Hoffnung am Horizont (German Edition)
Tanz, nicht darum, mich zu heiraten.“
Der leichte Sarkasmus in seiner Stimme beruhigte ihre Nerven. Das war der Matthew, den sie kannte und in dessen Nähe sie sich wohlfühlte. „Kannst du überhaupt tanzen?“
„Das kann ich nicht behaupten.“ Er fuhr mit einem Finger über ihre Hände, die sie vor sich gefaltet hatte, und zwinkerte. „Aber wenn ich dir auf die Zehen trete, darfst du mir Tanzunterricht geben.“
Sie legte ihre Hand in seine. Annabelle stellte schnell fest, dass Matthew keinen Tanzunterricht brauchte. Er war zwar nicht der geschmeidigste Tänzer, aber er wusste genau, was er tat.
Sie bewegte sich im Rhythmus zu einer nicht hörbaren Melodie und ließ sich von ihm führen. Sie hatte die Hand auf seiner Schulter liegen und seine Hand lag auf ihrer Taille.
Nach einer Weile – sie wusste nicht genau, wie viel Zeit vergangen war – blieb er stehen. Sie zog leicht den Kopf zurück, um sein Gesicht sehen zu können. Er schien etwas sagen zu wollen, aber über seine Lippen kam kein Wort. Stattdessen fuhr er langsam mit dem Daumen die geschwungene Form ihrer Unterlippe nach. Dann wanderte sein Blick zu ihrem Mund. Seine stumme Frage war unmissverständlich. Er bat um ihre Erlaubnis.
Sie wollte ihm antworten, aber sie konnte es nicht.
Offenbar deutete er ihr Schweigen als Antwort und zog sie wieder näher an sich heran, um weiterzutanzen. Er hielt sie genauso fest wie vorher und baute keinen größeren Abstand zu ihr auf. Als er sie wieder ansah, hatte die Intensität in seinem Blick nicht nachgelassen. Ganz im Gegenteil.
„Ich kann warten“, flüsterte er.
Sie musterte fragend sein Gesicht und wusste mit beruhigender Gewissheit, dass er das so meinte, wie er es sagte. Er zog sie näher an sich heran. Das Knistern des Feuers war ihnen Melodie genug, während sie tanzten.
Was hatte Matthew an sich, das etwas in ihr anrührte, wie es noch nie ein anderer Mann zuvor getan hatte? Nicht einmal Jonathan! Und wie konnte sie jetzt hier stehen und für Matthew Gefühle empfinden, die sie seinem Bruder vorenthalten hatte? Sie erwartete fast, dass sie sich wie eine Verräterin fühlen würde. Aber das tat sie nicht.
Sie erinnerte sich daran, wie sie Jonathan kurz vor seinem Tod gesagt hatte, dass sie nur allzu gerne den Rest ihres Lebens lernen wollte, ihn zu lieben. Und diese Worte hatte sie ernst gemeint.
„Man kann nicht geben, was man nicht hat.“
Tränen traten in ihre Augen, als sie sich an seine Worte erinnerte. Sie hatte Jonathan alles gegeben, was sie ihm damals hatte geben können. Jedem anderen Mann wäre das nicht genug gewesen. Aber ihm hatte es genügt. Obwohl er nie in den Genuss der Früchte kommen würde, hatte er in ihrem Herz den Samen dazu gesät, dass sie fähig wurde, Liebe zu empfangen und Liebe zu geben. Dadurch, dass er sie bedingungslos akzeptiert hatte, dadurch, dass er sie trotz ihrer Schwächen und Verletzungen geliebt hatte, hatte er sie gelehrt, andere zu lieben.
Sie hörte auf zu tanzen und zog den Kopf zurück, um Matthew wieder anzuschauen. Vorsichtig legte sie eine Hand auf seine Brust. „Könntest du mir diese Frage vielleicht noch einmal stellen?“
Matthews Miene wurde undurchdringlich. „Das würde ich gern, aber …“ Seine Stimme, die nicht viel lauter als ein Flüstern war, überzeugte sie, dass sie ihre Chance vertan hatte. „Ich kann mich nicht mehr an die Frage erinnern.“
Dann sah sie, wie ein Lächeln über seine Lippen zog. Gerade wollte sie es schon bereuen, dass sie sich ihm gegenüber so verwundbar gezeigt hatte, da zog ein Blick freudiger Erwartung über sein Gesicht, der sie von Kopf bis Fuß erwärmte.
Er fuhr zum zweiten Mal – ähnlich seiner ersten, federleichten Berührung – sanft über ihre Lippen. Dieses Mal zögerte sie nicht.
Er küsste sie zärtlich. Nach einem Moment konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen und sie fühlte, dass er ebenfalls lächelte.
Er zog leicht den Kopf zurück. „Habe ich etwas falsch gemacht?“
„Ganz und gar nicht“, antwortete sie leise. „Ich würde nur gerne meine Antwort auf deine andere Frage revidieren. Du hast mich gefragt, ob mir das Tanzen heute Abend gefallen hat, und ich habe gesagt, dass das Tanzen für mich nicht das Schönste an diesem Abend war … Aber das stimmt nicht.“
Matthew war sichtlich geschmeichelt und zufrieden.
„Es ist für mich das Schönste.“ Sie schürzte neckend die Lippen. „Natürlich abgesehen von dem Apfelmost.“
Seine Arme legten sich
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