Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
sie sich nicht anschmieren lassen?
Es tut ihr weh, wenn sie daran denkt. Aber am schlimmsten ist ihre eigene Beteiligung an der Sache hier. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte Alex es heute gar nicht zu dem Termin geschafft.
12
»Das kannst du doch nicht machen!«
»Ach? Ich kann mit meinem Körper nicht machen, was ich will?«
»Aber du hast keine Ahnung, worauf du dich da einlässt!«
»Doch, das habe ich. Kaarina ist eine bekiffte Hure, und Goran ist ein verdammtes Schwein, aber ich werde diesen Job machen.«
Sie sind auf dem Weg über die Gleise zu dem Betonraum im U-Bahn-Tunnel am Mariatorget und reden laut schimpfend aufeinander ein.
»Warum glaubst du bloß, dass du strippen und herumhuren musst, um zu überleben?«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich das muss«, zischt Alex Jonna über die Schulter zu.
»Aber bei einem Vergewaltigungsversuch wie von Victor zuckst du nur mit den Achseln?«
»Weil es kein Vergewaltigungsversuch war.«
»Du bist wirklich total durchgeknallt.«
»Danke gleichfalls.«
Im Betonraum ist es fast leer, dort sitzt nur Elina. Elina! Jonna freut sich, sie zu sehen. Elina hockt unter einer blassen Wandleuchte, liest Mangas und trinkt Bier, das sieht richtig gemütlich aus. Sie begrüßen einander, setzen sich dazu, und Alex geht wie selbstverständlich davon aus, dass Elina ihr Bier mit ihnen teilt.
»Du, das ist genau das, was ich grade brauche.«
Sie nimmt große Schlucke aus der Dose, und Elina protestiert nicht, sondern sieht sie nur ruhig an.
Jonna fällt der Raum mit dem Müllschlucker ein, und sie bittet Elina: »Erzähl Alex mal, wo du wohnst.«
Elina öffnet den Mund, um etwas zu sagen, doch da schneidet Alex ihr das Wort ab und erklärt, sie wisse schon, wo Elina wohnt. Und dann fügt sie hinzu: »Man kann auch so wohnen wie Niki.«
»Wie wohnt die?«
»Mit einem alten Sack in einem Verbindungsgang.«
»Einem Verbindungs-was?«
Jonna fragt, obwohl ihr eigentlich egal ist, wo Niki wohnt, sie will einfach nicht, dass Alex in dem Pornoclub arbeitet. Doch plötzlich stutzt sie und zeigt auf das Spraygemälde, an dem die Jungs gestern gearbeitet haben. Ihr scheint, dass es gewachsen ist. »Glaubst du, Minken war hier? Ob es ihm wieder gut geht?«, fragt sie eifrig, doch Alex zuckt nur mit den Schultern und redet weiter von Niki.
»Verbindungsgänge sind lange Tunnel unter den Straßen, die gibt es überall in der Stadt. Sie verlaufen zwischen Schutzräumen, Abflussrohren und Tunneln, Müllschluckern, Lagerräumen und wieder Abflussrohren, das ist ein gigantisches Labyrinth und riesig groß.«
Ja, aber da kann man doch nicht wohnen, oder? Wie ein verdammter Maulwurf tief unter der Erde? Jonna stockt der Atem, sie starrt Alex an und muss nachfragen.
»Die Niki, die ich kennengelernt habe? Und die du auf einer Jugendfarm getroffen hast?«
Ja, Alex nickt, und Jonna dreht sich der Magen um. Das muss ja schrecklich dunkel, kalt und widerlich sein, neben einem Abflussrohr zu leben. Wie das wohl stinkt und dreckig ist, und was ist das für ein alter Typ? Jonna steigen die widerlichsten Bilder in den Kopf, und sie hat plötzlich eine Gänsehaut am ganzen Körper.
»Hör auf, ich will gar nicht mehr davon wissen!«
»Okay. Aber ich sehe hübsch aus, ich habe einen Körper, den Männer haben wollen, und deshalb tanze ich lieber mal ab und zu, als wie eine Ratte zu wohnen.«
Uh, das zu sagen ist wirklich mies, wo doch Elina daneben sitzt! Jonna wirft ihr einen besorgten Blick zu; hat sie das gehört oder ist sie wieder in ihr Manga versunken? Hat sie das verletzt, steht sie deshalb jetzt auf? Ja, sieht ganz so aus, Elina steht schweigend auf, geht zum Gleis und springt auf die Schienen. Ohne sich zu verabschieden oder sich auch nur umzudrehen läuft sie auf das Licht und den Bahnsteig zu. Jonna ruft ihr nach und dreht sich dann wütend zu Alex um.
»Kannst du dich nicht wenigstens entschuldigen?«
Ach was. Alex zuckt mit den Schultern. Warum denn? Es ist doch die Wahrheit, und Elina weiß das auch, warum sollte sie sich dafür entschuldigen, wenn sie die Wahrheit sagt?
»Außerdem hat sie das Wichtigste hiergelassen.«
Alex grinst und nimmt noch einen Schluck von dem Bier, das noch dasteht.
»Niki ist von ihrem Vater rausgeschmissen worden, als der wieder geheiratet hat. Offenbar hat er sie jahrelang sexuell missbraucht, da gab es eine Menge Scheiß, und da hat sie ihn bei der Polizei angezeigt und versucht, ihn in den Knast zu bringen.«
Jonna will eigentlich
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