Hokus Pokus Zuckerkuss
sagt, er wird am Samstagnachmittag in der Bibliothek arbeiten, bin ich überzeugt, er trifft sich hinter meinem Rücken mit einem anderen Mädchen. Nur mühsam widerstehe ich der Versuchung, in die Bibliothek der New York University zu schleichen und ihm nachzuspionieren (Da würde man mich ohnehin nicht reinlassen, weil ich keinen Studentenausweis besitze).
Aber glauben Sie mir – alles andere ist in bester Ordnung.
Natürlich habe ich einen Grund, ihn zu verdächtigen. Ein ganzes Jahr sind wir schon zusammen, und ich kann’s noch immer nicht fassen, dass ein so fantastischer Typ wie Luke eine neurotische Katastrophe wie mich liebt. Und wie Shari häufig bemerkt – es ist erstaunlich, dass eine vernünftige, geschäftstüchtige
Frau wie ich in ihrem Privatleben so verunsichert ist.
Das führe ich auf meine Begeisterung für Lifetime Television, den Kanal für moderne junge Frauen, zurück. Jetzt, wo ich allein lebe, schaue ich mir das immer öfter an, und es gibt keinen Mann im Apartment, der jedes Mal stöhnt, wenn ich einschalte.
»Hi«, sage ich zu Luke.
»Was stimmt denn nicht?«, fragt er ohne Umschweife.
»Alles okay. Wieso glaubst du, irgendwas würde nicht stimmen?«
»Weil ich dich kenne. Du hörst dich so an, als hätte dir soeben irgendwer erzählt, Lilly Pulitzer, eine deiner Lieblingsdesignerinnen, sei gestorben.«
»Oh …« Ich senke meine Stimme, damit Tiffany, die gerade einen Anruf entgegennimmt, nicht lauschen kann. »Nun ja, vor ein paar Minuten war Monsieur Henri hier – und unzufrieden mit einigen Veränderungen, die ich während seiner Krankheit vorgenommen habe. Er hat sich ziemlich seltsam aufgeführt.«
» Was ?« Einfach zauberhaft, wie Luke sich in meine Probleme reindenkt … »Für diesen Kerl hast du dir den Arsch aufgerissen. Inzwischen nimmt der Laden doppelt so viel ein wie früher. Und das verdankt der Typ nur dir.«
Wir verdienen noch viel mehr. Das hat sogar Madame Henri festgestellt. Aber ich verbessere Luke nicht. Stattdessen sage ich: »Jedenfalls wird sich alles wieder einrenken. Erst mal muss er sich an sein
neues Leben nach der Bypass-Operation gewöhnen.«
»Wie auch immer, der hat Nerven … Aber warum ich anrufe, ich habe gute Neuigkeiten, die werden dich sicher aufheitern.«
»Wirklich?« Keine Ahnung, wovon er redet. »Ich bin ganz Ohr!«
»Heute habe ich meine letzte Vorlesung …«
»Also, das sind wirklich gute Neuigkeiten.« Nie wieder wird er weggehen, um allein zu arbeiten, keine Wochenendtrips in die Bibliothek! Nicht, dass es mich gestört hätte.
(Abgesehen von der Frage: Gibt es ein anderes Mädchen? ) An den wenigen Wochenenden, wo er nicht gelernt hat, war ich mit meinen Brautkleidern beschäftigt – und sogar froh über sein zeitraubendes Studium. Welcher Mann würde schon gern hören: Oh, ich habe keine Zeit, Schätzchen. Bis zum Montag muss ich das Dekolleté von diesem Meerjungfrauenkleid fertig kriegen … , wenn er seine Verlobte fragt, ob sie am Wochenende mit ihm verreisen will. Zum Glück war das für Luke und mich nie ein Thema. Denn er hat mich niemals zu einem Wochenendtrip eingeladen, weil auch er immer zu beschäftigt war.
»Und ich dachte, wir könnten heute Abend essen gehen, um das zu feiern«, fährt er fort. »Irgendwo in der City. Wir haben so oft in deinem Apartment Fast Food bestellt. Ich ertrage das nicht mehr.«
»Klingt fabelhaft!«, antworte ich beglückt. »Ich nehme die U-Bahn, und wir treffen uns.«
»Genau das wollte ich dir gerade vorschlagen. Treffen wir uns bei Chaz.«
Sofort rutscht mir das Herz ins Höschen. An so etwas habe ich eigentlich nicht gedacht. »Chaz? Tatsächlich? Hast du auch Chaz eingeladen?«
Meine Kinnmuskeln spannen sich an. Offen gestanden, ich freue mich kein bisschen auf ein Wiedersehen mit Chaz. Natürlich wird sich niemals wiederholen, was im Taxi nach Jill Higgins’ Hochzeit passiert ist. Und seit jenem Abend – vor so langer Zeit in der Sports Bar – hat er keine anzüglichen Bemerkungen mehr gemacht. Nein, er war ein perfekter Gentleman. Grans, Tiffanys und Moniques Theorie, er würde mich lieben, hat sich als völlig falsch entpuppt. Denn wenn er mich lieben würde, hätte er genug Gelegenheiten gefunden, um seine Gefühle zu zeigen.
Und das hat er nie getan. Kein einziges Mal. Aber das bedeutet keineswegs, dass ich ihn dabeihaben will – an einem meiner letzten Abende mit Luke, bevor er für drei Monate nach Frankreich fliegen wird.
Das erwähne ich nicht. Niemals
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