Hollisch verliebt
Fähigkeiten deines Vaters weitergeben kannst?“
„Das wusste ich nicht. Er war als Einziger so. Ich dachte … Ich habe gehofft … es sei nicht vererbbar. Das hätte es nicht sein dürfen. Er hatte sich das selbst eingebrockt. Hatte sich mit Sachen beschäftigt, von denen man die Finger lassen sollte.“
„Mit welchen Sachen?“
„Magie, Wissenschaft.“ Joe beugte sich dicht zu Aden herunter.
„Und wie hätte ich dich behalten sollen? Du warst genau wie er. Eine Woche nach deiner Geburt sind die ersten Kreaturen aufgetaucht. Erst streunende Kobolde, die durch dein Fenster klettern wollten, dann Wölfe und Hexen. Alles Einzelgänger, die nicht viel mit ihren Völkern zu tun hatten, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis du ganze Gruppen angezogen hättest. Wir hätten fliehen müssen. Sie hätten deine Mutter getötet, mich und auch dich.“
„Was ist mit dem Mädchen?“, fragte Riley. Aden wusste nicht, wovon er sprach, aber er verriet sich nicht.
„Ein Unfall.“
„Ist sie …“
„Ich rede nicht über sie!“
„Deine Gründe kaufe ich dir nicht ab“, sagte Aden. „Ich habe es über zehn Jahre geschafft, keine Monster anzuziehen.“
„Wegen der Schutzzeichen“, erklärte Joe.
Aden ballte die Fäuste. „Mein erstes Zeichen habe ich vor ein paar Wochen bekommen.“
„Nein. Schon als Kleinkind.“
„Unmöglich.“
„Ist nicht wahr. Sie waren versteckt.“
Aden schnaufte. „Wo?“
„Auf deiner Kopfhaut.“
„Die Sommersprossen“, stieß Victoria hervor. „Weißt du noch?“
Aden rieb sich den Kopf. „Warum hat es irgendwann nicht mehr funktioniert? Und warum habt ihr mich nicht behalten, wenn es die Monster ferngehalten hat?“
Joe schloss die Augen und sackte in sich zusammen. Er seufzte. „Vielleicht ist die Tinte verblasst. Oder der Zauber wurde irgendwie gebrochen.“
Als Aden und Mary Ann einander ansahen, vermutete Riley, dass sie sich an ihre erste Begegnung erinnerten. Dabei war eine atombombengleiche Kraft freigesetzt worden, die all die Wesen angelockt hatte, die Joe aufgezählt hatte – und noch mehr.
„Und wir haben dich nicht bei uns behalten, weil ich das Risiko nicht eingehen wollte“, antwortete Joe. „Ich musste deine Mutter beschützen.“
„Meine Mutter.“ Es war offenkundig, wie sehr sich Aden nach ihr sehnte. „Wo ist sie?“
„Das sage ich auf keinen Fall.“ Die Antwort kam entschlossen, klang endgültig.
Riley wollte das nicht hinnehmen. „Wenn man euch nicht finden soll, hättet ihr eure Namen ändern sollen.“
Für einen winzigen Moment erwiderte Joe seinen Blick. „Das habe ich. Für eine Weile. Aber Paula …“ Er zuckte mit den Schultern. „Sie hat darauf bestanden.“
Hatte sie etwa gewollt, dass Aden sie fand?
Aden richtete sich auf, als hätte ihm jemand gerade ein Brett auf den Rücken geschnallt. „Ich habe genug gehört.“
Riley hatte eher das Gefühl, dass Aden nicht mehr ertragen konnte. Er schien fast zusammenzuklappen. Vor ihm saß sein Vater – der ihn immer noch nicht wollte. Der sich weigerte, ihm zu helfen, und ihm nicht einmal den kleinen Finger reichte.
„Was ist mit Joe?“, fragte Riley.
„Lass ihn hier. Ich bin mit ihm fertig.“ Damit verließ Aden das Zimmer und das Haus.
Riley winkte den Mädchen, sie sollten ihm folgen. Als sie nicht mehr zu sehen waren, warf er die Pistole auf den Boden. Joe griff nicht nach ihr, sondern blieb einfach nur sitzen. „Er ist ein guter Kerl, und jetzt ist er der Anführer der Welt, die du so verachtest. Und weißt du was? Die Ungeheuer aus deinen Albträumen gehorchen ihm aufs Wort. Er hätte dich besser beschützen können als jedes Zeichen, aber du hast ihn weggeworfen wie Müll. Zum zweiten Mal.“
Joe blinzelte. „Das … das verstehe ich nicht.“
„Na hoffentlich verstehst du das: Er hat was Besseres verdient als dich. Etwas viel Besseres.“
Jetzt sprang Joe auf. „Du hast keine Ahnung, was ich durchgemacht habe, als …“
„Deine Ausreden sind mir egal. Sie ändern nichts an dem, was passiert ist. Du hast deinen eigenen Sohn im Stich gelassen. Du bist ein gieriger, egoistischer Scheißkerl. Und jetzt gib mir dein Hemd.“
Der abrupte Themenwechsel brachte Joe aus dem Konzept. „Was?“
„Du hast schon verstanden. Gib mir dein Hemd. Ich will das nicht noch mal sagen müssen. Das Ergebnis würde dir nicht schmecken.“
Joe zog sich das Hemd über den Kopf und warf es Riley zu. „Da. Zufrieden?“
Riley fing es auf. „Bei Weitem
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