Hollisch verliebt

Smart.
    Glaubst du, das bin wirklich ich, fragte Julian. Der mit Haaren und ohne Brille, meine ich. Ich würde mir doch nie die Haare über eine Halbglatze kämmen.
    Woher willst du das wissen, meinte Caleb grummelig. Zumindest weinte er nicht mehr. Wir wissen nichts darüber, wie wir früher waren.
    „Schön, dass du die beiden erkennst, aber weißt du auch noch etwas über sie?“, fragte Aden. „Oder weißt du, warum in dem Karton Zauberbücher sind?“ Eine ganze Reihe von Zauberbüchern. Und die Papiere? Jedes einzelne beschrieb einen Zauber. Liebeszauber, Schwarze Magie. Zauber, um Tote auferstehen zu lassen oder Tote zu finden. Rührten Roberts Fähigkeiten daher?
    Falls ja, warum brauchte Aden dann keine Zaubersprüche? Und Joe hatte behauptet, sogar sein Großvater habe Magie benutzt.
    Julian seufzte. Nein. Ich kann mich nicht erinnern.
    Das hatte Eve auch nicht gekonnt. Zu Anfang.
    Trotzdem war es nur noch eine Frage der Zeit.
    „Und schon ist der Kinderkönig aus dem Märchenland zurück“, murmelte Riley.
    Kinderkönig? Aden zeigte ihm den Stinkefinger, doch Victoria nahm seine Hand und legte sie auf die Matratze. Sie saßen auf einem Bett, Riley und Mary Ann auf dem anderen. Seit dem Besuch in Joes Haus hatten die beiden kein Wort miteinander gesprochen. Sie wirkten verkrampft und wollten einander nicht einmal ansehen.
    „Julian glaubt, dass er diese Typen hier kennt. Wer ist denn wer?“
    Gähnend stand Mary Ann auf und stapfte herüber, um sich das Foto anzusehen. „Im Internet habe ich ein Bild von Daniel gesehen. Das hier ist er, der andere ist Robert.“
    Das kann nicht sein, widersprach Julian.
    Calebs Kichern hob auch Adens Laune. Wenn Julian wirklich Robert war, wie Mary Ann vermutete, war er doch der Mann mit dem schütteren Haar und der Brille.
    „Er war dafür bekannt, dass er mit den Toten gesprochen und der Polizei geholfen hat, Leichen zu finden. Ein paar Geschichten habe ich ausgedruckt.“ Sie kramte in einer Nylontasche, die Riley kurz zuvor geholt hatte, und reichte Aden einen dicken Papierstapel. „Das wollte ich dir schon früher geben. Tut mir leid.“
    „Kein Problem. Wir hatten alle genug um die Ohren.“
    „Ich habe nachgedacht“, sagte sie. „Damit du seine Seele in dich aufnehmen konntest, muss er in der Nähe des Krankenhauses gestorben sein. Das kommt hin. Daniel hat da gearbeitet, wahrscheinlich hat Robert seinen Bruder besucht. Könnte er nicht dabei einen der Toten in der Leichenhalle geweckt haben, und die Leiche hat beide getötet?“
    „Nach dem, was du mir schon erzählt hast, wurde nur Daniel an diesem Abend tot aufgefunden“, sagte Riley. „Er ist zerfleischt worden.“
    „Stimmt“, gab Mary Ann ihm recht.
    Na so was. Die beiden sprachen ja miteinander.
    Riley hob die Arme, als hätte er Mary Ann damit endgültig überzeugt. „Wo ist dann Roberts Leiche geblieben?“
    „Wurde nie gefunden.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Er ist einfach verschwunden.“
    „Er muss aber ebenfalls an diesem Abend gestorben sein. Und in der Nähe, wie du schon gesagt hast, sonst hätte Aden ihn nicht in sich aufnehmenkönnen“, schaltete sich Victoria ein.
    „Und wenn Aden stattdessen Daniel in sich aufgenommen hat?“, überlegte Riley.
    Julian stürzte sich auf die Theorie wie auf eine Rettungsleine. Den mit den Haaren? Rileys Idee gefällt mir.
    „Aber Daniel hat jahrelang im Krankenhaus gearbeitet“, antwortete Mary Ann. „Wieso hat er vorher keine Toten erweckt? Das wäre doch aufgefallen.“
    Riley zog eine Augenbraue hoch und musterte sie mit einem so finsteren Blick von oben bis unten, wie Aden ihn noch nie gesehen hatte. „Vielleicht sind seine Fähigkeiten erst später aufgetreten. So was kommt vor.“
    Sie knirschte mit den Zähnen. „Könnte sein. Und?“
    Es war allen klar, dass Riley auf ihre Fähigkeit als Kraftdiebin anspielte.
    „Ich habe keine Lust, den Ringrichter zu spielen“, ließ Aden die beiden wissen. „Jedenfalls sind wir uns wohl einig, dass Julian einer dieser beiden Brüdern war.“
    Wenn du mit ‚einer‘ den gut aussehenden meinst, sind wir uns einig, sagte Julian.
    In Adens Kopf erklang leise Juniors Wimmern. Das Monster befand sich im Wachstum, und es hatte Hunger. Schon wieder. Und es war immer schwerer zu beruhigen, es verlangte in immer kürzeren Abständen nach immer mehr Blut.
    „Ich lese die Berichte und sehe mal, ob Julian irgendwas auffällt“, meinte Aden.
    „Eve ist durch eine Zeitreise alles wieder