Hokus Pokus Zuckerkuss
dir sage.« Tiffany nimmt mir die leere Eiscremeschüssel aus der Hand und stellt sie auf einen Picknicktisch. »Geh rüber. Mae Lin und Valencia sind gerade verschwunden; sie sind runtergegangen, um sich mit Sharis Föhn zu trocknen. Ich habe sie vorhin mit Champagner vollgeschüttet – und außerdem behauptet Chaz, seine Obstkuchen wären ein Traum.«
»Tiff …« Gnadenlos schiebt sie mich zu Chaz. Ich presse meine Knie zusammen und wehre mich verbissen. »Nein. Ich bin verlobt. Und er – was du soeben gesagt hast, er ist kein Heiratskandidat, erinnerst du dich?«
»O Gott!« Sie versetzt mir noch einen Stoß. »Warum bist du so verdammt stur? Du kannst ihn ändern ! Natürlich, alle deine anderen Freundinnen erzählen dir, dass Männer sich nicht ändern lassen. Und im Allgemeinen stimmt das auch. Aber nicht in diesem Fall. Was dich und ihn angeht. Glaub mir. Ich weiß es. Komm schon, Lizzie. Ständig hilfst du anderen Leuten. Warum willst du dir nicht ausnahmsweise auch mal selbst helfen lassen?«
»Weil du mir nicht hilfst!« Wegen des krachenden Feuerwerks – und wegen Z 100, der auf so vielen Dächern ertönt – muss ich meine Stimme heben. Belustigt schauen zwei Männer, mit ledernen Armbändern geschmückt, zu uns herüber, und ich kehre ihnen den Rücken. »Wie oft soll ich es dir noch erklären, Tiffany? Ich liebe Luke. Luke. Nicht Chaz.«
Während ich es ausspreche, glaube ich es fast. Beinahe kann ich mir sogar einreden, ich hätte während
der ganzen bisherigen Party nicht dauernd zu Chaz hinübergespäht und mich gewundert, warum er schon am Anfang des Sommers so attraktiv gebräunt ist. Oder warum er darauf besteht, Khakishorts zu tragen, wo die doch bei einem Großstadtmann so würdelos sind.
Allerdings, mit diesen muskulösen Beinen kann er sich’s leisten.
»Das nehme ich dir nicht ab«, beharrt Tiffany. »Oh, tut mir leid, ich glaube, Luke liebt dich auch nicht. Sonst wäre er nicht nach Frankreich geflogen. Und er hätte sich nicht auf diese blöde Idee von der Auszeit eingelassen. Ihr beide traut euch bloß nicht, euch einzugestehen, dass es schon längst vorbei ist. Letztes Jahr war’s ein Sommerflirt, der viel zu lange gedauert hat. Glaub mir, Lizzie, ich weiß , was Liebe ist. Und deine große Liebe steht da drüben neben dem verdammten Flaschenkühler und trägt eine Baseballkappe. Und – jetzt – geh – endlich – zu ihm !«
Sie versetzt mir noch einen Stoß, erstaunlich kraftvoll für eine so dünne Person (nun ja, sie trainiert im Fitnesscenter), und ich stolpere in meinen geschnürten Espadrillos mit den Plateausohlen. Hätte Chaz meinen Arm nicht festgehalten, wäre ich sicher gegen den Kühler getaumelt.
»Hey!«, ruft er besorgt. »Alles okay?«
»Ja.« Brennend steigt das Blut in meine Wangen. »Mir geht’s gut. Ich soll dir von Tiffany ausrichten – sie findet deine Obstkuchen fantastisch.«
»Oh.« Chaz starrt mich an und zieht seine dunklen Brauen hoch. »Freut mich.«
»Äh – diese Kuchen – ähm – schmecken sehr gut«, stammle ich und versuche mich zu fassen. »Beide.« Bin ich wirklich der dümmste Mensch auf der Erdoberfläche? Oder kommt es mir nur manchmal so vor?
»Großartig. Wie läuft die Pause?«
»Pause?«, wiederhole ich lahm.
»Die ihr gerade macht, du und Luke.«
»Ach, diese Pause.« Hinter seinem Kopf explodieren Raketen in verblüffenden Formen, wie Äpfel und Kussmünder. Und er schaut gar nicht hin. Stattdessen fixiert er mein Gesicht. Ich hoffe, er merkt nicht, dass es genauso glüht wie die Lichter der Skyline. »Äh – ganz gut, glaube ich. Offenbar gefällt’s ihm in Paris. Er muss sehr viel arbeiten. Aber das wusste er ja vorher.«
»Für Zahlen hat er sich schon immer begeistert«, sagt Chaz und nippt an seinem Bier.
»Ja. Aber das macht er nur, weil er seinem Onkel einen Gefallen tun will.«
»Ganz klar.«
Ich werfe ihm einen scharfen Blick zu. »Wie meinst du das?«
»Was meinst du, wie ich was meine?«, kontert er herausfordernd. »Ich habe dir nur zugestimmt.«
»Irgendwie hat es sarkastisch geklungen.«
»Unsinn, ich bin nicht sarkastisch.«
»Du glaubst, er hätte verzweifelt einen Vorwand gesucht, damit er den Sommer in Frankreich verbringen kann.« Plötzlich bricht diese bedeutsame Erkenntnis über mich herein, wie eine kristallklare
Meereswelle. »Damit er von mir wegkommt! Weil ich ihn erdrücke!«
O mein Gott. Jetzt passiert es schon wieder. Mein Mund läuft einfach los. Ohne mich. Was rede ich denn
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