Hohle Köpfe
Detritus stapfte durch den großen Laden, blieb vor
den Statuen stehen und starrte auf sie hinab. »Oh, ich ganz ungeschickt
bin und stolpere, und ich mich festhalten an diesem Ding, oh, der Arm
abbricht, und zwar dort, wo ich sehen kann ins Innere der Statue, und
was ich dort sehe, es weißes Pulver zu sein scheint, und es rieseln auf
den Boden ganz durch Zufal .«
Er leckte an einem Finger und probierte das Zeug.
»Platte«, knurrte er und kehrte zum zitternden Eruptiv zurück. »Und
du mir etwas erzählen von Blasphemie, du sedimentärer Koprolith? Du gehorchen Hauptmann Karotte, und zwar sofort, sonst ich dich tragen
nach draußen in einem Sack !«
»Das sein Brutalität der Polizei…«, grummelte Eruptiv.
»Nein, das bisher sein nur schreiende Polizei!« donnerte Detritus. »Wenn du willst ausprobieren Brutalität, so ich nichts habe dagegen!«
Eruptiv versuchte, an Karottes guten Willen zu appellieren. »Es nicht
richtig sein, er Dienstmarke hat, er nicht versuchen darf, mich einzu-
schüchtern…«
Karotte nickte. Seine Augen zeigten ein besonderes Glitzern, dem
Eruptiv besser Beachtung geschenkt hätte. »Das stimmt«, sagte er.
»Feldwebel Detritus?«
»Herr Hauptmann?«
»Wir alle haben einen langen Tag hinter uns. Du kannst den Dienst
jetzt beenden.«
»Ja, Herr Hauptmann!« erwiderte Detritus mit verdächtigem Enthu-
siasmus. Er nahm die Dienstmarke und legte sie behutsam beiseite. An-
schließend machte er Anstalten, die einzelnen Rüstungsteile abzulegen.
»Sieh die Sache so«, sagte Karotte. »Wir erschaffen kein Leben. Wir
geben dem Leben nur einen Platz, an dem es sich entfalten kann.«
Eruptiv lenkte ein. »Na schön, na schön. Einverstanden. Einverstanden .«
Er betrachtete die Scherben von Dorfl und rieb sich die Flechten am
Kinn.
»Ihr die meisten Teile mitgebracht habt«, sagte er. Professionalität ver-
drängte nun den Ärger. »Ich ihn zusammenkleben könnte mit Spezial-
zement, und dann wir könnten brennen ihn in der Nacht. Mal sehen…
Dort drüben ich noch etwas haben müßte…«
Detritus blickte auf seinen Zeigefinger, an dem noch immer weißes
Pulver klebte. Er blinzelte. »Habe ich gerade geleckt dies?« fragte er.
»Ich glaube schon«, erwiderte Karotte.
»Meine Güte, da ich aber dankbar bin«, sagte Detritus und blinzelte
immer schnel er. »Ich schon befürchtet hatte, daß es hier tatsächlich wimmelt von großen haarigen Spinnen… wubbel glubel sklupp…«
Er pral te glücklich auf den Boden.
»Selbst wenn ich neu brenne ihn – ihr nicht machen könnt ihn wieder
lebendig.« Eruptiv kehrte zur Werkbank zurück. »Ihr bestimmt keinen
Priester findet, der schreibt Worte für seinen Kopf.«
»Er wird sich selbst Worte geben«, sagte Karotte.
»Und wer soll im Auge behalten den Ofen?« fragte Eruptiv. »Es min-
destens dauert bis zum Morgen…«
»Ich habe heute nacht ohnehin nichts vor«, meinte Karotte und nahm
den Helm ab.
Mumm erwachte gegen vier Uhr. Er war am Schreibtisch eingeschlafen,
gegen seinen Willen – Körper und Geist hatten einfach abgeschaltet.
Es geschah keineswegs zum erstenmal, daß er mitten in der Nacht ver-
schlafene Augen öffnete. Wenigstens lag er diesmal nicht in etwas Kleb-
rigem.
Er starrte auf den halb fertiggestellten Bericht. Sein Notizbuch lag
daneben. Fleißig geschriebene Worte auf vielen Seiten dokumentierten
den Versuch, eine komplexe Welt mit Hilfe einfacher Überlegungen zu
verstehen.
Mumm gähnte und blickte nach draußen in den Rest der Nacht.
Beweise gab es nicht. Zumindest keine richtigen Beweise. Was konnte er vorweisen? Ein Gespräch mit einem ziemlich wirren Korporal Nobbs,
der eigentlich gar nichts gesehen hatte. Im Prinzip standen ihm nur Indi-
zien zur Verfügung, und deren Bedeutung konnte sich ebenso leicht
verflüchtigen wie Nebel im Sonnenschein. Einige Verdachtsmomente
und viele Zufälligkeiten bildeten ein Kartenhaus ohne Fundament.
Wieder sah er auf das Notizbuch hinab.
Jemand schien ziemlich hart gearbeitet zu haben. Oh, ja, er selbst.
Die Ereignisse des vergangenen Abends erschienen noch einmal vor
seinem inneren Auge. Was hatten al die gekritzelten Hinweise auf ein
Wappen zu bedeuten?
Oh, natürlich…
Natürlich!
Zehn Minuten später öffnete Mumm die Tür des Töpferladens. Warme
Luft wogte ihm entgegen und trieb die feuchte Kälte des Nebels zurück.
Karotte und Detritus schliefen zu beiden Seiten des Ofens auf dem
Boden. Verdammt. Mumm brauchte
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