Hohle Köpfe
Univer-
sum – Dorfls Faust war die einzige Ausnahme.
Sie schwang wie ein Planet, nicht beeindruckend schnel , aber mit un-
aufhaltsamer Wucht.
Und dann veränderte sich der Gesichtsausdruck des Königsgolems.
Kurz bevor ihn die Faust traf, lächelte er plötzlich.
Unmittelbar im Anschluß daran explodierte sein Kopf. Mumm erinner-
te sich in Zeitlupe daran: eine lange Sekunde, in der Tonbrocken flogen.
Und Worte. Dutzende Papierfetzen segelten umher, landeten sanft auf
dem Boden.
Langsam und friedlich fiel der weiße Golem. Das rote Glühen verblaß-
te, und die Risse in seinem Leib wurden breiter. Schließlich blieben nur
noch… tönerne Scherben übrig.
Dorfl sank auf sie herab.
Angua und Mumm erreichten Karotte gleichzeitig.
»Er ist wieder lebendig geworden!« brachte der Hauptmann hervor und
stemmte sich hoch. »Das Ding wol te mich umbringen, daraufhin wurde
Dorfl wieder lebendig! Obwohl er gar keine Worte mehr im Kopf hatte!
Ein Golem braucht Worte im Kopf!«
»Ihrem eigenen Golem haben sie zu viele gegeben«, sagte Mumm.
Er griff nach einigen Zetteln.
…Frieden und Gerechtigkeit für alle schaffen…
…weise über uns herrschen…
…uns die Freiheit lehren…
…uns führen…
Armer Kerl, dachte Mumm.
»Laßt uns nach Hause gehen«, sagte Angua. »Karottes Hand muß be-
handelt werden…«
»Jetzt hört doch mal«, sagte Karotte mit Nachdruck. »Er lebt!«
Mumm kniete neben Dorfl. Der zerbrochene Tonkopf wirkte leer wie
die Schale eines verspeisten Frühstückseis. Doch in den Augen standen
noch immer winzige Lichtflecken.
»Tsssss«, hauchte Dorfl so leise, daß Mumm nicht sicher war, etwas
gehört zu haben.
Ein Finger kratzte über den Boden.
»Versucht er, etwas zu schreiben?« fragte Angua.
Mumm holte sein Notizbuch hervor, legte es unter Dorfls Hand und
drückte ihm vorsichtig einen Stift zwischen die Finger. Aufmerksam
beobachteten sie, wie Dorfl mit der mechanischen Präzision eines Go-
lems sieben Worte schrieb.
Dann kam die Hand zur Ruhe, und der Stift rollte zur Seite. Der Rest
von Licht verschwand aus Dorfls Augen.
»Meine Güte«, flüsterte Angua. »Golems brauchen keine Worte im
Kopf…«
»Wir können ihn neu zusammenbauen«, sagte Karotte heiser. »Immer-
hin haben wir den Ton.«
Mumm starrte erst auf die Worte und dann auf die Reste von Dorfl.
»Herr Mumm?« fragte Karotte.
»Mach dich an die Arbeit«, sagte der Kommandeur.
Karotte blinzelte.
»Jetzt sofort«, fügte Mumm hinzu. Er blickte noch immer auf die
Buchstaben in seinem Notizbuch.
Worte im Herzen können nicht weggenommen werden.
»Und wenn du ihn neu konstruierst…«, sagte er. »Wenn du ihn repa-
rierst… Gib ihm eine Stimme. Verstanden? Und laß deine Hand behan-
deln.«
»Eine Stimme, Herr Kommandeur?«
»Du hast mich also verstanden.«
»Ja, Herr.«
»Also gut.« Mumm straffte seine Schultern. »Obergefreite Angua und
ich sehen uns hier um. Ihr anderen könnt gehen.«
Er beobachtete, wie Karotte und Detritus die Reste von Dorfl forttru-
gen. »Na schön«, brummte er. »Wir suchen nach Arsen. Viel eicht gibt es
hier separate Werkstätten. Die Giftkerzen sol ten bestimmt nicht mit den
anderen verwechselt werden. Grinsi weiß bestimmt, was… Wo steckt
Korporal Kleinpo?«
»Äh… ich glaube, ich kann mich nicht mehr sehr lange festhalten…«
Sie sahen nach oben.
Gertie hing an einem der Kerzenbänder.
»Wie bist du da raufgekommen?« fragte Mumm.
»Ich bin daran vorbeigeflogen und hielt es für eine gute Idee, die Hän-
de nach dem Band auszustrecken.«
»Warum läßt du nicht einfach los? So hoch ist es doch gar nicht…
Oh.«
Etwa anderthalb Meter unter der Zwergin stand ein Bottich mit flüssi-
gem Talg. Gelegentlich machte es Blub darin.
»Äh… wie heiß kann das Zeug sein?« wandte sich Mumm leise an An-
gua.
»Hast du schon mal kochende Marmelade probiert?«
Mumm hob die Stimme. »Wie wär’s, wenn du dich zur Seite schwingst,
Korporal?«
»Das Holz ist ganz schmierig!«
»Korporal Kleinpo, ich befehle dir, nicht herunterzufal en!«
»In Ordnung, Herr Kommandeur!«
Mumm zog seine Jacke aus. »Hier, nimm das. Ich versuche, nach oben
zu klettern…«
»Das klappt bestimmt nicht«, erwiderte Angua. »Das Gerüst unter der
Decke sieht viel zu wacklig aus!«
»Meine Hände rutschen immer mehr ab, Herr Kommandeur!«
»Meine Güte, warum hast du nicht eher auf deine Situation aufmerk-
sam gemacht?«
»Al e waren viel zu
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