Hohle Köpfe
jemanden, dem er trauen konnte,
doch er brachte es nicht übers Herz, die beiden Schlafenden zu wecken.
In den letzten Tagen hatte er sie al e mächtig angetrieben…
Jemand klopfte von innen an an die Tür des Ofens.
Der Griff drehte sich, und die lukenartige Tür schwang weit auf. Etwas kletterte und rutschte aus dem Ofen.
Mumm war noch immer nicht ganz wach. Erschöpfung und die auf-
dringlichen Phantome von Adrenalin trieben sich am Rand seines Be-
wußtseins herum, hinderten ihn jedoch nicht daran, eine brennende Ge-
stalt zu sehen, die sich vor ihm aufrichtete.
Der rotglühende Leib knisterte und knackte immer wieder, als er ab-
kühlte. Die Bodendielen unter seinen Füßen verkohlten und qualmten.
Der Golem hob den Kopf und sah sich um.
»Du!« Mumm richtete einen zitternden Zeigefinger auf ihn. »Komm
mit!«
»Ja«, sagte Dorfl.
Drachenkönig von Wappen betrat seine Bibliothek. Schmutzige hohe
Fenster und Nebelreste ließen dort ständige graue Düsternis herrschen,
der hundert Kerzen ihr Licht hinzufügten.
Er nahm am Schreibtisch Platz, zog ein Buch zu sich heran und be-
gann zu schreiben.
Nach einer Weile hielt er inne und sah auf. Es war völlig still, bis auf
ein gelegentliches leises Zischen einer Kerze.
»Ah-ha. Ich rieche dich, Kommandeur Mumm«, sagte er. »Haben dich
die Herolde hereingelassen?«
»Ich habe den Weg al ein gefunden«, erwiderte Mumm und trat aus den
Schatten.
Der Vampir schnupperte. »Bist du allein gekommen?«
»Wen sollte ich mitgebracht haben?«
»Und welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen, Sir Samuel?«
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, sagte Mumm. »Weil ich dich
verhaften werde.«
»Ach du meine Güte. Ah-ha. Weswegen denn, wenn ich fragen darf?«
»Vielleicht sollte ich deine Aufmerksamkeit auf den Bolzen in dieser
Armbrust richten«, entgegnete Mumm. »Es ist kein Metall in der Spitze.
Das Geschoß besteht rein aus Holz.«
»Sehr interessant. Ah-ha.« Drachenkönig von Wappen musterte den
Kommandeur, und seine Augen funkelten. »Du hast mir noch nicht ge-
sagt, was man mir zur Last legt.«
»Mittäterschaft bei der Ermordung von Frau Flora Leicht und eines
kleinen Kindes namens Willibald Leicht. Und das ist erst der Anfang.«
»Ich fürchte, die Namen sagen mir nichts.«
Mumms Finger zuckte kurz am Abzug. »Nein«, sagte er und atmete tief
durch. »Das habe ich auch nicht anders erwartet. Nun, die Ermittlungen
dauern an; vermutlich ergibt sich noch das eine oder andere. Daß du den
Patrizier vergiftet hast, ziehe ich dabei als mildernden Umstand in Erwä-
gung.«
»Willst du wirklich Anklage erheben?«
»In diesem Fal wäre mir Gewalt lieber«, räumte Mumm ein. »Aber ich
schätze, ich muß mich mit der Anklage begnügen.«
Der Vampir lehnte sich zurück. »Du hast hart gearbeitet, wie ich hör-
te«, sagte er. »Deshalb verzichte ich darauf…«
»Wir haben die Aussage von Herrn Traggut«, log Mumm. »Vom verstor-
benen Herrn Traggut.«
Drachenkönigs Gesichtsausdruck blieb völ ig unverändert. »Ich weiß
überhaupt nicht, ah-ha, wovon du redest, Sir Samuel.«
»Mein Büro konnte nur jemand erreichen, der fliegen kann.«
»Ich fürchte, das verstehe ich nicht ganz…«
»Gestern abend ist Herr Traggut umgebracht worden«, fuhr Mumm
fort. »Von jemandem, der aus einer Gasse verschwand, die an beiden
Enden bewacht wurde. Und ich weiß, daß sich ein Vampir in Tragguts
Fabrik aufgehalten hat.«
»Ich versuche noch immer vergeblich, dich zu verstehen, Komman-
deur«, sagte Drachenkönig von Wappen. »Ich weiß nichts vom Tod des
Herrn Traggut, und es gibt viele Vampire in der Stadt. Deine… Abnei-
gung ihnen gegenüber ist al gemein bekannt.«
»Es gefäl t mir nicht, wenn man Leute wie Vieh behandelt«, erwiderte
Mumm. Sein Blick wanderte kurz über die vielen Bücher in der Biblio-
thek. »Darauf ist es in deinem Fall immer hinausgelaufen, nicht wahr?
Dies hier sind gewissermaßen die Zuchtbücher von Ankh-Morpork.«
Die Armbrust schwang herum und zeigte wieder auf den Vampir, der
sich nicht gerührt hatte. »Macht über Menschen. Das wünschen sich
Vampire. Das Blut ist eigentlich nebensächlich, kaum mehr als ein Maß-
stab des Erfolgs. Wieviel Einfluß hast du im Lauf der Jahre genommen?«
»Ein bißchen. Zumindest in diesem Punkt hast du recht.«
»Für jemanden wie dich spielt nur die Herkunft eine Rol e.« Mumm
schüttelte den Kopf. »Meine Güte. Jemand aus einer ›guten
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