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Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
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er ist ein transsilvanischer Barbar. Anscheinend ist ihm nicht einmal bewußt, in welcher Situation er sich befindet.«
Der Angesprochene hob die Hand, um den Herzog zum Schweigen zu bringen, und wandte sich direkt an Andrej. »Ist das so, Delãny?« fragte er. »Wißt Ihr überhaupt, warum Ihr hier seid? Was man Euch vorwirft?«
Andrej verstand immer weniger, was hier vorging. Daß dieser ganze sogenannte Prozeß nichts anderes als eine Farce sein würde, war ihm vollkommen klar; Demagyar hatte ihm ja offen gesagt, daß das Urteil bereits feststand. Nach Graf Bathorys Worten wäre der fast beschwörende Blick, den der Herzog ihm zuwarf, kaum mehr nötig gewesen, um klarzumachen, daß seine Richter ihm eine goldene Brücke bauen wollten. Aber was sollte das alles?
»Ich sage Euch doch, Graf Bathory«, beharrte Demagyar, als Andrej immer noch nicht antwortete, »er ist ein Narr. Seine Komplizen haben ihn vorausgeschickt, weil er dumm genug ist, sich auf ein solch aussichtsloses Unternehmen einzulassen.«
»Das mag sein«, mischte sich jetzt der zweite Fremde ein. »Ich bin trotzdem dafür, ihn einer peinlichen Befragung zu unterziehen. Vielleicht spielt er ja nur den Dummkopf.«
»Was sollte ihm das nutzen, Florescu?« fragte der Herzog. »Er weiß, daß er keine Gnade zu erwarten hat.« Er räusperte sich, sah Andrej einen Moment lang ausdruckslos an und erhob sich.
»Also gut, Andrej Delãny vom Borsã-Tal, ich beschuldige Euch offiziell folgender schwerer Verbrechen: Da wäre zum ersten der versuchte Diebstahl des herzoglichen Schatzes, sowie der Einbruch in unser Schloß und insbesondere in unsere Schlafgemächer. Ferner der tätliche Angriff auf Ják Demagyar, den Herzog von Constãntã und Stellvertreter des Königs.« Er wedelte mit seiner verletzten Hand. »Du weißt es vielleicht nicht, Wilder, aber nach unserer Rechtsprechung muß jeder tätliche Angriff auf den Herzog unverzüglich mit dem Tode geahndet werden. Gibst du diese Verbrechen zu?«
Den toten Soldaten erwähnte er nicht einmal. Aber schließlich hatte der Mann ja auch nur das getan, wozu Soldaten in Demagyars Augen da waren: Er war gestorben.
»Habe ich denn eine andere Wahl?« fragte Andrej.
Diesmal hielt Demagyar den Soldaten nicht davon ab, ihn zu schlagen. Andrej gab aber auch jetzt keinen Laut von sich, wenngleich es ihm schwerfiel, sich auf den Beinen zu halten.
»Es ist sinnlos«, seufzte der Herzog. »Trotzdem will ich Euch noch eine Chance geben.«
Er stand auf, ging zu einem kleinen Tischchen, das neben dem Kamin aufgestellt war, und kam mit zwei bauchigen Lederbeuteln zurück.
»Ihr wurdet mit drei von diesen Beuteln überrascht, Andrej Delãny«, sagte er, während er die zwei angeblichen Beweisstücke vor sich auf den Tisch stellte, »in denen Ihr Euer Diebesgut fortbringen wolltet. Zwei konnten Euch entrissen werden, aber mit dem dritten sind Eure Komplizen entkommen - und das heißt: unglücklicherweise auch mit einem Drittel unseres Vermögens.« Er lächelte gezwungen. »Wir hätten dieses Drittel gerne zurück, Andrej Delãny.«
Andrej verstand nun gar nichts mehr. Ják Demagyar wußte vermutlich als einziger hier im Raum, wo sich Krusha und Sergé und mit ihnen auch der Rest der Beute befanden. Warum wollte der Herzog sich selbst bestehlen?
»Ich weiß nicht, wovon Ihr redet«, sagte Andrej.
Florescu schlug wütend mit der flachen Hand auf den Tisch. »Werde nicht unverschämt, Kerl! Du solltest besser antworten. Wenn nicht, so verfügen wir durchaus über gewisse Methoden, deine Zunge zu lösen!«
»Wer sind deine Komplizen?« fragte Graf Bathory. »Wo habt ihr euch verabredet? Und wer hat euch von der Schatztruhe des Herzogs erzählt?«
»Oder wart Ihr am Ende gar nicht hinter dem Geld her?« fügte Demagyar hinzu und hob mit einer dramatischen Bewegung seine verletzte Hand. »Sollte Euer Messer am Ende meine Kehle treffen, nicht nur meine Hand?«
»Wenn ich Euren Tod gewollt hätte, dann könntet Ihr diese Frage jetzt nicht mehr stellen«, entgegnete Andrej ruhig. Er spannte sich, aber der erwartete Schlag in den Nacken blieb aus.
Der Herzog seufzte, blickte erst zu Andrej, dann zu dem Soldaten hinter dem Angeklagten und bewegte fast unmerklich den kleinen Finger der rechten Hand; praktisch im selben Moment explodierte ein so gräßlicher Schmerz in Andrejs Nieren, daß er mit einem Stöhnen auf die Knie sank und sekundenlang gegen eine drohende Bewußtlosigkeit ankämpfte.
»Unsere Geduld ist bald erschöpft, Delãny«,

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