Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1
Sekunde lang auf das summende Gerausch, das dabei entstand. Dann richtete er die Waffe mit einer langsamen Bewegung auf Delãny.
Es war Andrej unangenehm, die Waffe in Sergés Hand zu sehen. Er hatte es nie zugelassen, daß irgend jemand außer ihm selbst oder Raqi sein geheiligtes Sarazenenschwert berührte. Trotz seiner Schwäche wäre es ihm ein Leichtes gewesen, Sergé das Schwert zu entringen, aber er beherrschte sich und sagte nur sehr ruhig: »Sei vorsichtig damit. Die Klinge ist sehr scharf.«
»Nenn mir einen triftigen Grund, warum ich sie nicht an deiner Kehle ausprobieren sollte, Andrej Delãny«, sagte Sergé.
»Es wäre dumm«, antwortete Andrej. »Und du machst nicht den Eindruck eines Dummkopfes.«
»Dumm?«
Andrej deutete ein Schulterzucken an. »Ihr habt Frederic und mich mühsam hierher gebracht«, sagte er. »Wozu die Mühe, wenn ihr mich dann doch erschlagen wollt?«
Für die Dauer von zwei, drei Atemzügen starrte ihn Sergé einfach nur an. Dann verzog er die Lippen zu etwas, das vielleicht ein Lächeln sein sollte, möglicherweise aber auch das genaue Gegenteil. »Vielleicht, weil ich dir vorher noch ein paar Fragen stellen will, Delãny«, sagte er.
»Und welche?«
»Die Fremden«, sagte Sergé. »Die Männer, die das Gasthaus angezündet und meine Brüder getötet haben - wer sind sie?«
»Wieso glaubst du, daß ich das weiß?« fragte Andrej ausweichend.
»Weil sie deinetwegen gekommen sind, Delãny«, sagte Sergé zornig. »Du wußtest es.«
Andrej wollte widersprechen, aber er konnte es nicht, E.r schwieg lange, dann hob er langsam die Hand und drückte die Klinge hinunter, die Sergé noch immer auf sein Gesicht gerichtet hielt.
»Ich wußte, daß sie Frederic und mich suchen«, gestand er. »Das ist wahr. Aber ich wußte nicht, daß sie so weit gehen würden, das schwöre ich.«
»Ich glaube dir, Delãny«, sagte Sergé. »Aber ich frage mich, was an dir so gefährlich ist, daß sie lieber einen ganzen Gasthof niederbrennen und ein Dutzend Männer töten, statt dich einfach zu überwältigen, wie sie es mit Leichtigkeit hätten tun können. Was bist du, Delãny - ein Zauberer ? Oder der Teufel ?«
»Nichts von beidem«, antwortete Andrej. »Ich verstehe es so wenig wie du. Vielleicht macht es ihnen einfach Spaß, Menschen zu töten.« Er deutete auf Frederic. »Sie haben seine ganze Familie ausgelöscht. Vollkommen grundlos.«
»Wer sind sie?« fragte Sergé. Er hob das Sarazenenschwert erneut, und diesmal fiel es Andrej wirklich schwer, ihm die Waffe nicht einfach zu entreißen.
»Warum willst du das wissen?« fragte er.
»Weil ich sie töten werde«, sagte Sergé hart. »Ich habe einem von ihnen meinen Dolch ins Herz gestoßen, doch sie waren zu dritt. Ich werde sie suchen, und ich werde sie töten, ob mit oder ohne deine Hilfe. Aber mit deiner Hilfe geht es schneller.«
Krusha hob die Hand und drückte Sergés Arm herunter, der das Sarazenenschwert hielt. »Verzeiht meinem Bruder, Delãny«, sagte er leise. »Der Schmerz trübt seine Sinne.«
Sergé funkelte ihn an. »Er ist es uns schuldig!«
»Halt den Mund, Sergé«, sagte Krusha müde. Er schüttelte den Kopf, seufzte tief und nahm seinem Bruder schließlich die Waffe aus der Hand. Umständlich schob er die Klinge in ihre lederne Scheide zurück und reichte sie dann Andrej.
»Ihr seid uns nichts schuldig, Delãny«, sagte er leise. »Verzeiht meinem Bruder. Nehmt den Jungen und geht, wenn ihr wollt. Wir werden euch nicht aufhalten.«
Andrej nahm sein Schwert entgegen und warf einen sehr langen, nachdenklichen Blick zu Frederic hinüber, ehe er antwortete. »Es tut mir wirklich leid«, sagte er leise. »Ich wollte, ich könnte ungeschehen machen, was geschehen ist. Aber das kann niemand.«
»Und du kannst uns auch nicht helfen, die Männer zu finden«, sagte Sergé verächtlich.
»Vielleicht kann ich es«, antwortete Andrej. Dann verbesserte er sich und sagte: »Ich könnte es. Aber ich würde euch damit einen schlechten Dienst erweisen.«
»Einen noch schlechteren, als du uns schon erwiesen hast?« fragte Sergé verächtlich. »Vranjevc und Ansbert sind tot. Und ich werde für den Rest meines Lebens an diese Nacht erinnert werden.« Er deutete auf sein Gesicht. »Welcher Dienst könnte wohl noch schlechter sein?«
»Ihr könntet ebenfalls sterben«, antwortete Andrej ernst. »Glaub mir, Sergé mit diesen Männern ist nicht zu spaßen.«
»Mit mir auch nicht«, antwortete Sergé böse. »Einen von ihnen habe ich bereits getötet. Und
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