Hoffnung am Horizont (German Edition)
überrascht dreinzublicken, auf und lächelte sie breit an. „Benutze sie gelegentlich und denk an uns.“
„Nein, ich kann nicht …“
„Versuch nicht, ihr zu widersprechen, Annabelle.“ Kathryns Tonfall klang nach Verschwörung. „Was man über Pfarrersfrauen sagt, ist wahr: Sie sind äußerlich süß und freundlich, aber innerlich hart wie Eisennägel.“
Annabelle wusste, dass dieser Vergleich stimmte. Sie schaute die sorgfältig bestickten Schätze an und spürte, wie ihr Tränen in die Augen traten. „Danke, Hannah“, flüsterte sie und fuhr mit dem Finger das kunstvolle C nach, das von zarten Blumen umrahmt war.
„Du nimmst aber auf jeden Fall Matthew mit, wenn du in diese Städte gehst und Sadie suchst, ja?“ Hannah legte eine Hand auf ihren Arm. „Du darfst diese Orte nicht allein aufsuchen. Und schon gar nicht nachts. Das ist zu gefährlich.“
Annabelle antwortete ihr mit einer Bewegung, die einem Nicken nahe kam, und hoffte, ihre Freundin würde sie als solches verstehen. „Vergiss nicht, ich bin es gewohnt, mich an solchen Orten und bei solchen Menschen aufzuhalten. Mir passiert schon nichts.“
Kathryn hörte abrupt auf, das Handtuch in ihrer Hand zusammenzufalten. „Annabelle McCutchens, das war kein Ja.“
„Und wir warten auf ein Ja.“ Hannah baute sich breit vor ihr auf und stemmte die Hände in die Hüften.
Annabelle musste bei diesem alles andere als einschüchternden Anblick lächeln. „Ich habe keine Angst, allein zu gehen. Ich weiß, wie es dort zugeht. Ich passe schon auf. Das verspreche ich euch.“
„Ich weiß auch ein bisschen, wie es dort zugeht, und ich würde mich viel wohler fühlen, wenn ich wüsste, dass Matthew bei dir ist.“ Kathryn versuchte, streng dreinzublicken, aber Annabelle kaufte es ihr nicht ab. „Du bist die eigensinnigste Frau, der ich je begegnet bin, Mrs McCutchens.“
Hannah warf Kathryn einen vielsagenden Blick zu. „Ach, ich weiß nicht, Mrs Jennings. Du stehst ihr in puncto Eigensinn in nichts nach.“
Kathryn schaute sie mit offenem Mund an. „Auf wessen Seite stehen Sie eigentlich, Mrs Carlson?“
Annabelle genoss es, wie sie einander aufzogen. Sie würde diese beiden Frauen sehr vermissen. Sie räusperte sich. „Ich behaupte nicht zu wissen, auf wessen Seite jemand steht, meine Lieben“, sagte sie und überraschte sie mit ihrer besten Nachahmung von Miss Maudies irischem Akzent. „Aber ich weiß ganz genau, dass Gott uns drei gute Frauen aus demselben Holz geschnitzt hat.“
Sie war überzeugt, dass man ihr schallendes Lachen in der halben Stadt hören konnte.
* * *
„Die Beziehung zwischen euch beiden beunruhigt mich am meisten, Matthew. In diesem Punkt bin ich mir einfach nicht sicher.“
Matthew und Pfarrer Carlson schritten vom Planwagen in den Stall. Matthew zog seine Handschuhe an und hievte dann zwei der noch verbliebenen Kisten auf seine Schultern. Sie müssten nur noch ein paarmal gehen, dann hätten sie alles aufgeladen. Er hatte gestern Nacht nicht gut geschlafen, weil ihn das ungute Gefühl beschlichen hatte, dass etwas passieren würde.
Da er mit Pfarrer Carlson nicht im Unfrieden auseinandergehen wollte, zwang sich Matthew, sich seine Gereiztheit nicht anmerken zu lassen. „Was meinen Sie damit, Herr Pfarrer, wenn Sie ‚Beziehung‘ sagen?“
„Ich meine damit, dass ihr beide zu zweit losfahrt, obwohl ihr es kaum schafft, miteinander zu sprechen.“ Carlson nahm zwei Kisten und folgte ihm zum Wagen hinaus.
„Das stimmt nicht, Herr Pfarrer. Wir sprechen miteinander.“ Wenn sie ihm keine andere Wahl ließ.
Carlson schnaubte. „Ja, wenn es nicht anders geht, und dann auch nur kurz und knapp. Zwischen euch beiden ist es so, als wäre da eine unberechenbare Strömung, wie wenn der Fluss durch das Tauwasser im Frühling anschwillt. Es können jederzeit gefährliche Strudel auftreten.“
Matthew unterließ eine Antwort auf diese letzte Bemerkung. Er stellte seine Last neben dem Wagen ab und ging zur Scheune zurück. Er war niemand, der Gespräche so früh am Tag liebte, und schon gar nicht Gespräche, die einen so tiefen Nerv berührten. Wenigstens war Jennings nicht in der Nähe. Er half den Frauen in der Küche.
Unberechenbare Strömung … Matthew seufzte. Das war eine gute Beschreibung für das, was er fühlte, wenn er mit Annabelle Grayson zusammen war. Etwas lief zwischen ihnen ab, das er nicht verstand und auch nicht verstehen wollte. Und was noch schlimmer war, etwas, das er nicht
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