Hokus Pokus Zuckerkuss
sie sich leisten können. Deshalb wirst du eine Marktlücke füllen. Glaub mir, du musst einen Laden in Paris aufmachen. Schöne, bezahlbare Brautkleider für die Mädchen von nebenan.«
»So einen Laden habe ich«, schnüffle ich. »In New York.«
»Ja, aber der gehört den Henris, und jetzt verkaufen sie ihn. Ich rede von deinem eigenen Geschäft.«
»Aber…« Ich starre in das Schaufenster, vor dem ich stehe. »In Frankreich ?«
»Hör mal, du sprichst Französisch. Meine Eltern
leihen dir das Startkapital. Begreifst du denn nicht, Lizzie? Eine perfekte Chance !«
»Ja, aber …« Ich sehe die Menschen in verschiedenen Gestalten und Farben vorbeieilen, die Taxis und Busse und Lieferwagen dahinbrausen. Durch die Zweige eines Baums dringt gefiltertes Sonnenlicht hindurch. Denn im Schatten der Wolkenkratzer wachsen Bäume aus dem Pflaster, allen Widrigkeiten zum Trotz.
So ist das in New York. Da wachsen Bäume aus dem Pflaster, im Schatten, wo eigentlich keine Bäume gedeihen dürften.
Und da sage ich: »Aber ich liebe New York.«
»Du wirst auch Paris lieben lernen«, versichert Luke. »Du warst schon mal da. Erinnerst du dich? Es ist wie New York. Nur besser. Sauberer. Schöner.«
»So weit weg …« Ein Kind geht vorbei, ohne das Häufchen zu entsorgen, das sein Hund gemacht hat. Deshalb wird es von einer Frau mit einer Chanel-Handtasche angeschrien.
»Von was, Lizzie? Von deiner Großmutter? Die ist tot.«
An meine Gran denke ich gerade gar nicht. »Ich kann es jetzt nicht entscheiden. Ich muss erst mal darüber nachdenken.«
»Tu das. Nimm dir alle Zeit, die du brauchst. Es ist nur – vielleicht hast du’s schon erraten. Ich habe das Angebot meines Onkels angenommen.«
» Was ?« Schon wieder glaube ich, ich hätte mich verhört.
»Irgendeine Lösung werden wir finden«, beteuert
Luke hastig. »Wenn du in New York bleibst, führen wir eben eine Fernbeziehung – für eine Weile. Das tun viele Leute, Lizzie. Irgendwie kriegen wir das hin. Mach dir keine Sorgen.«
Keine Sorgen? Mein Verlobter – den ich betrüge, das gebe ich zu – beschließt, für immer im Ausland zu leben, und ich soll mich nicht sorgen ?
»Falls du dir Sorgen machst, wo du wohnen sollst – du kannst im Apartment meiner Mutter an der Fifth wohnen. Sie hat’s bereits angeboten. Sie steigt dort nur an einem Wochenende pro Monat ab, wegen ihrer – du weißt schon.«
Damit meint er ihre Botox-Injektionen. Doch das spreche ich nicht aus, denn er will nicht daran erinnert werden.
Den Mund verblüfft geöffnet, stehe ich reglos da, bis hinter mir eine Stimme ertönt. »Hey!«
Ich drehe mich verwirrt um, verschwommen sehe ich etwas Khakifarbenes, den Schirm einer Baseballkappe. »Jetzt muss ich – Schluss machen, Luke. Ich rufe dich später an.«
»Okay. Bitte sorg dich nicht, Lizzie. Ich kümmere mich um alles. Um dich. Ich liebe dich.«
»Äh – ich – ich dich auch«, stottere ich und drücke die Austaste meines Handys. »Was treibst du denn hier?«
»Du meinst – warum ich vor Vera Wangs Hauptgeschäft stehe?«, witzelt Chaz. »Oh, ich komme sehr oft hierher, weil ich so gern die Brautmutterkleider anprobiere. Die fühlen sich so weich und glatt auf meiner Haut an.« Als er mein Gesicht mustert,
verengen sich seine Augen. »Was glaubst denn du ? Shari hat mich angerufen. Und weil du dich nicht auf deinem Handy gemeldet hast, rief ich im Laden an. Tiffany sagte mir, vielleicht würde ich dich hier finden. In dieser Gegend würdest du oft herumwandern, um einen klaren Kopf zu kriegen.« Er wirft einen Blick in die Auslage. »Jetzt verstehe ich, wieso. Das alles – glänzt so schön.«
Auch ich starre wieder ins Schaufenster. Aber ich sehe nur unser Spiegelbild – er so groß und schlank, die Baseballkappe von der University of Michigan tief in die Stirn gezogen, die kraftvollen, muskulösen Beine attraktiv gebräunt. Ganz anders als die Touristen, die gelegentlich vorbeischlendern. Und ich, leicht derangiert in meinem Sommerkleid, in dem ich schon so lange durch die Hitze laufe. Unter meiner Spange hängt das Haar schlaff herab. Vermutlich würde es am liebsten sterben. Was für ein sonderbares Paar wir abgeben …
Wenn wir überhaupt ein Paar sind. Da bin ich mir gar nicht so sicher.
Und hinter unserem Spiegelbild prangt das schöne, perfekte Vera-Wang-Brautkleid dieser Woche. In Größe 32.
»Sie schließen den Laden«, sage ich zu Chaz’ Spiegelbild. »Die Henris. Und sie ziehen in die Provence.«
»Das
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