Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Müllschlucker kam.«
Mein Müllschlucker?
»Wie, wohnst du da drin?«
»Nein, eigentlich nicht, aber im Moment schon.«
Elina spielt das mit einem Lachen herunter, aber Jonna sperrt den Mund auf.
»Du wohnst wirklich in einem Müllschlucker?«
»Also, eigentlich wohne ich bei meinem Vater und meinem großen Bruder.«
»Aber was ist, wenn sie da leeren? Oder was wegwerfen?«
»Ich habe eine kleine Nische vor dem Müllschlucker. Das Wohnungsamt hat überall die Schlösser auswechseln lassen, aber die Nische haben sie vergessen. Deshalb komme nur ich dort rein, sonst niemand, und ich hab sie schon lange. Aber jetzt muss ich zu einer Besprechung.«
Elina deutet mit einem Nicken zum Enter hinüber und winkt.
»Komm doch mal vorbei, dann zeige ich es dir. Ich habe eine Ausstellung gemacht!«
Eine Ausstellung? Was soll das denn sein? Jonna sieht Elina erstaunt nach.
11
Jonna muss lange suchen, um das Wohnheim wiederzufinden, und sie ist in Eile, denn die Sonne geht schon langsam unter und sie haben doch einen wichtigen Termin. Um vier Uhr müssen Alex und sie auf der Kungsgatan sein, wo immer die auch liegt.
Endlich entdeckt sie ein Haus, das das richtige sein könnte. Im dritten Stock hängt ein Rollo wie ein Fächer herunter, und ihr Herz schlägt schneller vor Freude, als sie sieht, dass das Fenster außerdem einen Spaltbreit offen steht.
»Hallo! ALEX!«
Sie macht ein paar Schritte auf die Straße hinaus und ruft und pfeift so laut sie kann. Um hineinzukommen, braucht sie den Türcode, aber vor allem will sie sich vergewissern, dass Victor nicht mehr im Haus ist.
Keine Reaktion.
Sie kratzt ein paar kleine Steinchen aus dem Eis und versucht, die Fensterscheibe zu treffen. Beim ersten Wurf klappt es nicht, aber dann trifft sie mit einem perfekten Knall. Und es ist auch das richtige Fenster, denn jetzt steckt Minken den Kopf heraus.
»Was soll das?«
»Ist Alex wach?«
»Zumindest lebt sie.«
Er wirft etwas herunter, wahrscheinlich den Schlüssel, aber Jonna fragt trotzdem erst: »Halt mal – ist von deinen Kumpeln noch einer da?«
»Nein, aber wenn du weiter so schreist, kommt gleich die Aufsicht.«
Minken sieht vorsichtshalber noch einmal in alle Richtungen, dann knallt er das Fenster zu.
»Du, wir müssen los!«
Im Zimmer ist es eiskalt, aber der Gestank nach Restalkohol ist trotzdem erstickend. Minken sitzt am Computer, und Jonna setzt sich auf die Bettkante, atmet durch den Mund und zerrt an dem Kissen, das Alex sich über den Kopf gezogen hat.
»Möchtest du etwas Wasser?«
»Näh, aber einen Eimer.«
Alex streckt die Hand aus und wedelt, als ob es eilig wäre. Jonna eilt zur Küchenzeile, reißt alle Schränke auf, findet aber keinen Eimer, greift dann eine Plastiktüte und rennt zurück zum Bett. Sie fährt angeekelt zurück, als Alex die Tüte laut platschend mit Kotze füllt, dann besinnt sie sich und hält, in dem Versuch, eine gute Freundin zu sein, Alex ein paar schwarze Haarsträhnen aus dem Gesicht.
Danach eilt sie wieder zur Küche, spült einen Plastikbecher von gestern aus, füllt ihn mit Wasser und stürzt wieder zum Bett. Sie kommt sich vor wie Mutter Teresa, als sie Alex hilft, sich hinzusetzen, und ihr den Becher gibt.
»Oh nein, oooh …«
»Doch, es wird dir besser gehen, wenn du was trinkst.«
»Ich will nicht. Ich werde nie wieder trinken.«
»Wasser, Alex! Das ist Wasser!«
Endlich. Alex zwingt das Wasser in kleinen Schlucken in sich hinein, und Jonna holt noch mehr, aber sie ist besorgt und gestresst. Alex sieht richtig grün aus im Gesicht, wie um Himmels willen soll sie heute ein Vortanzen bewältigen? Gehorsam leert Alex auch den zweiten Becher, aber dann fällt sie wieder aufs Bett zurück, zieht sich die Decke über den Kopf und zittert.
»Ich bin krank! Mach mal bitte die Lampe aus, damit ich schlafen kann.«
»Nein, du musst jetzt aufstehen. Dein Vortanzen, Alex, es ist schon superspät!«
Jonna wirft Minken einen fragenden Blick zu, doch der schüttelt nur den Kopf und geht zur Toilette. Dieses Problem muss sie offensichtlich allein lösen. Aber wie nur? Wenn ihre Oma einen Kater hat, dann muss man sie einfach nur liegen lassen, bis es vorbei ist, aber als Frührentnerin hat man auch nicht viele Termine einzuhalten.
»Hast du irgendwo Kopfschmerztabletten? Oder warte mal, ich hab ein Frühstück für dich.«
Jonna fällt ein, dass sie ja noch die Brote aus dem Enter hat und holt die Plastiktüte heraus. Sie hält Alex eines der Brote unter die
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