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Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Titel: Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Levison
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sind mit Stahlstäben bewehrt. Sieht mächtig beeindruckend und sicher aus. Wir hätten die Straße auch zu Fuß überqueren können, allein, das hätte bei weitem kein so tolles Schauspiel für die Kameras abgegeben wie diese Wegschaffung im Lieferwagen.
    Erstaunlicherweise stehen auch vor dem Untersuchungsgefängnis Journalisten herum. Gibt es in ganz Amerika heute wirklich nichts Interessanteres als meine in eine Polizeikarre ein- und aussteigende Person? Alle diese arbeitenden Erwachsenen stehen also in Parkgaragen und vor stacheldrahtbekrönten Zäunen herum, nur um einen kurzen Blick auf mich zu erhaschen? Ich fühle mich wie Michael Jackson oder wenigstens wie der legendäre Bankräuber John Dillinger, und ehe ich mich besinne, habe ich die Grüppchen mit einem freundlichen Nicken gegrüßt. Schließlich sind die wegen mir gekommen! Da wär’s doch unfreundlich, sie zu ignorieren. Meine Unverschämtheit ruft hörbar Erstaunen hervor, offenbar habe ich mit meinem Verhalten gegen die Etikette verstoßen.
    Ich werde so lange angemessen sanft behandelt, bis sich die Stahltore des Untersuchungsgefängnisses hinter mir geschlossen haben. Der Griff auf meine Handschellen wird wieder fester, und ich werde in einen anderen Raum gestoßen, wo ich mich ausziehen muss. Die Tür fällt zu.
    Ich sehe mich um. Schon wieder weiße Betonziegel. Was hat es bloß mit all diesen Betonziegeln auf sich? Alles hier ist aus brutalem Metall und Ziegelstein, als wollten sie unsereins damit zeigen, dass hier aber schon ganz bestimmt kein Geld dafür ausgegeben wird, uns aufzuheitern. Du hast ein Verbrechen begangen, Scheißkerl, dann ist jetzt Schluss mit Sofas oder Fenstern oder Teppichen oder Topfpflanzen. Ich frage mich, ob die Kriminellen rascher gestehen würden und eher zur Kooperation bereit wären, wenn man diese Orte freundlicher dekorierte. Was liegt ihnen bloß so sehr daran, alles rundherum so abweisend zu gestalten? Es reicht wohl noch nicht, in einen Käfig eingesperrt zu sein.
    Die Tür geht auf, und nicht Power-Grinser und Dave, sondern zwei Beamte in den braunen Uniformen des Sheriff-Departments treten ein. Einer ist schwarz und Mitte fünfzig, mit dem Ausdruck einer niemals abklingenden Wut im Gesicht. Der andere ein jüngerer weißer Mann mit geschorenem Kopf.
    »Sie müssen sich ausziehen«, sagt der Schwarze, während er einen zusammengelegten orangefarbenen Overall vor mir zu Boden fallen lässt. »Alles ausziehen, ganz nackt.«
    »Geht aber nicht, mit angelegten Handschellen.«
    Kaum zu glauben, aber er lacht. Seit die Bullen zu meinem Apartment gekommen sind, hab ich keinen Menschen mehr erlebt, der sich über etwas amüsiert oder auch nur eine Spur von Freundlichkeit gezeigt hätte. Auch wenn es nur um etwas so Lächerliches und Gewöhnliches geht wie meine angelegten Handschellen, lächle ich zurück, als gäbe es zwischen mir und diesem rauhen Justizwachebeamten irgendeine Art von Bündnis.
    »Blödmänner«, murmelt er, und meint damit die beiden Inspektoren. Dann nimmt er mir die Handschellen ab. Er verlässt den Raum, um den beiden Inspektoren ihre Handschellen zurückzugeben, während der andere Typ neben mir stehen bleibt. Die Tür ist halb geöffnet.
    »Ziehen Sie sich aus«, sagt der Jüngere erneut zu mir.
    Okay, dies ist nicht der Umkleideraum in Victoria’s Secret , aber könnten Sie bitte die Tür schließen? Der Warteraum da draußen erscheint wie ein öffentlicher Platz. Der Hilfssheriff steht nur da, starrt mich an und wartet, bis ich mich ausziehe.
    »Na komm schon«, sagte er und klatscht dabei in die Hände wie ein Footballtrainer.
    Ich ziehe meine Sachen aus und stehe wenige Augenblicke später nackt vor ihm. Nachdem ich den ganzen Tag lang gefesselt, geschlagen, verspottet, angeschnauzt und wie eine Trophäe vorgeführt worden bin, fühle ich mich jetzt zum ersten Mal wirklich schlecht. Alles andere hat kaum eine Rolle gespielt, da ich weiß, dass ich unschuldig bin. Jetzt haben sie mir gezeigt, dass ich für sie ein Nichts bin, ein Stück lebendes Gewebe, das sie für die kommende Gerichtsverhandlung gesund erhalten müssen.
    Um die Sache noch weiter zu treiben, fordert er mich auf, mich vornüberzubeugen und meine Knöchel zu umfassen, dann leuchtet er meinen Arsch mit einer Taschenlampe aus.
    »Ich wurde in meiner Wohnung festgenommen«, sage ich, während er meinen Arsch begutachtet.
    »Legen Sie Ihre Kleider zusammen und ziehen Sie das an«, sagt er und kickt den Overall zu mir

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