Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
»paranoid« und dass Minken sich jetzt sicher hinhocken und ein paar Runden Fallout spielen werde und dann wieder einschlafen.
»Und wenn er dann aufwacht, ist der Alkohol aus dem Körper raus, und alles ist wieder gut, das garantiere ich dir.«
Ehrlich? Jonna nickt, sie wünscht sich, dass Alex die Wahrheit sagt. Und im Grunde muss sie doch auch viel besser wissen, wie dieser Minken funktioniert.
*
Als sie auf die Straße treten, schneit es. Weiße, große Flocken legen sich wie Glitter ins Haar, und Jonna und Alex laufen Hand in Hand wie die zwei Eisprinzessinnen. Eine helle und eine dunkle Eisprinzessin, in dem Wintermärchen, das jetzt endlich weitergehen darf, jetzt haben sie auch noch beide schwarze Stiefel und fast gleiche Jacken.
In der U-Bahn tanzen sie um eine Stange und grölen »Jingle bells, jingle bells« im Falsett, bis die Leute mit müden Augen und großen Einkaufstüten sie bitten, aufzuhören und den Mund zu halten. Da lachen sie hysterisch, es ist einfach so schön, mit jemandem unterwegs zu sein, der auch begriffen hat, dass Weihnachten nur ein schlechter Scherz ist. Nur leider scheint kein anderer im Wagen kapiert zu haben, dass sie alle reingelegt worden sind.
»Ist er denn in dir gekommen oder nicht?«
Draußen im Schneegestöber auf der Kungsgatan hat Jonna angeekelt und empört erzählt, was sie am Morgen aus Minkens Zimmer vertrieben hatte.
»Nein, aber wie er sich benommen hat!«
Ihr wird ganz schlecht, wenn sie daran denkt.
»Ich habe dagelegen und tief geschlafen, ich war supermüde, und dann kommt so ein Idiot und glaubt, dass er machen kann, was er will.«
Alex nickt und wirft ihr einen Blick zu.
Jonna erzählt weiter: »Und ich hab davon geträumt, wie ich klein war und zusammen mit Oma in ihrem Bett gelegen habe, das war wirklich was ganz Besonderes für mich, aber jetzt werde ich nie mehr daran denken können, ohne an dieses eklige …«
»…das Sperma, meinst du?«
»Was?«
Das ist eine komische Frage. Jonna versucht es noch einmal zu erklären, aber was sie auch sagt, Alex schüttelt nur den Kopf und ist der Meinung, dass sie übertreibt. Victor ist doch ein netter Typ, und wo bitte ist das Problem, wenn er noch nicht mal seinen Schwanz reingekriegt hat?
»Dass er es versucht hat! Ich musste mich richtig freiprügeln, es war verdammt nah dran.«
»Bist du denn Jungfrau, oder was?«
Was hat denn das mit der Sache zu tun? Jonna bleibt wie angewurzelt stehen und starrt Alex an. Macht sie sich über sie lustig, oder begreift sie wirklich nichts? Außerdem ist Jonna wütend – wenn es nun so wäre, dass sie Jungfrau ist, so what? Es spricht ja wohl nicht unbedingt für einen, wenn man mit jedem rumbumst.
»Ficken war das Dümmste, was meine Mutter als Sechzehnjährige gemacht hat.«
»Aber, du …
Plötzlich hält Alex inne, zieht Jonna ganz nah an sich heran und murmelt mit kratziger Stimme »Entschuldigung« in ihre Haare.
Sie bleiben lange so stehen, in einer warmen Umarmung, mitten im Chaos auf der Kungsgatan.
Aber Alex begreift wirklich nichts.
Das muss Jonna mit Bedauern einsehen, als sie den Ort an der Kungsgatan erreichen, wo das Vortanzen stattfinden soll. Das ist nämlich alles andere als eine »kleine Bühne«, wie Alex es Helena am Abend zuvor erzählt hat, und sie wird hier auch nicht das bekommen können, was die meisten Leute ein richtiges »Tanzengagement« nennen würden.
Das hier ist ein Pornoclub.
Von draußen sah der Laden verrammelt und verriegelt aus, schwarze Fenster mit Fotografien von halbnackten Mädchen, aber kein richtiger Eingang. Schließlich hat sie ein kleines Schild zur Tür geleitet, und nach hartnäckigem Klopfen wurden sie von einem Mann namens Goran in Seidenhemd und lila Anzug eingelassen.
»Hallo und willkommen! Wir machen erst heute Abend auf.«
Er bittet sie hinein und stellt sich als einer der Verantwortlichen für ein neues, großes Event vor, das am ersten Weihnachtstag stattfinden soll. Vierhundert Gäste haben Karten gekauft, und da brauchen sie ein paar neue, süße Mädchen. Er sieht Alex an und sagt: »Es geht also jetzt nur um diesen Abend, aber wenn du dich selbst richtig anbietest und unsere Kunden dich mögen, dann kannst du natürlich auch nach dem Event noch Engagements bekommen.«
Sie betreten einen großen Raum, und Goran schaltet das Licht an und zeigt auf eine runde Bühne in der Mitte des Raumes.
»Du musst dich einfach nur ausziehen und dann da raufgehen.«
Jonna darf sich auf einen schwarzen
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