Hoffnung am Horizont
seine Liebe gesteht?
Mir sagt, dass er doch eine Beziehung mit mir möchte? Nein Jules, nicht Gabe.
Er hat gesagt, ich bedeute ihm etwas, aber ich weiß, dass es nicht genug ist. Er
hat oft genug deutlich gemacht, dass wirkliche Beziehungen nichts für ihn sind,
er das nicht möchte. Ihm ist ja schon die Nähe in einem gemeinsamen Bett zu
viel. Während ich meinen Gedanken nachhänge, steht Gabe auf und greift nach
seiner Jacke.
„Ich geh dann mal besser.
Man sieht sich.“, höre ich nur noch, dann ist er schon raus und die Wohnungstür
klappt hinter ihm zu.
Erst in diesem Moment
fällt mir das Essen wieder ein, mein Auflauf, der noch immer im Ofen steht, ist
mittlerweile nicht nur heiß, sondern auch ziemlich verbrannt. Trotzdem schiebe
ich mir unwillig ein paar Gabeln davon in den Mund. Unser Gespräch hat einen
schalen Beigeschmack hinterlassen. Ich habe das Gefühl, nicht genug und doch zu
viel gesagt zu haben. Auf einmal habe ich das dringende Bedürfnis, zu ihm zu
gehen, noch einmal mit ihm zu sprechen. Aber kann ich das einfach so? Was soll
ich ihm sagen? Nachdem ich gerade auf Abstand bestanden habe? Abstand, den ich
ja gar nicht will. Mein Blick streift ruhelos durch den Raum, bis ich die Tüte
vom Babyladen sehe, die noch immer unausgepackt auf einem Stuhl in der Ecke
steht. Der Body fällt mir wieder ein, ich wollte ihn Gabe unbedingt zeigen und
habe es bisher vergessen. Ich sehe auf die Uhr, mir war gar nicht klar, wie
schnell die Zeit vergangen ist. Gabe ist schon seit über drei Stunden weg, es
ist schon nach zehn Uhr abends. Egal. Kurzentschlossen schnappe ich mir meinen
Hund, ziehe meinen warmen Mantel an und stopfe den Body in die Jackentasche.
Dabei rede ich mir ein, dass ich ja einen guten Grund hätte, einfach
unangemeldet bei Gabe aufzutauchen. Walton muss noch einmal raus und bei der
Gelegenheit könnte ich ihm ja gleich dieses süße, winzige und erste
Kleidungsstück für unser Baby zeigen.
Entschlossen laufe ich los,
bis ich in seine Straße einbiege. Erst da kommt mir der Gedanke, dass er
vielleicht schon schlafen könnte. Ich habe seinen Dienstplan nicht im Kopf und
weiß nicht, wie früh er morgen zur Arbeit muss. Okay, ich werde ja sehen, ob
bei ihm noch Licht brennt.
Bei Gabes Haus angekommen,
sehe ich schon von weitem, dass das große Tor zur Einfahrt offen steht, im
Wohnzimmer, neben der Eingangstür brennt Licht und als ich näher komme, höre ich
Musik, die aus dem Haus schallt. Ich erkenne „With or without you“ von U2 und
muss schmunzeln, scheinbar haben wir den gleichen Musikgeschmack. Ich liebe
dieses Lied und gerade im Moment passt es so wunderbar zu meiner Stimmung und
meinen Gefühlen. Leise mitsummend drücke ich auf die Klingel und warte. Er öffnet
nicht - kein Wunder, bei der Lautstärke der Musik hat er mein Läuten wohl nicht
gehört. Ich trete auf der Veranda zur Seite, an dem kleinen Tisch und der
Hollywoodschaukel vorbei, vor das große Wohnzimmerfenster. Wenn er da ist,
mache ich mich halt hier bemerkbar, so schnell gebe ich jetzt nicht auf. Auf
den ersten Blick kann ich ihn nicht entdecken, bis ich aus dem Augenwinkel eine
Bewegung wahrnehme, die aus Richtung des Esstisches zu kommen scheint. Ich gehe
einen Schritt näher ans Fenster, um besser hineinsehen zu können, da sehe ich
ihn. Er steht mit entblößtem Oberkörper am Tisch, den Blick gesenkt. Unter der
hellen Beleuchtung der Deckenlampe sehe ich einen leichten Schweißfilm auf
seiner Haut glänzen. Es wirkt fast wie ein Glitzern, als er sich bewegt. Ich
frage mich noch, was er da macht, als sich auf einmal zwei lange, schlanke
Beine um seine Hüften schlingen, ihn dichter ziehen. Ich weiß nicht, wie lange
ich hier stehe, bis in mein Bewusstsein sickert, was Gabe da gerade vor meinen
Augen tut. Es können Sekunden, aber auch Minuten oder Stunden sein, bis das
Bild, das sich mir bietet, einen Sinn ergibt. Bis ich die dunkelblonden Haare,
die kleinen nackten Brüste und die langen Beine in halterlosen Strümpfen und
mit Highheels an den Füßen einer Frau zuordnen kann. Sie liegt tatsächlich auf
dem Esstisch und hat gerade Sex… mit Gabe! Mit meinem Gabe, den ich so sehr
liebe, dessen Kind ich in meinem Bauch trage, der vor wenigen Stunden noch auf meiner
Couch saß. Automatisch lege ich meine Hände schützend auf meinen Bauch, auf
mein Baby. Der Schmerz frisst sich in meine Eingeweide, ich habe das Gefühl,
mein Herz zerschellt wie ein Kristallglas auf hartem Fliesenboden, aber ich
kann mich nicht
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