Hoffnung am Horizont (German Edition)
alles.“
Sein Tonfall klang zwar ruhig, aber Annabelle entging sein angespanntes Gesicht nicht. Sie spähte nach unten und sah, dass das Wagenrad tief in die Rille eingesunken war. Dann fühlte sie einen Regentropfen auf ihrem Arm.
Sie blickte nach oben und sah, dass auch Matthew den immer dunkler werdenden Himmel betrachtete. „Wir gehen weiter und folgen dieser Rille, so weit wir können. Dann versuchen wir, wieder herauszukommen.“ Er lief wieder nach vorne zu den Pferden.
Es klang nach einem leicht umzusetzenden Plan. Aber sie hätten ohnehin keine andere Wahl gehabt. Annabelle beugte sich hinüber und verfolgte mit den Augen den Weg, den die Rille zog. Sie sah, wie tief sie war. Wie weit konnte ein Wagen zur Seite kippen, ohne umzufallen? Besonders bei diesem Wind. Sie vertraute Matthew und wartete auf sein Signal, dann ließ sie die Zügel schnalzen. Sie stemmte ihr Gewicht nach hinten, als der Wagen ruckelnd anfuhr.
Sie hatten erst ein paar mühsame Meter zurückgelegt, als der Himmel seine Schleusen öffnete.
Sie war schnell durchnässt, genauso wie das vorher noch staubtrockene Flussbett. Sie stellte fest, wie recht Matthew gehabt hatte. Innerhalb von nur fünf Minuten war das Flussbett mit Wasser bedeckt. Aus der Uferlinie zu schließen, war das Wasser aber höchstens fünf bis zehn Zentimeter tief.
Ein Blitz zog über den Himmel. Sie zählte bis drei, bevor sie den Donner über sich rollen hörte. Obwohl sie die Hand als Schild über ihre Augen legte, hatte sie Mühe, Matthew auszumachen, der im Regen kämpfte, um die vier Pferde dazu zu bewegen, weiterzugehen. Das Gespann zögerte, ihm zu folgen. Ob wegen der Last, die sie ziehen mussten, oder wegen des Regens und des Donners wusste sie nicht genau.
Sie warf einen Blick auf die Zügel in ihren Händen und fragte sich, ob sie helfen sollte, indem sie sie ebenfalls antrieb. Aber Matthew hatte gesagt, dass sie nichts tun sollte, bevor er ihr ein Zeichen gab.
Sie wartete.
Der dichte Regen raubte ihr eine klare Sicht. Sie kniff die Augen zusammen. War sein Arm soeben nach oben gegangen? Das bedeutete, dass sie das Gespann anhalten sollte. Die Pferde schienen gut voranzukommen. Aber wenn er irgendwelche Probleme hatte? Oder gestürzt war …
Da sie kaum noch etwas vor sich sehen konnte, zog sie an den Zügeln und brachte den Wagen zum Stehen. „Matthew!“
Dann bewegte sich der Wagen unter ihr. Es war nicht wirklich ein Kippen. Eher ein Schaukeln. Sie umklammerte die Zügel mit einer Hand, hielt sich mit der anderen fest und schaute über die linke Seite. Das Wasser im Flussbett reichte schon bis zur Hälfte des Wagenrads.
Sie rief wieder Matthews Namen. Dann sah sie ihn durch das Wasser auf sich zukommen.
„Was machst du denn?“, brüllte er.
„Ich dachte, du hättest mir signalisiert, dass ich stehen bleiben soll!“
Er schüttelte den Kopf und bückte sich, um das Rad zu kontrollieren. Das Wasser umspülte seine Oberschenkel. Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Der Wagen bewegte sich wieder. Annabelle umklammerte ihren Sitz, da sie sicher war, dass der Wagen jeden Augenblick umstürzen würde.
„Ich gehe wieder nach vorne“, rief er. Er hielt beide Hände mit ausgebreiteten Fingern in die Höhe. „Zähl bis zehn. Dann lass die Zügel kräftig schnalzen. Die Pferde sind nervös. Du musst hart und kräftig mit den Zügeln schlagen, damit sie es fühlen.“
Er verschwand in der grauen Regenwand. Sie begann zu zählen und fragte sich panisch, ob sie langsam oder schnell zählen sollte. Sie kam bei zehn an, ihrer Meinung nach zu früh, und betete, dass er bereit wäre. Sie ließ die Zügel kräftig auf den Rücken der Pferde schnalzen. Sie wieherten. Aber der Wagen rührte sich nicht vom Fleck.
Sie biss die Zähne zusammen und schlug wieder mit den Zügeln. Dieses Mal so kräftig, dass ihre Schultern brannten. Und dieses Mal spürte sie, dass sich etwas bewegte. Es war kein Schaukeln, sondern eindeutig eine ziehende Bewegung. Der Wagen schaukelte unter ihr, und sie wusste, dass die Pferde kämpften, um den Wagen aus der tiefen, schlammigen Rille zu ziehen. Sie schlug noch einmal kräftig mit den Zügeln auf den Rücken der Pferde und wäre fast vom Kutschbock gerutscht, als der Wagen einen Satz nach vorne machte und sich plötzlich gerade aufrichtete. Der Wind wehte ihr die Haarsträhnen ins Gesicht. Sie wischte sie mit dem Unterarm zurück. Die Lederriemen schnitten sich in ihre Handflächen.
Sie erhaschte einen unscharfen
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