Hoffnung am Horizont (German Edition)
gekostet und sie spürte eine ungewohnte Unruhe in sich.
Sie rutschte nahe an das aufgeschichtete Feuerholz heran und nahm den Feuerstein und Stahl. Ihr Blick fiel auf Matthew. Sie beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, als er die Pferde ausspannte.
Während Jonathan kräftig und stark gebaut gewesen war, bewegte sich Matthew aufgrund seines schlankeren Körperbaus mit einer ungezwungenen Lässigkeit, deren er sich wahrscheinlich nicht bewusst war. Sie hatte mehr als genug Männer kennengelernt, die von ihrem Charme und Aussehen her sehr überzeugt gewesen waren. Aber obwohl Matthew Taylor zweifellos wusste, welche Wirkung er auf Frauen hatte, schien sein Selbstvertrauen – das ruhige Selbstvertrauen, das er genauso selbstverständlich trug wie seine gegerbte Lederweste – nicht darin zu wurzeln, dass er sich zu viel auf sich selbst einbildete.
Sie blinzelte und merkte, dass er sie dabei ertappt hatte, wie sie ihn anstarrte.
Aus seiner fragenden Haltung schloss sie, dass er auf eine Antwort wartete.
Ihr Magen zog sich zusammen. „Entschuldigung, ich habe nicht gehört, was Sie gefragt haben.“
„Soll ich den Wassereimer holen oder nicht?“ Sein Tonfall klang gereizt.
Sie brauchte eine Sekunde, aber dann nickte sie und kam sich ein wenig albern vor, weil sie von seinem einfachen Angebot so bewegt war. „Ja, das wäre sehr nett. Danke.“
Er holte den Eimer aus dem Wagen und ging ohne sie anzuschauen auf den Bach zu, den sie vorher in der Nähe entdeckt hatten.
Jonathan hätte den Wassereimer ohne lange zu fragen für sie aufgefüllt. Aber Matthew Taylor war nicht ihr Mann, und sie konnte von ihm nicht die gleichen Selbstverständlichkeiten erwarten wie von Jonathan. Er war nur ein bezahlter Scout. Sie erinnerte sich daran, als sie ihm das auf der Veranda der Carlsons klargemacht hatte. Und dieser Blick in seinen Augen … wenn Blicke töten könnten, wäre sie inzwischen schon mindestens hundertmal tot umgefallen.
Sie hatten sich während der ersten Stunden ihres Weges bald einen festen Rhythmus angewöhnt. Sie sprachen kaum ein Wort. Sie war hinten im Wagen gefahren, hauptsächlich deshalb, weil er sie dorthin geführt hatte und sie vor den Augen der anderen nicht mit ihm hatte streiten wollen. Sie musste wieder an seine gezwungene Entschuldigung von heute Morgen denken und schüttelte den Kopf. Der Blick, mit dem er sie angesehen hatte …
Egal, welche Worte Matthew sagte, seine Augen verrieten ihr jedes Mal, was er wirklich von ihr dachte.
Sie atmete tief aus und zwang sich, sich wieder darauf zu konzentrieren, ein Feuer in Gang zu bringen. Mit erneuter Entschlossenheit nahm sie den Feuerstein und den Stahl und hielt beides über das getrocknete Unkraut und Gras. Sie hielt die Sachen in ihrer Hand so, wie es Jonathan immer gemacht hatte. Das C-förmige Stahlstück in der linken Hand ganz nahe über dem Holz und den Feuerstein in der rechten.
Sie schlug den Feuerstein nach unten auf den Stahl. Einmal. Zweimal. Noch einmal.
Nichts. Nicht der winzigste Funke.
Sie versuchte es wieder und tröstete sich damit, dass Jonathan manchmal auch sieben oder acht Versuche gebraucht hatte, bis er einen brauchbaren Funken entfacht hatte. Sie beschloss, weiterzuzählen. Vier, fünf, sechs …
Als sie mit Jonathan unterwegs gewesen war, hatte er immer zuerst ein Feuer angezündet, wenn sie Halt gemacht hatten. Danach hatte er alle anderen Arbeiten erledigt, während sie das Essen zubereitet hatte. Offenbar betrachtete Matthew das Feuermachen als Frauenarbeit. Das sollte ihr auch recht sein. Sie konnte das.
Zehn, elf, zwölf …
Sie wollte Matthew zeigen, dass sie unabhängig war. Und sich selbst wollte sie das auch beweisen. Sie hatte sogar darauf geachtet, ihm ihre Tränen nicht zu zeigen, als sie sich heute Morgen von den Carlsons und den Jennings’ und ihren Kindern verabschiedet hatte. Matthew hatte so ausgesehen, als hätte er sich bei dieser Szene überhaupt nicht wohlgefühlt. Und sie vermutete, dass Abschiednehmen nicht gerade seine Stärke war, besonders seit er wusste, wie sein letzter Abschied von Jonathan verlaufen war.
Kathryn und Larson hatten sie in die Arme genommen, aber als sie Matthews vorsichtige Stimme hinter sich gehört hatte, hatte sie ihre Ohren angestrengt, um den Wortwechsel zwischen ihm und Patrick mit anzuhören.
„… und ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie so freundlich zu mir waren, Herr Pfarrer. Sie und Ihre ganze Familie. Wer weiß, womöglich werde ich sogar unsere
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