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Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)

Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)

Titel: Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge González
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sagte ich zu Mišo, »das sind bestimmt Kubaner.«
    Als die drei merkten, dass ich sie erkannt hatte, rasten sie in einem wahnsinnigen Tempo auf uns zu. »Mišo«, schrie ich, »nichts wie weg«, und rannte los. Ganz in der Nähe befand sich ein Hotel. Wir liefen um unser Leben und schafften es gerade noch durch die Tür, bevor die Männer uns eingeholt hatten. Die Leute am Empfang, die uns kannten, versteckten uns, bis die Luft wieder rein war.
    In dieser Nacht konnte ich nicht bei Mišo bleiben, deshalb brachte er mich zu einer Freundin, die in einem Vorort von Bratislava in einem Haus wohnte. Aber selbst da war ich nicht sicher. Zwei Tage später stand ich bei ihr im Bad und wollte mich gerade duschen, als der Bruder von Mišos Freundin hereinstürzte und rief: »Jorge, schnell weg! Die sind da!« Ich griff nach dem Bademantel, der an der Tür hing, sprang barfuß aus dem Fenster, das glücklicherweise nur im ersten Stock lag, und rannte so schnell ich konnte durch den Garten zum nächsten Nachbarn. Er wusste Bescheid, setzte mich, so wie ich war, in sein Auto und fuhr mit mir nach Bratislava zu Mišo.
    In dieser Zeit konnte ich nur selten in die Uni gehen. Damit mich die kubanischen Studenten und Betreuer nicht zu Gesicht bekamen, verabredete ich mich mit meinen Professoren in deren Büros, um Studienunterlagen abzuholen, und schlich mich danach wieder davon. Auch zu Ina und meinen anderen Freunden hielt ich weiterhin Kontakt, bis sie nach Kuba zurückkehren mussten.
    Meine Familie in Jatibonico bekam in dieser Zeit mehrmals Besuch von Staatsbeamten. Sie durchsuchten unser Haus, stellten unangenehme Fragen und jagten meinen Eltern schreckliche Angst ein. Denn sie wussten ja nicht mal, was mit mir passiert war.
    Um mich bis zum Sommer über Wasser zu halten – denn ich hatte ja kein Stipendium mehr –, arbeitete ich immer wieder als Model, Catwalktrainer und Choreograf. Als ein reicher Geschäftsmann, der einen der ersten Revueclubs in der Tschechoslowakei etablieren wollte, mich fragte, ob ich eine Show für ihn konzipieren könne, sagte ich sofort zu. Ich präsentierte ihm die Idee einer kubanischen Revue und empfahl meinen Freund Mišo, der ja Architektur studierte, als Bühnenbildner. Auch für Tänzerinnen hatte ich schon einen Vorschlag: meine Modelchicas, die mit einer heißen Choreografie eine gute Figur auf der Bühne machen würden.
    »Bist du verrückt?«, sagten die Chicas, als ich ihnen davon erzählte.
    »Nein«, antwortete ich lachend. »Ihr lernt jetzt einfach mit mir Cha-Cha-Cha, Rumba, Mambo und Salsa.«
    In knapp drei Wochen brachte ich ihnen alle diese Tänze bei. Gleichzeitig wurden die Kostüme nach meinen Entwürfen genäht, alle im kubanischen Stil: bunte, bauchfreie Tops, kurze Röcke mit Volants und alles mit viel Glitzer und Glimmer. Mišo baute eine wunderschöne Bühne, eine völlig neuartige Konstruktion aus Plexiglas, bei der Licht auch aus dem Bühnenboden kam. Beim Opening der Show schwangen alle Chicas ihre Hüften wie echte Kubanerinnen, und ich tanzte mittendrin.
    Meine erste Show war supererfolgreich, weil es so etwas in Bratislava bisher nicht gegeben hatte. Deshalb gaben wir von Woche zu Woche mehr Vorstellungen. Wir fingen an mit einer Show am Freitag, nach kurzer Zeit waren es schon zwei plus zwei weitere am Donnerstag, Samstag und Sonntag. Die Männer sind fast verrückt geworden, weil die Chicas so hübsch aussahen und so sexy tanzten. Die Leute standen Schlange, um Tickets zu bekommen. Ich tanzte leider nur zweimal mit und gab meine Rolle dann an einen Freund ab, weil es zu gefährlich war, weiterhin in den Nachtclub zu gehen.
    »Jorge, du musst zu dem Festival kommen mit deiner kubanischen Show«, sagte eine Freundin irgendwann zu mir, als wir uns eines Nachmittags heimlich in Bratislava trafen. Sie organisierte jedes Jahr ein Latinofestival, auf dem jedes teilnehmende lateinamerikanische Land einen Tanz präsentierte. Es fand immer Mitte Mai im PKO, dem größten Veranstaltungssaal in Bratislava, statt und war die beliebteste Party der Stadt, zu der über 2 500 Leute kamen. In den vergangenen Jahren war ich immer verantwortlich für die Choreografie und die Darbietungen der kubanischen Studenten gewesen.
    »Okay«, sagte ich, »ich komme mit meinen Chicas«, und verwarf alle Bedenken. Für diesen Auftritt wählte ich den Song Mi tierra von Gloria Estefan, der perfekt ausdrückt, was ich damals empfand. Denn das Lied erzählt von den Schmerzen der Menschen, die ihre

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