Hohle Köpfe
keine
richtigen
Beweise. Was konnte er vorweisen? Ein Gespräch mit einem ziemlich wirren Korporal Nobbs, der eigentlich gar nichts gesehen hatte. Im Prinzip standen ihm nur Indizien zur Verfügung, und deren Bedeutung konnte sich ebenso leicht verflüchtigen wie Nebel im Sonnenschein. Einige Verdachtsmomente und viele Zufälligkeiten bildeten ein Kartenhaus ohne Fundament.
Wieder sah er auf das Notizbuch hinab.
Jemand schien ziemlich hart gearbeitet zu haben. Oh, ja, er selbst.
Die Ereignisse des vergangenen Abends erschienen noch einmal vor seinem inneren Auge. Was hatten all die gekritzelten Hinweise auf ein Wappen zu bedeuten?
Oh, natürlich…
Natürlich!
Zehn Minuten später öffnete Mumm die Tür des Töpferladens. Warme Luft wogte ihm entgegen und trieb die feuchte Kälte des Nebels zurück.
Karotte und Detritus schliefen zu beiden Seiten des Ofens auf dem Boden. Verdammt. Mumm brauchte jemanden, dem er trauen konnte, doch er brachte es nicht übers Herz, die beiden Schlafenden zu wecken. In den letzten Tagen hatte er sie alle mächtig angetrieben…
Jemand klopfte von innen an an die Tür des Ofens.
Der Griff drehte sich, und die lukenartige Tür schwang weit auf.
Etwas
kletterte und rutschte aus dem Ofen.
Mumm war noch immer nicht ganz wach. Erschöpfung und die aufdringlichen Phantome von Adrenalin trieben sich am Rand seines Bewußtseins herum, hinderten ihn jedoch nicht daran, eine brennende Gestalt zu sehen, die sich vor ihm aufrichtete.
Der rotglühende Leib knisterte und knackte immer wieder, als er abkühlte. Die Bodendielen unter seinen Füßen verkohlten und qualmten.
Der Golem hob den Kopf und sah sich um.
»Du!« Mumm richtete einen zitternden Zeigefinger auf ihn. »Komm mit!«
»Ja«, sagte Dorfl.
Drachenkönig von Wappen betrat seine Bibliothek. Schmutzige hohe Fenster und Nebelreste ließen dort ständige graue Düsternis herrschen, der hundert Kerzen ihr Licht hinzufügten.
Er nahm am Schreibtisch Platz, zog ein Buch zu sich heran und begann zu schreiben.
Nach einer Weile hielt er inne und sah auf. Es war völlig still, bis auf ein gelegentliches leises Zischen einer Kerze.
»Ah-ha. Ich rieche dich, Kommandeur Mumm«, sagte er. »Haben dich die Herolde hereingelassen?«
»Ich habe den Weg allein gefunden«, erwiderte Mumm und trat aus den Schatten.
Der Vampir schnupperte. »Bist du allein gekommen?«
»Wen sollte ich mitgebracht haben?«
»Und welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen, Sir Samuel?«
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, sagte Mumm. »Weil ich dich verhaften werde.«
»Ach du meine Güte. Ah-ha. Weswegen denn, wenn ich fragen darf?«
»Vielleicht sollte ich deine Aufmerksamkeit auf den Bolzen in dieser Armbrust richten«, entgegnete Mumm. »Es ist kein Metall in der Spitze. Das Geschoß besteht rein aus Holz.«
»Sehr interessant. Ah-ha.« Drachenkönig von Wappen musterte den Kommandeur, und seine Augen funkelten. »Du hast mir noch nicht gesagt, was man mir zur Last legt.«
»Mittäterschaft bei der Ermordung von Frau Flora Leicht und eines kleinen Kindes namens Willibald Leicht. Und das ist erst der Anfang.«
»Ich fürchte, die Namen sagen mir nichts.«
Mumms Finger zuckte kurz am Abzug. »Nein«, sagte er und atmete tief durch. »Das habe ich auch nicht anders erwartet. Nun, die Ermittlungen dauern an; vermutlich ergibt sich noch das eine oder andere. Daß du den Patrizier vergiftet hast, ziehe ich dabei als mildernden Umstand in Erwägung.«
»Willst du wirklich Anklage erheben?«
»In diesem Fall wäre mir Gewalt lieber«, räumte Mumm ein. »Aber ich schätze, ich muß mich mit der Anklage begnügen.«
Der Vampir lehnte sich zurück. »Du hast hart gearbeitet, wie ich hörte«, sagte er. »Deshalb verzichte ich darauf…«
»Wir haben die Aussage von Herrn Traggut«, log Mumm. »Vom
versto
r
benen
Herrn Traggut.«
Drachenkönigs Gesichtsausdruck blieb völlig unverändert. »Ich weiß überhaupt nicht, ah-ha, wovon du redest, Sir Samuel.«
»Mein Büro konnte nur jemand erreichen, der fliegen kann.«
»Ich fürchte, das verstehe ich nicht ganz…«
»Gestern abend ist Herr Traggut umgebracht worden«, fuhr Mumm fort. »Von jemandem, der aus einer Gasse verschwand, die an beiden Enden bewacht wurde. Und ich weiß, daß sich ein Vampir in Tragguts Fabrik aufgehalten hat.«
»Ich versuche noch immer vergeblich, dich zu verstehen, Kommandeur«, sagte Drachenkönig von Wappen. »Ich weiß nichts vom Tod des Herrn Traggut, und
Weitere Kostenlose Bücher