Höllgasse - Thriller (German Edition)
Die Pose war eindeutig. Ein Liebespaar beim Geschlechtsverkehr. Ihr Verdacht, dass er sich gezielt ein Liebespaar aussuchte, bestätigte sich immer mehr. Sie nahm sich den Fundort vor. Sie kannte zwar die Höllgasse, doch die genauere Bedeutung war Emilia nicht bekannt. Anders als sie dachte, hatte der Name Höllgasse nichts mit der Hölle aus der Bibel zu tun. Der Begriff „Höllgasse“ leitete sich von dem althochdeutschen „hell“ ab, was entweder „enger Raum“ oder „laut schallen“ bedeutet. Alle Häuser der Höllgasse stammten aus dem Mittelalter und standen unter Denkmalschutz. Emilia dachte zuerst, der Täter hätte die Höllgasse wegen des Bezugs zur Hölle ausgewählt, doch das schien nicht der Fall zu sein. Wahrscheinlich hatte er einfach einen Ort gebraucht, der öffentlich genug war, um viel Aufmerksamkeit zu erregen. Sie sah auf die Uhr. Es war bereits halb neun und Horst war immer noch nicht da. Sie hatte schon bemerkt, dass er nicht ganz bei der Sache war. Er schien nicht sehr motiviert zu sein. Sie wusste, dass er ein eigenwilliger Mensch war. Doch früher war er mal sehr zielstrebig gewesen. Naja, sie konnte froh sein, dass er noch nicht da war. Je weniger Zeit sie mit ihm verbringen musste, umso besser war es.
Horst kroch aus dem Bett. Es war nach acht Uhr. Er hatte einen gewaltigen Kater und sein Kopf tat höllisch weh. Ohne zu duschen schlüpfte er in seine Klamotten vom Vortag. Er hatte sich einfach nicht mehr im Griff. Er ging zu Fuß zur Polizeistelle, kaufte sich einen Coffee to go und warf sich nochmal eine Tablette ein. Als er ins Büro kam, sah er Emilia schon an ihrem Schreibtisch sitzen.
„Morgen “, sagte er nur kurz.
„Guten Morgen.“ Auch Emilia war kurz angebunden. Horst ging zu seinem Schreibtisch. Es lagen keine neuen Nachrichten auf dem Tisch. Er blätterte die Zeitung durch. Es stand nur ein kurzer Bericht zu dem Mord in der Tagespresse. Doch er wusste, dass sie Ergebnisse liefern mussten. Es klopfte an seiner Tür.
Es war Emilia. Sie trat ein.
„Kann ich reinkommen?“
„Ja, klar. Wie war es in München?“
„Ich habe mir die Leichen angesehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Motiv in der Beziehung der beiden zu finden ist. Ich schätze, der Täter hatte es gezielt auf ein Paar abgesehen.“
Horst hörte ihr genau zu. Er war so fasziniert von ihr. Er erkannte sich selber kaum wieder.
Warum musste ausgerechnet sie mit ihm an dem Fall arbeiten. Sein Leben war doch in Ordnung. Er war zufrieden. Er hatte eigentlich nie an sie gedacht. Fotos hatte er sich auch nie angesehen. Wieso aber fühlte es sich nun so an, als würde er Gefühle für sie haben? Sie redete auf ihn ein, doch er nahm eigentlich nur ihre Stimme wahr. Er hatte diese Stimme einmal sehr geliebt. Er hatte ihr immer gerne zugehört. Warum hatte er sie damals verlassen? Weil er frei sein wollte. Genau das war es. Sie engte ihn ein. Es schien ihm so vorzukommen, als wäre sein Leben verplant. Er wollte das aber nicht. Er wollte damals frei sein und genau das hatte er bekommen. Nicht mehr und nicht weniger.
„Ich werde heute nochmal mit der besten Freundin von Anna Seibold sprechen. Vielleicht gab es doch Probleme in der Beziehung. Frauen reden viel untereinander. Es könnte sein, dass das Motiv des Täters irgendetwas mit der Beziehung zu tun hat. Vielleicht gibt es ein dunkles Geheimnis, das wir noch nicht kennen.“ Horst nickte.
„Mach das. Ich muss um eins zur Pressekonferenz.“ Ihm graute jetzt schon davor, doch er konnte sich unmöglich drücken. Er war der Hauptverantwortliche für den Fall. Da musste er jetzt durch.
Er war froh, als Emilia sein Büro verließ.
Toni hatte es geschafft. Sie hatte keinen Mucks von sich gegeben und brav das Geld abgehoben. Es war nicht viel. Ein paar Tausend Euro, doch darauf kam es nicht an. Es sollte den Anschein haben, als wären die Beiden abgehauen. Er war sich sicher, dass die Kamera ihn nicht erkannt hatte. Die Polizei würde also davon ausgehen, dass sie abgehauen waren. Niemand würde lange Ermittlungen deswegen anstellen, hoffte er zumindest. Vielleicht wäre es besser gewesen, das erste Pärchen nicht so zur Schau zu stellen. Doch er wollte Aufmerksamkeit. Er hoffte, dass die Polizei bei Tamara und Tobias von einem freiwilligen Verschwinden ausgehen würden. Es war so still im Auto, dass er sich erschreckte, als Tamara plötzlich etwas sagte. Sie musste sich kurz räuspern.
„Warum machst du das, Toni? Bist du jetzt total
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