Hokus Pokus Zuckerkuss
da? Nein, natürlich weiß ich, was ich rede. Schließlich liege ich nächtelang wach und denke darüber nach, obwohl ich schlafen sollte nach anstrengenden Arbeitstagen, an denen ich mit Sylvia und Marisol stundenlang die Säume an den Brautkleidern festgenäht habe.
Aber warum erwähne ich es – ausgerechnet Chaz gegenüber?
Das scheint er sich auch zu fragen. Ungläubig lacht er. »Wie viel Wein hast du getrunken?«
»Gar keinen.« Seltsamerweise stimmt das. Könnte ich bloß den Mund halten… Doch der plappert gegen meinen Willen drauflos. Wie üblich. »Und du irrst dich, ich erdrücke ihn nicht. Ständig nehme ich Rücksicht auf ihn. Außerdem widersprichst du dir selber – was du damals gesagt hast …«
»Wann?«, fragt er in wachsender Verwirrung.
»An dem Tag, an dem Luke mir den Heiratsantrag gemacht hat. Da sagtest du, er hätte es nur getan, weil er sich vor seiner Einsamkeit fürchtet. Deshalb ist er lieber mit einem Mädchen zusammen, das nicht zu ihm passt.«
Halt die Klappe, Lizzie.
Chaz blinzelt mich an. »Also, ich glaube das immer noch.«
»Du kannst es doch nicht ständig so drehen, wie du gerade willst.« In der Ferne krachen die Feuerwerkskörper.
Bumm, bumm, bumm. Jede Rakete scheint gleichzeitig mit einem meiner Herzschläge zu explodieren und gar nicht im Rhythmus des Bon-Jovi-Songs, der jetzt aus dem Radio tönt. Ich stehe so dicht vor Chaz, dass ich durch sein kurzärmeliges Polohemd sehe, wie seine Brust sich hebt und senkt, im selben Takt.
Nur mühsam widerstehe ich der Versuchung, meine Hand auf seine Brust zu legen und zu ergründen, ob sein Herz im Einklang mit meinem pocht.
O Gott, was geschieht mit mir?
»Entweder erdrücke ich ihn, oder er fürchtet sich ohne mich«, platze ich heraus. »Was stimmt denn nun?«
»Jetzt bist du völlig übergeschnappt.« Chaz lacht wieder. »Weißt du das?«
Nur zu gut. Aber das nützt mir nichts. »Du bist sein bester Freund, du kennst ihn länger als ich. Und du scheinst ständig eine neue Meinung über unsere Beziehung zu haben. Zumindest war das bisher so. Allerdings hatten wir schon lange keine Gelegenheit mehr, über dieses Thema zu reden, weil du so beschäftigt warst, mit Valencia. Aber ich nehme an, du hast inzwischen neue Theorien aufgestellt, was dieses Thema betrifft. Schieß los, ich würde sie gerne hören.«
»Nicht hier.« Chaz mustert mich, mit einem Lächeln, das ich irgendwie anzüglich finde. »Da sind zu viele Leute. Komm doch nach der Party mit mir nach Hause, und ich erkläre dir alle meine Theorien, so anschaulich wie nur möglich.«
Dieses Grinsen nimmt mir den Atem. Hoffentlich merkt er es nicht. »Ah, das würde dir gefallen, was?« Nun stehe ich noch näher vor ihm. Nur wenige Zentimeter trennen unsere Gesichter. »Ist das die einzige Art, wie du die Frauen siehst? Als Sexualobjekte?«
»Nein«, erwidert er und mimt gekränkten Stolz. »Und das weißt du sehr gut. Was ist denn heute Abend los mit dir? Ist es wegen Valencia? Bist du eifersüchtig? Eigentlich müsste ich dich darauf hinweisen, dass du verlobt bist.«
»Genau. Mit deinem besten Freund . «
»Hey, er ist dein Verlobter . Offenbar musst du dir das immer wieder vorsagen, weil du es sonst vergisst.«
»Wenigstens bin ich verlobt – und nicht so verkorkst wie ein gewisser emotionaler Krüppel, der sich vor einer engen Bindung fürchtet, weil seine Freundin erkannt hat, dass sie Mädchen mag.«
»Ach ja?« Chaz’ blaue Augen funkeln heller als alle Raketen, die bisher am Nachthimmel abgefeuert wurden. »Nun, zumindest verlobe ich mich nicht mit der erstbesten Person, die mir das vorschlägt – weil ich Brautkleider nähe, den Anblick der glitzernden Diamanten an den Fingern meiner Kundinnen nicht ertrage und weil ich selber keinen solchen Ring besitze.«
Wütend schnappe ich nach Luft – und da vibriert mein Handy in der Tasche meines Gingham-Kleids. Wegen möglicher Notfälle auf dem Brautkleidsektor muss ich das blöde Telefon ständig bei mir tragen.
Doch eigentlich findet heute gar keine Hochzeit statt.
»Das ist nicht wahr!«, fauche ich Chaz an. »Zufällig liebe ich Luke, und ich möchte mein restliches Leben mit ihm verbringen.«
»Wunderbar«, spottet er, »red dir das nur ein! Vielleicht wirst du es eines Tages sogar glauben.«
Ich ziehe mein Handy hervor. Womöglich ist es Luke. Aber in Frankreich ist es jetzt zwei Uhr morgens. Dann lese ich im Display die Nummer meiner Mom.
»Eins kann ich dir jedenfalls sagen«, fügt
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