Hollisch verliebt
Verrückte herumzutanzen. Es musste eine Möglichkeit geben.
„Ich weiß nicht. Du könntest mit einer Tätowierung verhindern, dass du noch mal jemandem Kraft entziehst, aber wenn du sie dann wieder brauchen solltest, würdest du verhungern.“ Victoria warf Rileyeinen Blick zu, bevor sie sich wieder an Mary Ann wandte. „Wir haben schon anderen Kraftdieben solche Zeichen verpasst. Nicht wenn sie ihre Fähigkeit verloren hatten, weil das noch nie passiert ist, soweit ich weiß, aber sie sind alle verhungert.“
Eine schlimmere Art zu sterben konnte sich Mary Ann nicht vorstellen. Aber davon ließ sie sich nicht aufhalten. „Das ist mir egal. Ich will es versuchen. Ich will das Zeichen.“ Wenn auch nur die Möglichkeit bestand, dass es funktionierte, musste sie die Chance nutzen. Sie würde alles tun, damit sie zu ihrem Vater zurückkehren konnte.
Damit sie mit Riley zusammen sein konnte.
Sie wollte lieber sterben, als den beiden Männern in ihrem Leben etwas anzutun. Ja, das musste sie riskieren. „Ist die Ausrüstung hier?“
„Ja. Nathan hat deine neuen Schutzzauber gesehen, und auf einem hat sich schon Schorf gebildet. Er dachte, Riley wolle den Schaden vielleicht beheben, und hat alles Nötige beschafft.“
„Vorher müssen wir darüber reden“, sagte Aden.
Mary Ann schüttelte schon den Kopf, bevor er ausgesprochen hatte.
„Nein. Wir machen das. Hier und jetzt. Bevor wir von hier weggehen.“
Auch Aden sah zu Riley hinüber. In seinem Blick lag eher Verwunderung als eine stumme Bitte an Riley, sie zur Vernunft zu bringen. „Was ist nur aus unserer süßen Mary Ann geworden, die nie streiten wollte?“
Als Riley nur mit den Schultern zuckte, traf es sie ebenso wie zuvor, als er vor ihr zurückgewichen war. „Du hast uns ja schon erzählt, was bei dir in der letzten Woche passiert ist. Jetzt sind wir dran. Wir haben einiges rausgefunden.“
Eine Pause, gefolgt von einem zittrigen Atemholen. „Na gut.“ Aden wappnete sich. „Schieß los.“
Eine weitere halbe Stunde verstrich, in der Riley von Mary Anns Suche nach der Identität der Seelen berichtete, von ihren Erfolgen und ihrer Suche nach Adens Eltern, die sie wahrscheinlich gefunden hatten.
Aden hörte zu, blass und angespannt. Seine Augen wechselten so schnell die Farben, dass sie einem rotierenden Kaleidoskop glichen. Blau, Gold, Grün, Schwarz. Violett, ein glitzerndes Violett. Die Seelen in seinem Kopf mussten verrückt spielen.
Als Riley ausgesprochen hatte, trat wieder diese bedrückende Stille ein.
Aden legte den Kopf zurück und starrte an die Zimmerdecke. „Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll. Ich brauche Zeit. Ein, zwei Jahre wären nicht schlecht.“ Er massierte sich die Schläfen, als würde ergegen Kopfschmerzen ankämpfen. „Wisst ihr, was mich am meisten ärgert? Dass wir die ganze Zeit herumlaufen und nur reagieren, statt selbst etwas zu unternehmen.“
„Das verstehe ich nicht“, sagte Victoria.
„Ich auch nicht“, stimmte Mary Ann zu. „Was meinst du?“
„Wir haben Vlad die Fäden ziehen lassen. Er versteckt sich in den Schatten, hetzt Leute auf uns, und wir tun nichts, um ihn aufzuhalten. Wir warten, wir stecken ein, wir reagieren, hampeln ohne Plan herum und schlagen nicht zurück. Er hat keine Angst vor uns, weil wir nie in den Angriff übergehen. Warum eigentlich nicht?“
„Woran denkst du?“, fragte Riley. Seine Stimme klang schroff, aber gleichzeitig eifrig, wie die eines Todeskandidaten, der nichts mehr zu verlieren hatte.
„Ich werde selbst mit Tonya Smart reden. Ich werde … meine Eltern besuchen, wenn sie das wirklich sind. Und so viel wie möglich über mich und die Seelen herausfinden. Unterm Strich muss ich in Bestform sein, wenn ich gegen Vlad eine Chance haben will. Und das kann ich nicht sein, wenn ich tausend verschiedene Baustellen habe.“
Er unterbrach sich und sah alle der Reihe nach an, um sicherzugehen, dass sie zuhörten. Als niemand antwortete, fuhr er fort: „Ihr zwei müsst noch hierbleiben, ihr seid ziemlich schwach und ich ehrlich gesagt auch. Also ruhen wir uns aus. Bei Sonnenuntergang ziehen wir los und machen uns ans Werk.“
25. KAPITEL
Mary Ann fand keine Ruhe. Nachdem die Wirkung von Schock und Medikamenten nachgelassen hatte, tobten die Gefühle in ihr wie ein Gewittersturm. Vor einer guten Stunde waren Aden und Victoria ins Nebenzimmer gegangen, trotzdem bekam Mary Ann kein Auge zu. Riley lag immer noch still und reglos neben ihr. So still, dass es in
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