Holidays on Ice
bekommen, der die Fakten hatte. Sp äter an dem Tag wurde ich zur Kasse eingeteilt, wo mir Andrea, eine der Geschäftsführerinnen, sagte, ihre Freundin Caroline habe das Casting für »One Life to Live« unter sich. Caroline hatte die alte Tina durch die neue Tina ersetzt. Ich liebte die alte Tina und werde nie eine Ersatz-Tina akzeptieren, aber Andrea sagte ich, ich könnte die neue Tina gut leiden, und sie sagte: »Das werde ich Caroline ausrichten. Das hört sie sicher gern!« Wir redeten noch, als Mitchell, ein weiterer Geschäftsführer, sagte, er sei siebenmal in »One Life to Live« aufgetreten. Er hatte vor fünf Jahren Clints Anwalt gespielt, als die ganze Familie Buchannon wegen des Mordes an Mitch Laurence vor Gericht stand. Mitchell kennt Victoria persönlich, und er sagt, im wirklichen Leben ist sie genau so süß und fürsorglich wie in der Serie.
»Im wesentlichen spielt sie sich selbst, wenn man von der multiplen Schizophrenie absieht«, sagte er und hielt inne, um zu überprüfen, was ein anderer Zwerg gerade in die Kasse eingetippt hatte. Er bat die Kundin um eine zusätzliche Identifikation zu ihrer Scheckkarte, und während die Frau fluchte und in ihrer Handtasche wühlte, erzählte mir Mitchell, Clint sei eher zurückhaltend, aber Bo und Asa seien echt gute Kumpels.
Ich kann es gar nicht glauben, dass ich so was zu h ören kriege. Ich kenne Leute, die mit Tina, Cord, Nicki, Asa und Clint herumgesessen haben. Ich komme immer näher, ich kann es spüren. Heute Abend habe ich als Ladentischzwerg beim Zauberbaum gearbeitet, als ich eine Frau sah, die ihrem Sohn den Rei ßverschluss von seinem Hosenstall aufmachte, seinen Penis herausholte und ihn anwies, auf eine künstliche Schneeverwehung zu pinkeln. Er war noch ganz jung, vier, fünf Jahre alt, und er hat's gemacht, er hat gepinkelt. Urin tropfte von den Zweigen künstlicher Bäume und bildete auf dem Fußboden eine Pfütze.
Sp äter machte ein Mann in einem der Weihnachtsmannhäuser seiner Freundin einen Heiratsantrag. Als der Weihnachtsmann ihn fragte, was er sich zu Weihnachten wünscht, zog er einen Ring aus der Tasche und sagte, er wünscht sich, dass diese Frau ihn heiratet. Der Weihnachtsmann gratulierte beiden, und der Fotozwerg verschluckte sich und fing an zu weinen.
Ein geflecktes Kind besuchte den Weihnachtsmann, kletterte auf seinen Scho ß und äußerte den Wunsch, bald keine Windpocken mehr zu haben. Der Weihnachtsmann sprang auf.
Ich habe Zwerge aus allen Schichten und Berufen kennengelernt. Die meisten sind aus dem Schaugesch äft, Schauspieler und Tänzer, aber erstaunlich viele hatten vorher richtige Jobs in Werbeagenturen und Maklerfirmen gehabt, bevor die Rezession zuschlug. Die Süßen hätten sich auch nie träumen lassen, dass die Zukunft ihnen ein Samtkostüm bringt. Das sind die echt bitteren Zwerge. Viele Zwerge sind jung, gehen noch auf die High School oder aufs College. Sie sind jung und h übsch, und eine der Vergünstigungen, die dieser Job mit sich bringt, ist, dass ich sie in der Unterwäsche zu sehen kriege. Die Umkleideräume befinden sich innerhalb der Mitarbeitertoiletten hinter dem WeihnachtsLand. Das Männerklo ist klein, und die Toiletten sind oft verstopft, so dass wir auf einer Insel aus Zeitungen stehen müssen, damit unsere Socken trocken bleiben. Die Weihnachtsmänner haben eine schöne Garderobe am anderen Ende des Ganges, aber einem Weihnachtsmann möchte man nicht beim Entkleiden zusehen. Mehrere Zwerge haben sich daran gewöhnt, sich im Gang neben ihren Spinden umzuziehen. Diese Zwerge tragen gern Badeanzüge unterm Kostüm. Ich mag keine Badeanzüge.
Der h übscheste Zwerg von allen ist ein Bursche aus Queens namens Schneeball. Schneeball übertreibt es gern mit den Kindern, manchmal kullert er mit ihnen regelrecht den Pfad zum Haus des Weihnachtsmanns entlang. Ich stehe dieser Art von Betragen eher ablehnend gegenüber, aber Schneeball ist auch die Wucht, wenn er gar nichts macht —; man möchte ihn einfach in die Tasche stecken und mitnehmen. Gestern arbeiteten wir als Weihnachtsmannzwerge zusammen, und ich fand es prickelnd, als er anfing, Sachen wie »Dir würde ich jederzeit zum Haus des Weihnachtsmanns folgen, Moppel« zu sagen.
Mir wurde ganz schwindlig von dem Geflirte.
Am Nachmittag war ich soweit, dass ich gegen W ände rannte. Als unsere Schicht zu Ende war, stan den wir auf dem Klo und zogen uns um, als wir pl ötzlich von drei Weihnachtsmännern und fünf weiteren Zwergen
Weitere Kostenlose Bücher