Hoffnung am Horizont (German Edition)
hier essen.“ Er hielt die Brötchen hoch und zog genießerisch die Brauen in die Höhe.
„Also gut, wenn du darauf bestehst.“ Sie ging zum Wagen und kramte einige Minuten darin. Dann marschierte sie mit voll beladenen Armen in Richtung Fluss.
Er hörte auf zu kauen. „Was hast du da unten vor? Willst du dich dort häuslich einrichten?“
„Ich habe nicht mehr richtig gebadet, seit wir vor eineinhalb Wochen Willow Springs verlassen haben, und ich habe von jeder Präriemeile, die wir zurückgelegt haben, eine Schicht aus Staub und Schmutz an mir. Meine Haare, meine Kleidung, meine Haut, alles fühlt sich an wie …“
Er unterbrach sie mit erhobener Hand und schaute auf seine eigene Kleidung hinab. „Glaube mir, ich verstehe genau, was du meinst. Ich bin dieses Leben wahrscheinlich nur mehr gewohnt als du.“
„Das mag schon sein …“ Sie räusperte sich und ihre Augen funkelten. „Aber ich möchte dir einfach genauso viel Zeit zum Baden gönnen.“
Ohne auf ihre lustige Miene einzugehen, deutete er wieder zum Fluss. „Ein Stück flussaufwärts ist eine tiefere Senke. Auf der anderen Seite des Ufers hast du allerdings nicht viel Sichtschutz. Aber solange du dich nicht vor einem gelegentlichen Präriehund oder Salamander genierst, solltest du dort keine Probleme haben.“
Ihm entging ihre gehobene Stimmung nicht, mit der sie sich entfernte. Er blickte ihr nach, bis sie ungefähr einen Steinwurf weit von der Stelle entfernt, an der er saß, zum Ufer hinabstieg. Er betrachtete den Horizont von West nach Ost. Die Sonne hatte hinter den schneebedeckten Gipfeln Zuflucht gesucht und ein breites, dunkelblaues Band, das von Rottönen durchzogen war, zurückgelassen. Im Osten begann die Sichel des Halbmondes gerade ihre nächtliche Wanderung über den Himmel.
Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte er eine Bewegung.
Er sah die Oberseite von Annabelles Kopf. Ihr linker Arm kam in die Höhe, dann ihr rechter, einige Sekunden später tauchte ein Kleidungsstück auf. Als er begriff, was sie machte – und was er tat –, wandte er schnell den Blick ab. Aber er sah das Bild noch immer vor seinem geistigen Auge und entschied, dass er eine stärkere Ablenkung bräuchte. Deshalb stand er auf und trat auf die andere Seite des Feuers, wo er mit dem Rücken zu ihr stand. Der Blick in diese Richtung war nicht halb so schön, aber auch wesentlich weniger verführerisch und gefährlich.
Er aß noch etwas, trank seine Kaffeetasse leer und schenkte sich eine neue Tasse ein. Langsam und widerstrebend dämmerte es ihm, warum Johnny diese Frau hatte lieben können.
Er ließ den Kopf hängen. Johnny …
Es verging kein Tag, an dem er seinen Bruder nicht vermisste und sich nicht fragte, wie alles gekommen wäre, wenn er noch leben würde. Matthew verzog reumütig das Gesicht, als er an ihre letzte Begegnung an jenem Abend in der Hütte dachte. Ihr hitziger Streit bedrückte ihn sehr und er bedauerte die Geschehnisse dieses Abends zutiefst, die ganz lebendig vor seinem inneren Auge auftauchten:
„Sie liebt dich nicht, Johnny. Sie benutzt dich nur. Das weißt du doch, oder?“ Matthew warf einen Blick auf die geschlossene Tür, hinter der Annabelle verschwunden war. Es störte ihn nicht, dass sie seine Worte hören konnte.
Johnny, der normalerweise schnell zurückschlug, lächelte nur. „Das weiß ich, Matthew.“
Matthew hob ungläubig die Hände. „Hast du hier also nur ein wenig Spaß? Geht es darum? Dass du dieses Mal nicht dafür zahlen musst?“ Johnnys Miene verdunkelte sich und Matthew wusste, dass er einen empfindlichen Nerv berührt hatte.
„Sei vorsichtig, Matthew.“ Er sagte diese Worte ganz leise. „Ich liebe Annabelle. Sie ist meine Frau, und ich lasse nicht zu, dass irgendjemand ihre Ehre beleidigt. Auch du nicht.“
„Ihre Ehre beleidigt!“ Es gelang ihm nur mühsam, einen Fluch zu unterdrücken. „Sie ist eine Hure, um …“
Das Nächste, an das sich Matthew erinnerte, war, dass er der Länge nach auf dem Lehmboden lag. Johnny stand drohend über ihm. Die linke Seite von Matthews Gesicht pochte. Er schmeckte Blut. Johnny hielt ihm eine Hand hin, aber Matthew schob sie weg und rappelte sich, immer noch wackelig, auf die Beine.
„Ich lasse nicht zu, dass du so über meine Frau sprichst.“ Johnny schüttelte den Kopf und rieb seine Faust. „Tut mir leid, Matthew. Mein Temperament geht immer noch von Zeit zu Zeit mit mir durch.“
Die Aufrichtigkeit in der Stimme seines Bruders war nicht zu
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