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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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anderes lebendes Geschöpf an diesem Ort aufgehalten.«
    »Aber du hast doch gesagt, daß
jeder
eine Spur hinterläßt.«
    »Ja. Das stimmt auch.«
    Karotte sah auf den toten Kurator hinab. Ganz gleich, wieviel Phantasie er investierte: Der Mann konnte unmöglich Selbstmord begangen haben. Nicht mit einem Laib Brot.
    »Vampire?« fragte Karotte. »Sie können fliegen…«
    Angua seufzte. »Ich könnte einen Vampir riechen, der das Museum im vergangenen
Monat
besucht hat.«
    »In der Schublade liegt fast ein halber Dollar in kleinen Münzen«, sagte Karotte. »Und ein Dieb hätte es wohl eher auf das Kampfbrot abgesehen, oder? Es ist ein sehr wertvolles kulturelles Artefakt.«
    »Hat der arme Mann Verwandte?« erkundigte sich Angua.
    »Eine ältere Schwester, soweit ich weiß. Einmal im Monat bin ich vorbeigekommen, um ein wenig mit dem Kurator zu plaudern. Er hat mir erlaubt, beim Sortieren der Ausstellungsstücke zu helfen.«
    »Das macht sicher viel Spaß.« Angua konnte die Worte einfach nicht zurückhalten.
    »Es war sehr… befriedigend«, sagte Karotte ernst. »Es hat mich an zu Hause erinnert.«
    Angua seufzte und betrat den Raum hinter dem kleinen Museum. Es war das typische Hinterzimmer solch eines Ortes: Dort lagerten all jene Dinge, die auf den Regalen keinen Platz mehr gefunden hatten, unter ihnen auch Objekte zweifelhafter Herkunft, zum Beispiel Münzen mit dem Prägedatum »52 v.d.Z.« Auf kleinen Tischen lagen Zwergenbrotbrocken, ein Werkzeugständer hielt Knethämmer in verschiedenen Größen. An einer Wand stand ein großer Ofen.
    »Der Kurator hat mit alten Rezepten experimentiert«, erklärte Karotte. Offenbar fühlte er sich verpflichtet, auch nach dem Tod des Alten dessen Sachverstand zu loben.
    Angua öffnete die Tür des Ofens. Wärme glitt heraus.
    »Warum ein so großer Backofen?« fragte sie. »Und was ist das?«
    »Ah… Er hat Wurfbrötchen gebacken«, stellte Karotte fest. »Sind aus geringer Entfernung sehr gefährlich.«
    Angua schloß die Tür wieder. »Ich schlage vor, wir kehren zum Wachhaus zurück und…«
    Sie unterbrach sich.
    Nach einem Gestaltwandel gab es oft gefährliche Momente, besonders wenn es nicht mehr lange bis zum Vollmond dauerte – oder wenn dieser gerade erst verstrichen war. In ihrer Identität als Wolf empfand sie das als nicht so schlimm. Sie blieb intelligent oder hatte zumindest das Gefühl, intelligent zu sein. Allerdings erwies sich das Leben als viel einfacher, was vermutlich bedeutete, daß sie »nur« ein sehr intelligenter Wolf war. Schwierig wurden die Dinge erst, wenn sich Angua wieder in einen Menschen verwandelte. Es dauerte einige Minuten, bis sich das morphische Feld stabilisierte, und während dieser Zeit waren ihre Sinne besonders scharf. Dann waren die Gerüche noch immer unglaublich intensiv, und sie konnte Dinge hören, die gewöhnliche menschliche Ohren überhaupt nicht wahrnahmen. Wenn ein Wolf an einem Laternenpfahl schnupperte, stellte er fest, daß der alte Bonzo dort vorgestern vorbeigekommen war, sich nicht ganz wohl fühlte und von seinem Herrchen noch immer Kutteln bekam. Doch das menschliche Selbst war mit der Fähigkeit ausgestattet, über das Warum und Weshalb nachzudenken.
    »Da ist noch etwas«, sagte Angua und atmete langsam ein. »Ganz schwach. Es stammt nicht von einem lebendigen Wesen. Riechst du es nicht? Wie… Schmutz, und doch anders. Es ist gelb und orange.«
    »Äh…«, erwiderte Karotte taktvoll. »Ich habe keine so gute Nase wie du.«
    »Dieser Geruch ist mir schon einmal aufgefallen, in einem anderen Teil der Stadt. An den genauen Ort entsinne ich mich nicht mehr… Er ist stark. Stärker als andere Gerüche. Irgendwie… schmutzig.«
    »Kein Wunder, bei
den
Straßen.«
    »Nein, ich meine keinen Dreck im üblichen Sinn. Es ist schärfer. Schriller.«
    »Weißt du, manchmal beneide ich dich. Es ist sicher interessant, gelegentlich ein Wolf zu sein.«
    »Es hat auch Nachteile.«
Zum Beispiel Flöhe,
dachte Angua, als sie das Museum verließen und die Tür verschlossen.
Und die Nahrung. Und das bohrende Gefühl, daß sie drei Büstenhalter gleichzeitig tragen sollte.
    Sie sagte sich immer wieder, daß sie alles unter Kontrolle hatte, und in gewisser Weise stimmte das auch. Bei Vollmond durchstreifte sie die nächtliche Stadt, und – zugegeben – manchmal genehmigte sie sich ein Huhn. Aber sie wußte stets, wo es geschehen war, und am nächsten Tag schob sie dort etwas Geld unter der Tür durch.
    Es war nicht leicht,

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