Hollisch verliebt
zuckte zusammen, versuchte aber nicht, Aden auszuweichen.
„Sag mir, wer du bist“, befahl Aden.
Was zum … Aden hatte gerade die Voodoo-Stimme benutzt, wie Mary Ann sie nannte. Und er hatte so viel Macht in sie gelegt, dass ihm sogar ein Wolf gehorcht hätte. Normalerweise waren Wölfe immun dagegen.
Scheinbar war Joe das auch. „Nein.“ Endlich sah er Aden in die Augen. „Du bist also einer von denen.“ Mit einem Mal zeigte er Gefühle, starke Gefühle. Enttäuschung, Ungläubigkeit, Wut.
Unter Adens T-Shirt war zu erkennen, wie sich seine Rückenmuskeln anspannten. „Einer von denen? Wen meinst du?“
„Die Vampire. Wen sonst?“
Diese beiden Wörter – die Vampire – glichen einer Offenbarung. Joe wusste, dass es solche Wesen gab, er kannte die Anderwelt.
„Du weißt, dass es Vampire gibt?“, brachte Aden mühsam heraus.
„Wenigstens versuchst du nicht, es abzustreiten“, sagte Joe trocken. Er klang nun nicht mehr wütend, sondern eher angsterfüllt.
„Bist du mein Vater?“
„Warum willst du das wissen?“
„Das schon wieder.“ Dieses Mal dauerte ihr Schweigen länger. Schließlich gab Aden die Antworten, die Joe hören wollte. „In meinem Kopf sind drei Seelen gefangen. Ich kann bestimmte Dinge tun, seltsame Dinge – etwa an frühere Zeitpunkte meines Lebens zurückkehren, Tote auferstehen lassen, mich in fremde Körper hineinversetzen und die Zukunft vorhersagen.“
„Und?“
Aden lachte bitter. „Du sagst ‚und‘, als wäre das nicht genug. Und. Ich will wissen, ob noch jemand in meiner Familie so war … so ist wie ich. Ich will wissen, warum ich so bin. Und warum mir meine eigenen Eltern nicht helfen wollten.“
Joe kniff die Augen ganz leicht zusammen. Seine Wimpern waren genauso schokoladenbraun wie Adens. „Glaubst du, die Antworten könnten dir helfen, es zu verstehen?“
„Sie könnten jedenfalls nicht schaden.“
„Hoffst du, dass sich deine Eltern entschuldigen? Sollen sie sagen, dass sie einen Fehler gemacht haben? Dich mit offenen Armen aufnehmen?“ Jetzt war es Joe, der bitter lachte. „Wenn das so ist, kann ich dir jetzt schon sagen, dass dich eine herbe Enttäuschung erwartet.“
Auch ohne das Gesicht seines Königs zu sehen, wusste Riley, dass Aden die Antwort bis ins Mark traf. Er hätte es nie zugegeben, aber er hätte sich das von Herzen gewünscht. Wahrscheinlich hatte er sich insgeheim sogar danach gesehnt. Dieses Geheimnis hatte er tief in sich vergraben, um es vor sich selbst zu verstecken. Aber er konnte sich noch sosehr einreden, dass er mit seinen leiblichen Eltern nichts zu tun haben wollte, eine solche Zurückweisung würde nicht spurlos an ihm vorübergehen.
„Glaub mir“, sagte Aden im selben unterkühlten Ton wie zuvor. „Ich will mit diesen Leuten nichts zu tun haben. Sie haben mich in Irrenanstalten verrotten lassen. Diese Scheusale haben mich Ärzten überlassen, die mich misshandelt haben, und Pflegefamilien, die mir das Normalsein einprügeln wollten.“
„So sollte das nicht …“ Joe presste die Lippen zusammen, aber er hatte schon genug gesagt. Riley war sich bereits sicher gewesen, und jetzt gab es auch für Aden keinen Zweifel mehr.
„So sollte das nicht mit mir laufen?“, spie Aden ihm entgegen. „Sollte ich sterben? Oder hast du geglaubt, wenn du mich als kleines Kind an den Staat abschiebst, wird alles ganz toll für mich?“
Joe atmete scharf durch die Nase ein. „Ja, genau. Ob ich dein Vater bin? Ja. Ob es noch jemanden wie dich gab? Ja. Meinen Vater. Ich wurde als Kind durch die ganze Weltgeschichte geschleppt, weil er alle möglichen Wesen angezogen hat. Und du nennst mich ein Scheusal? Du hast keine Ahnung, was ein echtes Scheusal ist! Ich musste mit ansehen, wie riesige hässliche Bestien meine Mutter und meinen Bruder getötet haben.“
„Und das soll eine Entschuldigung für das sein, was du mit mir gemacht hast?“
Joe sprach weiter, als hätte Aden nichts gesagt. „Als ich alt genug war, bin ich von meinem Vater weggegangen und habe mit der Vergangenheit abgeschlossen. Bevor er gestorben ist, wollte er ein paarmal den Kontakt wieder aufnehmen. Bestimmt haben ihn die gleichen Viecher geholt, die den Rest meiner Familie umgebracht haben. Ich wollte nichts mit ihm zu tun haben. So wollte ich nicht mehr leben. Ich musste für meine eigene Familie sorgen.“
„Für mich hast du nicht gesorgt!“, schrie Aden. „Warum hast du überhaupt Kinder in die Welt gesetzt, wenn du wusstest, dass du die
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