Hokus Pokus Zuckerkuss
nicht einmal mein Typ! Denn mein Typ glaubt an die Ehe.
»Wow«, sage ich möglichst beiläufig, obwohl mir die Angst vor einer Begegnung mit dieser Frau den Magen umdreht. Was doch gar keinen Sinn ergibt. »Großartig. Freut mich, dass du über deine Trennung von Shari hinweggekommen bist …«
»Oh, jetzt verstehe ich mich sehr gut mit Shari. Neulich waren wir zusammen Mittag essen …«
»Was?«, unterbreche ich ihn verblüfft. »Du und Shari wart neulich Mittag essen?«
»Ja. Mit ihrer Freundin Pat.« Er lockert seine Krawatte – die schöne gelbe Seidenkrawatte, die vorhin meinen Puls beschleunigt hat. »Tut mir leid«, sagt er, als er meinen Blick bemerkt, »aber dieses Ding macht mich wahnsinnig. Ich ziehe mir schnell was Vernünftiges an. Macht es dir was aus?«
Ich schüttle den Kopf. »Geh nur.« Als er im Flur verschwindet, rufe ich ihm nach, weil ich die Ungewissheit nicht ertrage: »Du bist mit deiner Exfreundin und ihrer neuen Freundin essen gewesen?«
»Ja«, dringt Chaz’ gedämpfte Stimme aus dem Schlafzimmer zu mir. »Aber Pat ist nicht Sharis neue Freundin, oder? Jetzt sind sie schon ein halbes Jahr zusammen. Oder noch länger.«
Irgendwie fällt es mir schwer, das alles zu verdauen. Ich werfe Eiswürfel in meinen Wein und starre die gestapelten Arbeiten auf dem Couchtisch an. »Also seid ihr jetzt – Freunde ?«
»Wir waren schon immer Freunde!«, ruft Chaz. »Da gab es nur eine Zeit, wo wir nicht mehr so gut miteinander reden konnten wie früher. Und natürlich hüpfen wir jetzt nicht mehr zusammen in die Kiste.« In Jeans und einem T-Shirt von den University of Michigan Wolverines erscheint er hinter der Theke. Wie üblich trägt er eine seiner zahlreichen Baseballkappen. Nun müsste ich mich eigentlich erleichtert fühlen, weil ich ihn nicht mehr in diesem hinreißenden Outfit sehe. Seltsamerweise fühle ich mich immer noch verwirrt. Vermutlich, weil er mit der Baseballkappe genauso fantastisch aussieht wie vorhin in dem eleganten Anzug. »Offenbar geht es
Shari sehr gut«, fährt er fort. »Und Pat ist wirklich nett – zumindest für eine Frau, die mich für einen Hetero-Macho hält.«
»Sag mal …« Ich kann mich einfach nicht beherrschen. Ehrlich, ich hab’s versucht. Aber bevor ich meine Lippen zusammenpressen kann, sprudle ich die Worte hervor, die ich am liebsten in meinen Hals zurückstecken würde. »Auch wenn es mich nichts angeht – ich frage mich nur, ob du Valencia über deine Einstellung zur Ehe informiert hast …«
»Lizzie.«
Klar, das ist gar nicht gut. Wie Wasser aus einem Brunnen strömen die Worte aus mir heraus. Und nichts kann sie aufhalten. Nicht einmal ich. »Weil’s nämlich eine schlechte Idee wäre, deiner Freundin etwas vorzumachen. Ich meine, eine Philosophieprofessorin, die eine feste Stelle an der Universität kriegt und abserviert wird …«
»Lizzie.«
Zum ersten Mal in meinem Leben lässt mich irgendetwas in der Stimme eines anderen Menschen tatsächlich verstummen. Ich schließe meinen Mund und starre Chaz an. Sonderbar, seine Augen erscheinen mir viel blauer als sonst und bohren sich in meine.
»Ja?«, flüstere ich. Plötzlich ist meine Kehle staubtrocken. Wie mir die Intensität seines Blicks verrät, sind wir irgendwie von einer gewöhnlichen – oder in meinem Fall idiotischen – Konversation zu einem ernsteren Thema übergegangen. Ich spüre, wie ich bis zu den Haarwurzeln erröte, und meine Wangen
glühen so heiß wie der Asphalt draußen – bevor Chaz aufgetaucht ist.
In einem solchen Moment kann man über alles reden. Zum Beispiel darüber, warum wir in den letzten sechs Monaten kaum miteinander geredet und nur höfliche Floskeln ausgetauscht haben, und das stets im Beisein einer anderen Person (Luke).
Oder warum wir vor sechs Monaten im Taxi geknutscht haben.
Wird er eine dieser Tatsachen erwähnen? Wenn ja, welche? Keine Ahnung, was ich schlimmer finden würde – dass er mich fragt, warum ich es so sorgsam vermieden habe, mit ihm allein zu sein, und einer Diskussion über die Ereignisse in der Silvesternacht ausgewichen bin? Oder dass er darauf besteht, diese Ereignisse zu erörtern?
Wenn er jetzt hinter der Theke hervorkommt und zu wiederholen versucht, was in der Neujahrsnacht passiert ist? Werde ich ihn daran hindern?
Natürlich. Oder?
Ja! Ganz bestimmt! Ich bin verlobt! Mit seinem besten Freund!
Aber – in diesen leuchtend blauen Augen könnte ich ertrinken …
»Ich habe mir geschworen, dich nicht danach zu
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