Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)
Geschichte über eine Taxi-Kotzerei erzählt. Zwei Hände gingen nach oben.«
Ich starre die Fotos der zwei jungen Frauen an, als ob ihnen eine tiefere Bedeutung innewohnte. Ihre Gesichter sind hoffnungsvoll und offen. Ich bin nahe dran, die Mädchen dafür zu hassen, dass sie so schwer zu finden waren.
»Aber das Beste kommt noch«, fährt Brock mit einem maliziösen Lächeln fort. »Die Polizei hat nämlich gar nie nach ihnen gesucht. Die sind nie in das Wohnheim gekommen. Ihr Anwalt war der Einzige, der je nach ihnen gesucht hat, und der ist, wie soll ich sagen – ein Idiot.«
»Finden Sie?« Ich bin immer dieser Meinung gewesen, jetzt freut es mich, dass sie bestätigt wird.
»Ja, das finde ich. Es gab keinen einzigen Grund, Sie zu verurteilen. Wenn wir mal die illegale Unterschlagung des Fußabdruckbeweises weglassen, bleiben noch die Tatsachen, dass Ihr Alibi in keiner Weise nachgeprüft wurde, dass sich niemand um eine Überprüfung dieses Vern Brightwell gekümmert hat, und dann noch diese zwei aus der Gosse gezogenen Kreaturen, die man angestiftet hat, Lügengeschichten über Sie zu erzählen, und zu allem Überdruss war Ihr Anwalt eben ein richtiger Idiot, was auch nicht gerade hilfreich war. Ich habe das Protokoll Ihrer Verhandlung gelesen. Ich habe darin sechs gravierende Fehler entdeckt, obwohl ich erst bis zur Hälfte gekommen bin. Jedenfalls sollte die Tatsache, dass die Polizei Ihr Alibi nicht überprüft hat, das Entschädigungssümmchen noch ein wenig auffetten. Die Polizisten waren übrigens auch Idioten. Die hatten nicht mehr als diesen einen Fingerabdruck und die restliche Beweiskette einfach so zurechtgebogen, dass es irgendwie gepasst hat.« Brock schüttelt den Kopf. »Eine ganz schlimme Sache.« Sein Gesichtsausdruck hellt sich auf. »Jedenfalls …«
»Was – jedenfalls?«
»Jedenfalls haben wir ein paar Medienauftritte für Sie geplant. Wir machen Sie zu einer Berühmtheit. Sie kommen Donnerstagmorgen um acht Uhr zu Texas Today. Da sind Sie mit zwei anderen auf Sendung, die ebenfalls von einem Verbrechen entlastet wurden.«
Ich starre ihn an.
»Wir haben Wochen gebraucht, um das zu organisieren«, sagt er, da er mein Schweigen als Zweifel interpretiert hat.
»Wochen? Ich bin doch erst seit ein paar Tagen Ihr Klient.«
Brock lacht. »Einer von uns saß die ganze Zeit über im Verhandlungssaal und hat Ihren Prozess beobachtet. Wir haben auch der Presse Ihre Geschichte gesteckt, die Sache über die Waco-Polizisten. Wir waren die ganze Zeit auf Ihrer Seite, seit uns diese Tatortexpertin informiert hat.«
Ich sitze ein paar Sekunden nur da und denke nach, was das eben Gehörte für mich bedeutet. »Moment mal … – Sie haben also ganz ruhig dagesessen, im vollen Bewusstsein sämtlicher Zusammenhänge, und haben darauf gewartet, dass ich verurteilt werde, damit Sie dann auf den Plan treten und sich die Entschädigungssumme holen konnten?«
Er nickt. Keine Spur von Schuld- oder Schamgefühlen. »Wenn wir uns früher zu Ihren Gunsten eingeschaltet hätten, wären Sie womöglich trotzdem verurteilt wurden. Was hätte uns das gebracht? Glauben Sie mir, in einem oder zwei Jahren werden Sie froh darüber sein, dass es so gelaufen ist. Wir machen Sie zu einem wohlhabenden Mann. Außerdem: Wo wären Sie jetzt ohne uns? Nach einem möglichen Freispruch wären Sie obdachlos. Jetzt wohnen Sie in einem schönen Hotel.«
Ich zucke mit den Achseln. Was soll’s? Besser ein Pfand im Spiel dieses Typen als Handschellen tragen. »Schon gut«, sage ich.
»Das klingt schon besser«, grinst er und boxt mir gegen die Schulter. »Sagen Sie, brauchen Sie eigentlich irgendetwas?«
»Bargeld«, sage ich. »Ich muss Schuhe kaufen.«
»Wenden Sie sich beim Rausgehen an Mary. Sagen Sie ihr, wie viel Sie brauchen, wir geben Ihnen einen Scheck.«
Ich kaufe mir Schuhe und gehe zurück ins Hotel, wo ich im Wandschrank den Fernseher finde. Ich lege mich aufs Bett und schalte die Nachrichten ein. Sie berichten ausschließlich über Cara Worth, die in Oklahoma fast ein Jahr nach ihrem Verschwinden LEBEND GEFUNDEN wurde. Die Reporter scheinen glücklich wie Lottogewinner. Muss angenehm sein, endlich was Positives berichten zu können, nicht immer nur diese Mutter-Vater-Tod-nach-Autounfall- oder Kleinkind-von-Hund-zerrissen-Geschichten. Endlich können sie mal darauf verzichten, ihre traurigen, mitfühlenden Gesichter aufzusetzen.
Vern Brightwell hatte sie in ein Farmhaus in Oklahoma gebracht und dort, so
Weitere Kostenlose Bücher