Hoffnung am Horizont (German Edition)
er könnte den Blick, der sich ihm bot, mitnehmen. Die Berge, die er liebte, ragten hoch hinauf und ihre zerklüfteten Gipfel stachen schwarz und noch kaum erkennbar vom dunklen Himmel ab. Die Wiesen neben dem Haus der Carlsons waren still und ruhig. Alles war so friedlich. Wenn er doch nur auch in seinem Herzen diesen Frieden spüren könnte!
Er schätzte, dass es höchstens noch eine Stunde dauern würde, bis die Sonne am Horizont auftauchte, und stieg in den Planwagen. Lange Schatten lagen im Wageninneren. Er legte ein Seil um mehrere Kisten und zog es fest.
„Wo wollen Sie diesen Sack hier haben?“
Als Matthew aufblickte, sah er, dass Carlson einen großen Mehlsack auf der Schulter trug. „Hier.“ Er nahm den Sack entgegen, quetschte ihn zwischen eine Truhe und eine andere Kiste in der Mitte des Wagens und deckte ihn mit einem Öltuch zu, um ihn vor Feuchtigkeit zu schützen.
„Ihr seid lange in der Prärie unterwegs, Matthew. Allein. Nur ihr beide. Auch nachts.“
Matthews Kopf schoss in die Höhe. Bis zu diesem Moment hatte er Carlsons Direktheit bewundert. Jetzt fand er sie lästig. „Falls Sie sich Sorgen machen, dass zwischen uns etwas passieren könnte, Herr Pfarrer, kann ich Sie beruhigen. Ich gebe Ihnen mein Wort, Sir.“ Er stieß ein kurzes Lachen aus. „Ich werde sie nicht anrühren.“
„Ich mache mir weniger Sorgen, dass Annabelles Tugend bei Ihnen in Gefahr stünde, Matthew, als vielmehr ihr Wohlergehen.“
Matthew hielt es für ein wenig spät, sich wegen der Tugend dieser Frau Sorgen zu machen, baute sich so groß er konnte in dem engen Wagen auf und schaute nach unten. Er versuchte zu ergründen, worauf Carlson hinauswollte. Sein geduldiger Blick verriet nichts. Der Pfarrer gäbe einen guten Pokerspieler ab. Matthews Taschen fühlten sich allein schon bei dem Gedanken, dass er gegen den Pfarrer spielen würde, leerer an. Er verdrängte diesen Gedanken schnell und sprang vom Wagenbett.
Das Hämmern in seinen Schläfen erhöhte sich zu einem gleichmäßigen Trommeln. Er brauchte dringend einen Kaffee.
„Ich habe mich bereit erklärt, Mrs McCutchens sicher ins Idaho-Territorium zu bringen, und genau das habe ich vor. Ich habe Erfahrung in der Prärie. Ich weiß, womit ich rechnen und worauf ich achten muss …“ Als Carlson nicht antwortete, rieb sich Matthew seine Nackenmuskeln und atmete müde aus. „Ich habe Ihnen bereits mein Wort gegeben, Sir. Was wollen Sie noch?“
„Ich will, dass der Tonfall in Ihrer Stimme die Ernsthaftigkeit des Versprechens widerspiegelt, das Sie gegeben haben. Das ist alles, was ich will.“
Angesichts einer solchen unverblümten Ehrlichkeit konnte Matthew ihn nur wortlos anstarren. Er mochte Patrick Carlson, er respektierte ihn sehr, und es schmerzte ihn zu wissen, dass wahrscheinlich Bertram Colby heute Morgen hier stünde, wenn der Pfarrer den Scout ausgesucht hätte. Er vermutete, dass Carlson Annabelle davon abgeraten hatte, ihn einzustellen. Diese Erkenntnis war ernüchternd. Er hatte es wieder einmal nicht geschafft, die Erwartungen eines Menschen zu erfüllen.
Die letzte Ladung schleppten sie wortlos aus der Scheune.
Carlson stellte seine Kisten neben denen von Matthew auf den Boden. „Bevor Sie heute Morgen aufbrechen, Matthew …“ Sein Tonfall war weicher geworden. „… müssen Sie mir eines versprechen.“
Matthew nickte.
„Versprechen Sie mir, dass Sie gut auf Jonathan McCutchens ’ Frau aufpassen. Egal, was Sie von ihr denken, Jonathan hat Annabelle als seine Frau gewählt. Er hat sie geliebt. Ich fühle mich Jonathan gegenüber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass seine letzten Wünsche respektiert werden.“
Als Matthew das Wort verpflichtet im Zusammenhang mit dem Namen seines Bruders hörte, wurden alle Gedanken verdrängt bis auf einen. Er war zurückgekommen, um Johnny seine Dankbarkeit zu zeigen, und das konnte er immer noch tun, unabhängig von seinen Gefühlen. Er würde Annabelle Grayson sicher nach Idaho bringen. Nicht um ihretwillen, sondern um Johnnys willen.
Er schaute Carlson direkt in die Augen. „Die letzten Tage waren für mich nicht leicht, Sir. Sie waren für niemanden leicht, das weiß ich. Ich war Ihnen gegenüber manchmal kurz angebunden und abweisend. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich werde mich auch gern bei Mrs McCutchens entschuldigen, wenn ich sie heute Morgen sehe.“ Falls das irgendwie helfen würde. „Ich musste vieles verkraften, seit ich nach Willow Springs zurückkam, aber ich
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