Hohle Köpfe
beschäftigt, Herr Kommandeur.«
»Bitte dreh dich um«, forderte Angua Mumm auf und löste die Schnal-
len ihres Brustharnischs. »Jetzt sofort! Und schließ die Augen!«
»Warum? Was…«
»Jetzt soforrrrt, Herrrrrr!«
»Oh, ich verstehe…«
Mumm hörte, wie Angua von der Kerzenmaschine zurückwich, und
dem Geräusch ihrer Schritte gesellte sich das Klappern zu Boden fallen-
der Rüstungsteile hinzu. Dann begann sie zu laufen, das Geräusch ihrer
Schritte veränderte sich, und dann…
Er öffnete die Augen.
Ein Wolf flog nach oben, schnappte nach Gerties Schulter, als sich die
Hände der Zwergin endgültig vom Holz lösten, streckte sich und landete
auf der anderen Seite des Bottichs.
Angua rollte jaulend zur Seite.
Gertie stand auf. »Das ist ein Werwolf!«
Angua rollte hin und her, tastete mit den Pfoten nach ihrem Maul.
»Was ist mit ihm passiert?« fragte Gertie. Ihre Panik ließ ein wenig
nach. »Er scheint… verletzt zu sein. Wo ist Angua? Oh…«
Mumm sah auf das zerrissene Lederhemd der Zwergin hinab. »Du
trägst Kettenpanzer unter der Kleidung?« fragte er.
»Oh… das ist meine Silberweste… Aber sie wußte davon. Ich habe es ihr gesagt …«
Mumm ergriff Angua am Hals. Sie drehte den Kopf, um ihn zu beißen,
fing den Blick des Kommandeurs und beherrschte sich.
»Sie hat doch nur auf Silber gebissen «, sagte Gertie geistesabwesend.
Angua kam auf die Beine, warf ihnen einen finsteren Blick zu und ver-
schwand hinter einigen Kisten. Ihr Jaulen wurde allmählich zu einer
Stimme.
»Dreimal verfluchte Zwerge und ihre verdammten Westen…«
»Ist alles in Ordnung mit dir, Obergefreite?« fragte Mumm.
»Verdammte silberne Unterwäsche… Würdet ihr mir bitte meine Sa-
chen zuwerfen?«
Mumm nahm Anguas Uniform und schloß anstandshalber die Augen,
als er sie um die Kisten reichte.
»Niemand hat mir gesagt, daß sie ein Werwolf ist…«, ächzte Gertie.
»Viel eicht sol test du die Sache so sehen«, entgegnete Mumm so ge-
duldig wie möglich. »Wenn Angua kein Werwolf wäre, könnten wir dich jetzt als sehr außergewöhnliche Kerze bewundern.«
Angua trat hinter den Kisten hervor und rieb sich ihren geröteten
Mund.
»Hat dich das Silber verbrannt?« fragte Gertie.
»Das heilt wieder«, sagte Angua.
»Du hast mir nie erzählt, daß du ein Werwolf bist!«
»Wie hätte ich mich dabei ausdrücken sollen?«
»Nun, wenn jetzt al es geklärt ist…«, warf Mumm ein. »Ich möchte,
daß die Fabrik durchsucht wird, klar?«
»Ich habe Salbe«, bot Gertie kleinlaut an.
»Danke.«
Im Keller fanden sie einen Beutel sowie mehrere Kisten mit Kerzen.
Viele tote Ratten lagen in der Nähe.
Der Trol Eruptiv öffnete die Tür seines Töpferladens einen Spalt. Ei-
gentlich hatte der Spalt nur zwei oder drei Zentimeter breit sein sol en,
doch er wurde mehr als ein Meter groß, als jemand die Tür entschlossen
aufstieß.
»He, was das sol ?« fragte Eruptiv, als Detritus und Karotte mit Dorfls
Resten eintraten. »Ihr nicht einfach so könnt einbrechen…«
»Wir nicht einfach nur einbrechen«, erwiderte Detritus.
»Ich dies halten für einen Skandal«, ereiferte sich Eruptiv. »Ihr kein
Recht habt, so hereinzukommen. Es keinen Grund gibt…«
Detritus ließ den Golem los und drehte sich um. Er streckte die Hand
aus und schloß sie um die Kehle des anderen Trolls. »Du siehst diese
komischen Dinger da drüben, du sie siehst?« grol te er und drehte Erup-
tivs Kopf, damit sein Blick einige religiöse Statuen an der gegenüberlie-
genden Wand erfassen konnte. »Soll ich viel eicht zertrümmern eins, um
festzustellen, was stecken da drin? Dann möglicherweise es gibt einen Grund…«
Eruptiv kniff die Augen zusammen. Das Denken fiel ihm schwer, aber
er konnte eine gefährliche Stimmung erkennen. »Das nicht nötig sein, ich
immer helfe der Wache«, erwiderte er. »Um was es geht überhaupt?«
Karotte legte die Überreste des roten Golems auf den Tisch. »Fang
gleich an. Bring ihn in Ordnung. Und nimm dabei möglichst viel von
dem alten Ton.«
»Wie es funktionieren kann, wenn in den Augen kein Licht mehr?«
fragte Detritus. Er sah noch immer keinen Sinn in dieser sonderbaren
Mission.
»Er meinte, der Ton erinnert sich!«
Der Feldwebel zuckte mit den massiven Schultern.
»Und gib ihm eine Zunge«, fügte Karotte hinzu.
Eruptiv wirkte schockiert. »Das nicht in Frage kommen. Jeder weiß, daß es Blasphemie sein, wenn Golem spricht.«
»Ach, tatsächlich?«
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