Hokus Pokus Zuckerkuss
Ava Geck los?«, lenkt Shari mich von meinen deprimierenden Gedanken ab. »Ist sie immer noch sauer auf dich, weil du sie der Presse ausgeliefert hast?«
Bei diesen Worten zucke ich zusammen. Die Konsequenzen jener Nacht waren sogar noch schlimmer, als ich es befürchtet hatte. Am Morgen danach waren die Henris nicht besonders begeistert, als sie in sämtlichen Zeitungen ein Foto ihres Ladens entdeckten, mit der Information, Ava Gecks königliche Hochzeit sei abgeblasen worden. Ich hatte versucht, den beiden einzureden, dass auch schlechte Presse gute PR sein kann. Das nahmen sie mir nicht ab. Und sie verstanden auch nicht, warum Ava in meinem Apartment übernachtet hatte. So wie Luke finden sie es nicht besonders professionell, wenn man mit einer Kundin auch privat verkehrt – und sie noch dazu in die eigenen vier Wände einlädt.
Zweifellos muss ich ihnen zustimmen. Andererseits – Ava hatte sich selbst eingeladen.
»Ja«, beantworte ich Sharis Frage, »sie redet nicht mehr mit mir. Was ich verstehen kann.«
»Nun, dann ist sie die einzige Person in meinem Bekanntenkreis, die zurzeit kein Mitglied des Lizzie-Nichols-Fanclubs sein möchte.« Shari zeigt auf die Gäste, die sich rings um Chaz’ Kuchen versammeln (er hat einen Erdbeer-Rhabarber- und einen Blaubeerkuchen mitgebracht), mit ihren Fingern über die leeren Blechplatten streichen und sich die Fingerspitzen ablecken und diese Prozedur mehrmals wiederholen. Tiffanys Verlobter Raoul, Monique und ihr Verlobter Latrell haben bereits Champagnerflaschen und Schachteln mit Wunderkerzen verteilt, um auch etwas zur festlichen Partystimmung beizutragen.
Und um wiedergutzumachen, dass sie gar nicht eingeladen waren.
»Okay«, murmle ich verlegen. »Vier Leute – eine ganze Menge. Aber sie wollten wirklich alle hierherkommen.« Das liegt auch an Sharis fantastischer Aussicht – und an der Tatsache, dass der 4. Juli diesmal auf einen Mittwoch fällt und Leute, die am nächsten Morgen arbeiten müssen, die Stadt nicht verlassen können. Aber das verschweige ich.
»Oh, ich beklage mich nicht«, erwidert Shari. »Wenn du noch berühmter wirst, muss ich eben in ein größeres Apartment ziehen – damit ich genug Platz für deine Fans habe, wann immer ich dich einlade.«
»So berühmt bin ich nun auch wieder nicht«, protestiere ich unbehaglich. »Es ist nur …«
»Du kannst es ruhig zugeben!«, unterbricht sie mich lächelnd. »Das sind gesellschaftliche Außenseiter, und du bist ihre einzige Hoffnung. Übrigens, wie läuft’s mit Luke?«
»Gut«, sage ich am roten Plastiklöffel vorbei, der in meinem Mund steckt. »So gut man es erwarten kann, während er in Paris ist und wir Pause machen.«
Shari zeigt auf den Ringfinger meiner linken Hand. »Das Ding trägst du immer noch.«
»Nun ja …« Neurotisch stopfe ich noch mehr Eiscreme in meinen Mund. »Wir sind nach wie vor verlobt. Und er tut so, als wäre alles in bester Ordnung.«
»Oooh!«, kreischt Tiffany plötzlich, hüpft auf
ihre Fünfzehn-Zentimeter-Stilettos und zeigt in den Abendhimmel. »Jetzt fängt’s an!«
Wir hören einen gedämpften Krach, und im nächsten Moment explodiert eine gewaltige Nelke aus grellem Licht am Himmel.
»Zee 100!«, schreit Shari. »Schaltet Z 100 auf 105,1 ein! Sonst verpassen wir die musikalische Untermalung!« Sie stürmt zum Radio, während zwei Dutzend Leute sie anstarren, als hätte sie den Verstand verloren.
Ein paar Sekunden später schlendert Tiffany zu mir. »Okay, die neueste Info?« Ich nicke, und sie fährt fort: »Schau nicht mich an, sondern das Feuerwerk. Die Leute sollen glauben, wir würden über das Feuerwerk reden. Also, sie heißt Mae Lin, und sie hat irgendeinen Magister in Sozialpädagogik oder so ähnlich. Sie wohnt in Alphabet City und liebt die Buckeyes – das ist ein Basketballteam – und sammelt Geschirr, Vintage Fiesta Dinnerware. O Lizzie, du bist so verdammt tot.«
»Tiff«, seufze ich, während die Raketen hinter mir über der Skyline knallen. »Ich habe es dir gesagt. Es ist mir egal. Ich mag Chaz nicht auf diese Weise.«
»Ja, ganz klar.« Sie lacht heiser und nippt an ihrem Champagner. »Trotzdem – wäre er ein Heiratskandidat, wärst du schon längst mit ihm in der Kiste gelandet. Gib’s doch zu!«
Z 100 plärrt »Born to Run«, und Sharis Freundin Pat jammert: »Nein! Soll das ein Witz sein?«
»Schätzchen, das hat sich der Boss gewünscht«, erwidert Shari. »Was soll ich denn machen?«
»Jetzt wirst du tun, was ich
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