Hoffnung am Horizont (German Edition)
die ihm verriet, dass sie nicht weiter darüber sprechen wollte.
Das aber machte ihn erst recht neugierig. Sie hatte in den letzten Tagen schon zweimal den Wagen gesteuert, als sie begonnen hatten, dem Platte River zu folgen, denselben Weg, den Jack Brennan mit seinem Treck eingeschlagen hatte. Sie hatte das Pferdegespann über die holprige und oft mit tiefen Rillen durchzogene Prärie von Wyoming besser gelenkt, als er erwartet hatte. Trotzdem war das nicht das Gleiche wie Reiten. „Hast du es schon einmal probiert?“
„Als Mädchen bin ich geritten.“ Sie seufzte und schüttelte den Kopf. „Aber das ist Jahre her.“
„Ich könnte es dir zeigen. Ich wette, du würdest es sehr schnell wieder lernen.“
Sie schürzte die Lippen und hatte ihre Aufmerksamkeit immer noch auf die Rührschüssel gerichtet. „Das ist wirklich sehr nett von dir, Matthew. Aber es reicht mir, das Gespann zu lenken oder zu Fuß zu gehen, wenn es mir im Wagen zu eng wird.“
Er sah zu, wie sie ein wenig mehr Mehl zu ihrem Teig hinzufügte. Patrick Carlson hatte in Bezug auf ihre leckeren Milchbrötchen recht gehabt, und Matthew freute sich darauf. Besonders wenn sie heiß und frisch waren wie heute Abend. Sein Blick wanderte unwillkürlich zu ihrer linken Wange. Sie hatte kein einziges Wort mehr darüber verloren, was er ihr an jenem Abend im Saloon angetan hatte, aber ihn ließ die Erinnerung daran immer noch nicht los.
Er betrachtete sie einen Moment und konnte sich selbst nicht erklären, warum er sich so sicher war, aber irgendwie wusste er, dass sie ihm nicht die ganze Wahrheit sagte. Hinter ihren Gründen, warum sie nicht reiten konnte, steckte noch etwas anderes. Er wusste nur nicht, was. Hatte sie Angst? Das war nach allem, was sie in ihrem Leben durchgemacht hatte, sehr unwahrscheinlich.
Seit Annabelle ihm von Sadie erzählt hatte, ließ ihn eine Frage nicht mehr los: Wie jung war Annabelle gewesen, als sie im Bordell zu arbeiten angefangen hatte? Er betete, dass ihre Geschichte anders war als die von Sadie, und jedes Mal, wenn er daran dachte, regte sich ein tiefer Schmerz in ihm.
Er betrachtete ihre zarten Gesichtszüge. Eines wusste er jetzt mit Gewissheit: Wenn sie eine Wahl gehabt hätte, hätte Annabelle sich nie für ein solches Leben entschieden. Und es beschämte ihn, dass er das früher von ihr geglaubt hatte. Er hatte den Beweis dafür an jenem Abend im Saloon in ihren Augen gesehen, und dann wieder, als sie von Sadie gesprochen hatte, und auch in dem Leuchten ihrer Augen, das mit jeder Meile, die sie sich weiter von Willow Springs entfernten, wuchs.
„Dir würde das Reiten gefallen. Davon bin ich fest überzeugt. Wenn du es nur noch einmal versuchen würdest.“ Ihrem starken Wunsch nach Unabhängigkeit käme das Reiten, das einem ein Gefühl von Freiheit vermittelte, sicher entgegen. Er konnte sie sich bereits auf dem Wallach vorstellen. „Lass mich dich das Reiten lehren, bitte.“
Sie schüttelte den Kopf. „Danke für das Angebot, Matthew, aber ich bin einfach nicht daran interessiert.“
Er war fest entschlossen, den Grund für ihre Absage herauszufinden, und ihm kam eine Idee. Er ging in die Hocke, damit er ihren Gesichtsausdruck besser sehen konnte. Als sie plötzlich ein übertrieben starkes Interesse an ihrem Brötchenteig zeigte und ihre Stirn sich konzentriert in Falten zog, sah er ihr an, dass sie genau wusste, was er im Schilde führte. Er genoss die Vorfreude.
Er stützte die Unterarme auf seine Knie und stieß ein übertriebenes Seufzen aus. „Ich wollte wirklich nicht, dass es so weit kommt, Mrs McCutchens, aber … jeder von uns muss bei diesem Treck seine Pflichten erfüllen, Madam. Das habe ich klargestellt, bevor wir aufbrachen. Und ich fürchte, dass Sie unser Vorankommen behindern, wenn Sie nicht reiten können.“
Ohne von der Schüssel aufzublicken, begann sie den Teigklumpen zu kneten. „Ist das so, Mr Taylor?“
Annabelle beherrschte es meisterhaft, in solchen Situationen ihr Lächeln zu verbergen. Sie war darin viel besser als er. Aber ihre Stimme hatte diesen hochnäsigen Tonfall angenommen, der in diesem Stadium des Spiels viel lohnender war als ein Lächeln.
„Es ist so, Mrs McCutchens, und ich fürchte, wenn Sie Ihre Seite des Vertrags nicht einhalten, muss ich mit sofortiger Wirkung kündigen. Dann müssen Sie sich einen anderen Scout suchen. Natürlich würde ich das nur sehr ungern tun, aber …“
„Oh, natürlich“, sagte sie, versetzte dann dem Teig einen
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