der Kühlerhaube schlug.
    Ich hatte die Fensterscheibe nach unten gekurbelt, als der Mann neben dem Wagen auftauchte. Nun sah ich, daß er sehr klein war, kein Zwerg, aber doch ungewöhnlich klein. Er brauchte sich nicht mal großartig zu bücken, um in mein Gesicht schauen zu können. Der Atem dampfte vor seinem breiten Mund, als er mich fragte: »Nehmen Sie mich mit, Mister?«
    Ich schaute ihn an. Gesehen hatte ich ihn noch nie in meinem Leben, aber er erinnerte mich an den verstorbenen Schauspieler Peter Loire, der als Star zwielichtiger Rollen zu Weltruhm gelangt war. Bei diesem Anhalter war das Gesicht auch slawisch breit, die Augen standen ziemlich weit auseinander, die Nase war klein und flach, der Mund viel zu breit, die Haut glatt, durch die Kälte leicht gerötet, und in den dünnen, dunklen Brauen tauten Schneeflocken.
    »Es kommt darauf an, wohin Sie wollen.«
    »In die Berge.«
    »Bei diesem Wetter. Da ist doch nichts.« Jetzt fange ich schon an wie der Tankwart, dachte ich.
    Der Mann grinste. »Sie haben ja recht, aber ich muß weiter. Mit dem Wagen schaffe ich es nicht. Ich habe Verwandte oben in Bucksfield, die mich erwarten. Natürlich können Sie den Geburtstag ohne mich feiern, aber das möchte ich Ihnen nicht antun.«
    Den Ortsnamen Bucksfield hatte ich auf der Karte gelesen. Er lag noch einige Meilen hinter meinem Ziel. »Sorry, aber bis dorthin fahre ich nicht.«
    »Wie weit denn?«
    »Ich will zu einem Kloster.«
    Der Mann überlegte. »Dort gibt es doch sicherlich ein Telefon, nehme ich an.«
    »Bestimmt.«
    »Dann könnte ich doch mit meinen Verwandten telefonieren. Wenn ich jetzt zurück in den anderen Ort laufe, ist die Strecke für meinen Bruder bei diesem Wetter viel zu weit. Würden Sie so freundlich sein und mich bis zum Kloster mitnehmen.«
    Ich lächelte. »Okay, Mister, steigen Sie ein. Zwar nehme ich nicht gern Anhalter mit, aber bei diesem Wetter muß man eben Ausnahmen machen.«
    »Danke, danke«, sagte er schnell und wischte dabei Wassertropfen aus dem Gesicht. »Nur einen Moment noch, bitte, weil ich eben meinen Koffer holen möchte.«
    »Tun Sie das.«
    Der Mann verschwand im Flockenwirbel, ging aber nur bis zum Rand der Straße, wo er stehenblieb, sich bückte und einen dort abgestellten Gegenstand anhob.
    Ich dachte über ihn nach. Sehr sympathisch war mir der Knabe in seinem schwarzen Mantel und der ebenfalls schwarzen Baskenmütze auf dem Kopf nicht. Aber man soll nicht nach dem Aussehen eines Menschen urteilen, niemand kann sich malen.
    Trotzdem blieb bei mir ein komisches Gefühl zurück…
    Der Mann öffnete die linke Fondtür und stellte den Koffer in die Lücke zwischen den Sitzen. Dann stieg er vorne ein, nickte mir zu und sagte seinen Namen.
    »Ich heiße Jack Moran.«
    »Angenehm, John Sinclair.«
    Moran rieb seine Hände. »Nun, dann wollen wir uns mal eine gute Fahrt wünschen.«
    »Das sagen Sie mal laut«, sagte ich, startete und rollte wieder in den Flockenwirbel hinein…
    ***
    Jack Moran gehörte zu den Menschen, die nicht viel sprachen, aber immer auf der Höhe waren. Das erkannte ich an seinen dunklen Pupillen. Sie befanden sich in ständiger Bewegung, als wollten sie jedes Detail aufnehmen. Jede einzelne Schneeflocke und jeden Begrenzungsstein.
    Die Fahrt verlief im Prinzip ruhig, nur einmal gerieten wir in leichte Schwierigkeiten, denn in einer Kurve hatte der Schnee eine Eisfläche bedeckt, über die unser Wagen rutschte. Er schlingerte etwas, doch es war nicht weiter tragisch.
    Wir gewannen an Höhe, gerieten in dichte Wolken, kamen aber auch

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