Hör mal, Oma! Ich erzähle Dir eine Geschichte vom Winter (German Edition)
Pit.
„Und wir haben zwei tolle Adventskalender bekommen“, freut sich Pia. „Auf meinem Kalender siehst du ein Bild von einem Weihnachtsmarkt im Schnee.“
„Und meiner ist ein Weihnachtsmann. Mit Schokolade drin“, ergänzt Pit. „Die Schokolade hat prima geschmeckt.“ Er reibt sich zufrieden über den Bauch.
„Meine auch“, ruft Pia schnell, obwohl ihr insgeheim das Bild doch besser gefallen hat als der kleine Schokoladenstern.“
Opa lacht. „Ihr Naschkatzen. Ich habe als kleiner Junge keinen Kalender mit Schokolade bekommen.“
„Wieso? Gab es damals keine Adventskalender?“
„Aber ja“, antwortet Opa. „Doch mein Kalender war anders.“
„Wie anders?“
„Ratet!“
Hm. Pia und Pit fangen an zu raten.
„War er aus Pappe?“
„Aus Papier?“
„Vielleicht waren es 24 kleine Päckchen?“
Die Geschwister schlagen noch vieles vor, doch immer schüttelt Opa den Kopf. Verflixt! Das muss aber ein komischer Adventskalender gewesen sein!
„Übrigens“, sagt Opa da. „Er war lebendig, mein Kalender.“
Ein lebendiger Kalender? Das gibt es doch gar nicht! Jetzt verstehen Pia und Pit erst recht nichts mehr.
„Hihi“, kichert Pia. „Und der hing an der Wand?“
„Falsch“, antwortet Opa mit einem verschmitzten Lächeln. „Er saß auf der Ofenbank.“
„Der Kalender? Auf der Ofenbank?“ Die Kinder staunen.
Opa nickt. „Gemütlich auf der Ofenbank. Es war mein Großvater Janos, und der sah gar nicht adventlich aus. Trotzdem war er der allerschönste Adventskalender auf der Welt.“
„Hatte er denn vierundzwanzig Türchen im Bauch?“, albert Pia los.
Opa muss lachen. „Oh“, prustet er, „das hätte komisch ausgesehen. Großvater Janos mit Türchen im Bauch. Hoho!“
„Ein Großvater ist doch kein echter rechter Adventskalender“, brummt Pit.
„Und wie“, sagt Opa. „Großvater Janos hatte vierundzwanzig Türchen im Kopf, und jedes davon schenkte uns Kindern eine Geschichte. Für jeden Adventstag eine.“
„Ein toller Adventskalender“, freut sich Pia.
„Der war viel schöner als Schokolade“, meint Pit nachdenklich und fast ein bisschen neidisch.
Da lächelt Opa wieder so geheimnisvoll. „Übrigens“, sagt er, „ich habe auch einen Adventskalender für euch. Einen lebendigen - ohne Türchen und ohne Schokolade.“
„Au fein“, jubelt Pia und fällt Opa um den Hals. „Und der sitzt hier im Stuhl und lacht. Stimmt`s?“
Die trotzige Adventskerze
"Nein", sagte die honiggelbe Kerze am Adventskranz, als sich ihr eine Hand mit einem brennenden Streichholz näherte. "Ich will nicht brennen. Huh, gemein ist das für uns Kerzen. Das Feuer zerstört uns. Wir brennen, schmelzen, zerfließen, weinen, schrumpfen, bis nichts mehr von uns übrig geblieben ist."
Sie schüttelte sich abwehrend. "Nein, nein!" Und sie wehrte sich so sehr, dass ihr Docht das Feuer nicht anzunehmen vermochte.
"Autsch", schrie eine Menschenstimme, als das Streichholz abgebrannt war. "Nun habe ich mich verbrannt."
Ein zweites Streichholz zischte auf, und wieder näherte sich eine heiße Feuerflamme der Kerze.
"Nein. Ich bin honiggelb und habe vor, es auch zu bleiben."
All ihre Kraft musste die Kerze sammeln, um sich gegen die Flamme zu wehren, bis auch das zweite Streichholz abgebrannt war und die Menschenstimme wieder "Au!" und "Blöde Kerze!" rief.
Die Stimme klang nun verärgert. Schon flammte das dritte Streichholz auf.
Nichts. Wie durch ein Wunder blieb der Docht unversehrt. Auch beim vierten, fünften, sechsten und siebten Streichholz. Vergebens. Kein Adventslicht erhellte den Raum.
Die Kerze freute sich. "So ist es gut", murmelte sie. "Nun werde ich für immer und ewig hier im Zimmer stehen können. Wie schön!“
"Wie gemein!", sagte da eine traurige Kinderstimme. "Nun hat unser Adventskranz nur drei Kerzen."
"Nichts da!", schimpfte die Menschenstimme wieder. "Diese Kerze taugt nichts. Wir ersetzen sie durch eine neue.“
Und ehe sich die Kerze versah, wurde sie aus dem Adventskranz gerissen und aus dem Fenster geworfen. Sie landete auf der Straße vor Hund Timmi, der auf der Suche nach etwas Essbarem durch die Straßen streunte.
Timmi zögerte nicht lange. Er roch an der Kerze, hob sie auf und machte sich auf den Weg in die wintertrübe Laubenkolonnie. Dort saß Herr Franke, der vor einigen Monaten seine Arbeit verloren hatte, frierend und traurig in einer zugigen alten Hütte im Dämmerlicht und grübelte.
"Oh, eine Kerze!", rief er, als Timmi die Hütte betrat,
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