Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 9
war ja von ihr schließlich nicht bedroht oder sogar bestohlen oder verletzt worden. Das einzige, was sie ihm weggenommen hatte, waren seine Vorbehalte gegen weibliche Fähigkeiten. Jedenfalls hoffte sie das. Kate brachte das Fahrzeug zum Stehen und stieß die Luke wieder auf.
„Ich habe jetzt keine Zeit mehr. Erzähle deinen Freunden, was du erlebt hast. Vielleicht geht ja in eure Dickschädel, dass jetzt moderne Zeiten herrschen und wir im 19. Jahrhundert leben.“
Der Makhras-Anhänger nickte verwirrt und verließ fluchtartig die Kupfer-Krabbe. Kate wollte nun endlich höchstpersönlich nach ihrer Freundin suchen. Es kam ihr so vor, als ob Khapa schon eine halbe Ewigkeit im Inneren des ehemaligen Tempels war. James kam zu Kate, als sie auf den Haupteingang losstürmte.
„Willst du wirklich dort hinein? Es könnten sich noch mehr von Makhras’ Männern irgendwo verkrochen haben. Du bist nicht bewaffnet.“
„Du auch nicht, Liebster. Außer dem Gurkha und dem Großwildjäger hat doch keiner von uns einen Schießprügel. Aber ich glaube, dass die meisten von unseren Gegnern schon die Flucht ergriffen haben. Außerdem ist jetzt ihr scheinbar unbesiegbarer Roboter-Tiger nur noch ein Haufen Schrott. – Ich muss einfach selbst dort hinein, verstehst du das nicht?“
„Doch, natürlich. Aber ich bleibe in deiner Nähe.“
Das war Kate insgeheim nur recht. Es kostete sie sowieso große Überwindung, Makhras’ Hauptquartier noch einmal zu betreten. Die düstere Erinnerung an ihre Zeit als willenlose Puppe in Sunas Gewalt war ihr noch sehr präsent. Aber gerade deshalb wollte sie Eileen unbedingt dort herausholen.
Kate drehte sich halb zu Devran um, der genau wie Benson und Fletcher ebenfalls die Tempelanlage betreten wollte.
„Wo könnte Makhras meine Freundin gefangen halten?“
„Das weiß ich leider nicht genau, Kate. Es gibt hier unzählige Versteckmöglichkeiten. Ihr habt ja wahrscheinlich auch schon bemerkt, dass es einen Hauptturm und vier kleinere Ecktürme gibt. Unter dem Hauptturm befindet sich der sogenannte Schoßraum, das Allerheiligste. Aber dort hat Makhras seine Privatgemächer. Mir ist nicht bekannt, dass dort Gefangene untergebracht werden. Es gibt aber viele Mönchskammern im Süd- und Nordflügel, von denen die meisten keine Fenster haben. Dort könnte deine Freundin irgendwo stecken. Ich schlage vor, dass ihr auf der nördlichen Seite sucht. Ich schaue mich in der entgegengesetzten Richtung um.“
Devran zeigte mit dem Arm in die Richtung, wo sich Norden befand. Dann wandte er sich um und war wenig später im Halbdunkel verschwunden.
„Mr Fletcher und ich übernehmen einen anderen Bereich des Tempels“, sagte Benson. „Wir treffen uns dann später alle am Eingang wieder. Dort wird Mr Bone-Carruthers uns weiterhin den Rücken freihalten und dafür sorgen, dass wir keine unangenehme Überraschung erleben.“
Kate und James waren einverstanden. Sie drangen in den mit seltsamen Fresken geschmückten und teilweise baufälligen Nordflügel vor. Wenig später waren die Schritte ihrer Gefährten nicht mehr zu hören. Doch sie begegneten auch nicht Makhras oder einem seiner Helfer. Totenstille herrschte hier. Durch Löcher im undichten Dach drangen wenige Lichtstrahlen herein, an denen sie sich orientieren konnten.
„Devran scheint über dich hinweggekommen zu sein“, stellte James halblaut fest.
„Ja, das glaube ich auch. Ich bin froh, dass jetzt zwischen euch Frieden herrscht. Er ist ein feiner Kerl.“
„Ich weiß. Die Bruderschaft vom Reinen Herzen prüft genau, wen sie in ihre Reihen aufnimmt. Wir … Was war das?“
Auch Kate hatte ein scharfes metallisches Geräusch gehört. War gerade ein Revolverhahn gespannt worden? Kate wurde bewusst, dass man James und sie problemlos aus dem Hinterhalt erschießen konnte. Sie standen mitten in einem hell beleuchteten Teil des Tempels. Hinter ihnen lag eine umgefallene Götterstatue, die vor langer Zeit ein Loch in der Außenmauer verursacht haben musste. Die Skulptur wurde bereits von Flechten überwuchert.
„Ich sehe mal nach.“
James machte ein paar schnelle Schritte und war hinter der liegenden Statue verschwunden. Kate konnte ihm so schnell nicht folgen, da sie mit ihrem Kleid-Saum an einem großen Stein hängenblieb. Für einen Moment verlor sie ihn aus den Augen. Kate fluchte und riss an dem Stoff. Dann eilte sie hinter ihrem Verlobten her. Aber er kam schon wieder auf sie zu.
„Ah, da bist du ja! Hast du etwas finden
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