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Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
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Kopfschütteln wieder an Maria wandte. »Es ist schon so, wie ich immer sage«, seufzte er. »Man kann dich keinen Moment aus den Augen lassen. Ich hoffe, meine Schwester hat Euch nicht belästigt. Sie ist manchmal ziemlich keck, müßt Ihr wissen.«
Andrej entgegnete nichts auf diese Bemerkung, und er war sich ziemlich sicher, daß Domenicus eine Antwort nicht einmal zur Kenntnis genommen hätte. Der Inquisitor war kein Geistlicher von der Art, wie Andrej sie kannte - kein Mann des Volkes, sondern einer, der über dem Volk stand und das Wissen darum wie einen unsichtbaren Schild vor sich her trug.
Und er war vor allem der Mörder seines Sohnes, Baraks und der anderen aus dem Borsã-Tal.
Diese Erkenntnis traf Andrej mit einigen Sekunden Verzögerung, dafür aber mit um so heftigerer Wucht. Plötzlich begannen auch seine Hände zu zittern, und für einen Moment verschwamm die Gestalt des Geistlichen vor seinen Augen. Sein Herz raste, er mußte sich mit aller Macht beherrschen, nicht sein Schwert zu ziehen und den Mann auf der Stelle zu töten. Hätte Domenicus ihn in diesem Moment angeblickt, hätte er in Andrejs Augen zweifellos dessen Gedanken gelesen.
Der Inquisitor sah aber nicht ihn, sondern Frederic an, und er tat dies auf eine sehr sonderbare Art; nicht einmal unfreundlich, aber doch in gewisser Weise mißtrauisch und zugleich auch verwirrt.
»Warum bist du so erschrocken, Kleiner?« fragte er. »Kennen wir uns?«
»Ihr … Ihr seid …«, stammelte Frederic.
Domenicus seufzte. »Ich verstehe«, sagte er. »Ja, du hast recht, mein Junge. Ich bin Vater Domenicus, und bevor du fragst: Ja, ich bin der Inquisitor, der zu Gast im Schloß ist. Aber was immer man dir auch erzählt haben mag, du hast keinen Grund, mich zu fürchten.«
»Aber Ihr…«
»Sei still, Frederic«, sagte Andrej. Auch seine Stimme zitterte. Er räusperte sich, zwang sich, einen möglichst gleichmütigen Gesichtsausdruck aufzusetzen, und wandte sich mit einer steifen Bewegung wieder Domenicus zu.
»Bitte, verzeiht meinem Neffen, Hochwürden. Er ist ein dummes Kind, das jeden Unsinn glaubt, den es aufschnappt.«
»Welchen Unsinn hat er denn aufgeschnappt?« fragte Domenicus kühl. Er lächelte, aber es war das kälteste Lächeln, das Andrej jemals auf den Lippen eines Menschen gesehen hatte. Seine linke Hand spielte gedankenverloren mit dem goldenen Kreuz, das vor seiner Brust hing.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Andrej. »Bitte, verzeiht noch einmal, daß wir Euch belästigt haben. Wir müssen nun wirklich gehen. Frederic - Komm!«
Frederic schien seine Worte gar nicht wahrzunehmen, sondern starrte weiterhin den Inquisitor an. Schließlich packte Andrej ihn an der Schulter und zog ihn zu sich heran. Mit einem kurzen Nicken in Marias Richtung drehte er sich um und wollte gehen, doch da sagte Vater Domenicus völlig unerwartet: »Aber warum habt Ihr es denn so eilig? Ich würde gerne noch ein wenig mit Euch plaudern, Andrej Delãny.«
Andrej erstarrte mitten in der Bewegung. Seine Hände schlössen sich fest um Frederics Schulter, und sein Herzschlag verlangsamte sich und wurde so schwer, daß er ihn bis in die Fingerspitzen fühlen konnte.
Nach und nach löste er die Hand von Frederics Schulter, schob den Jungen unauffällig ein Stück von sich fort und drehte sich wieder zu Domenicus herum. Seine rechte Hand schlug den zerrissenen Mantel zurück und legte sich auf den Griff des Sarazenenschwertes.
Der Inquisitor war nicht mehr allein. Hinter ihm standen zwei Männer in schwarzen Lederrüstungen und knöchellangen, schweren Wollmänteln; Andrej mußte sich nicht umschauen, um zu wissen, daß auch hinter ihm Bewaffnete aufgetaucht waren. Von den goldenen Rittern war nichts zu sehen, aber er konnte sich gut vorstellen, daß sie sich hier in der Nähe aufhielten.
Sein Blick suchte den Marias. Die junge Frau sah vollkommen verwirrt von ihrem Bruder zu ihm und wieder zurück. Entweder verstand sie nicht, was vor sich ging, oder sie war die beste Schauspielerin, die er je kennengelernt hatte.
»Domenicus, was …«
»Du solltest jetzt besser gehen, Maria«, sagte der Geistliche. »Es könnte gefährlich werden.«
»Was soll das heißen?!« Marias Stimme klang scharf, fast aggressiv. »Ich verlange eine Erklärung! Du kennst diesen Mann?«
»Das soll heißen, daß Ihr mich in eine Falle gelockt habt«, sagte Andrej. »Wie ich vermute, hat Euch Euer Bruder gestern auf uns aufmerksam gemacht - auch wenn er es vermutlich sehr geschickt angestellt

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