Hollisch verliebt
diesem Zustand.“
„Du warst ohnmächtig? Wie lange?“
„Keine Ahnung.“
„Hat er geblutet?“
„Nein.“ Das stimmte. Aber das hieß nicht, dass er keine inneren Verletzungen hatte.
Warum konnte sie sich nicht daran erinnern, was passiert war?
„Warum hast du ihn hierhergebracht? In diesem Zustand ist er schwach und angreifbar. Der beste Moment für eine Revolte. Dein Volk könnte sich erheben und sich den menschlichen König vom Hals schaffen, den es nie wollte.“
Wieder reckte sie das Kinn. „Ich habe ihn bewacht, und bisher hat kein Vampir gewagt, mein Zimmer zu betreten. Wahrscheinlich wissen sie noch, wie sehr ihre Monster ihn lieben.“ Jeder Vampir trug eines in sich, und ohne die Schutzzauber auf ihrer Haut konnten die Monster aus ihren Körpern treten, feste Formen annehmen und sie angreifen. Und dann war niemand mehr sicher, schon gar nicht ihre „Herren“, die Vampire. Doch sobald Aden in der Nähe war, benahmen sich diese Monster wie wohlerzogene Schoßhündchen – sie taten, was er wollte, und schützten ihn vor allen Gefahren.
„Oder sie haben noch nicht mitbekommen, dass Aden hier ist“, fuhr sie fort.
„Oh doch, das haben sie. Alle sind total nervös. Ihre Monster wollen raus und zu Aden.“
Das glaubte sie sofort. Mit der wunderbaren Stille, die sie in den letzten Minuten in der Höhle genossen hatte, war es sofort vorbei gewesen, als sie zu Hause ankamen. Scharfzahn hatte für immer bei Aden bleiben wollen und hatte gebrüllt vor Enttäuschung darüber, dass er in Victoria festsaß.
Nach ihrem Trinkgelage hatte sie gleich ihre Schutzzauber aufgestockt, um ihn im Zaum zu halten.
„Ist Aden jetzt ein Vampir?“, fragte Riley.
„Nein. Ja. Keine Ahnung. Als er noch bei Bewusstsein war, wollte er Blut. Mein Blut.“ Und zwar bis zum letzten Tropfen. Aber das behielt sie für sich. Nicht abzusehen, wie Riley darauf reagiert hätte.
Riley schob Adens Lippen zurück. „Keine Fangzähne.“
„Nein, aber seine Haut …“
„Ist wie deine?“ Stirnrunzelnd ließ Riley seine langen scharfen Krallen wachsen. Bevor Victoria ihn zurückhalten konnte, fuhr er mit seinen Klauen über Adens Wange.
„Nicht …!“
Kein Kratzer.
„Interessant.“ Eine durchscheinende Flüssigkeit – je la nune – trat an den Krallenspitzen aus, und Riley fuhr noch einmal über Adens Wange. Dieses Mal riss die Haut mit einem Zischen.
„Lass das!“ Victoria warf sich auf Aden, damit Riley ihn nicht noch weiter verletzte. Der allerdings versuchte das gar nicht.
„Du hast recht. Er hat wirklich Vampirhaut“, meinte Riley.
„Das habe ich dir doch gesagt!“ Allerdings wollte sie sich noch nicht eingestehen, dass sie jetzt Haut wie ein Mensch hatte. Sie konnte es selbst kaum glauben. Damit war sie unglaublich verletzlich. Auch das frische Blut hatte den Schaden nicht behoben. Sie zweifelte, ob das überhaupt je möglich war. „Du hättest ihm nicht wehtun müssen. Das je la nune hätte einen Menschen genauso verbrannt.“
Darauf ging Riley nicht ein. „Wie lange ist er schon in diesem Zustand?“
„Seit drei Tagen.“ Sie setzte sich neben Aden und funkelte ihren Leibwächter herausfordernd an, falls er ihr die Schuld dafür geben wollte.
„Das muss ich erst mal überschlagen.“ Er zögerte einen winzigen Moment, dann sprach er weiter: „Ja, das sind drei Tage zu lang. Hat er in letzter Zeit getrunken?“
„Ja.“ Sie hatte ihm von mehreren Blutsklaven zu trinken gegeben, nachdem sie sich mit einer Kostprobe versichert hatte, dass von ihnen keine Gefahr drohte. Als er keine Reaktion zeigte, hatte sie ihm immer mehr gegeben, bis ihm das Blut beinahe aus den Poren lief. Trotzdem hatte sich nichts geändert.
Stundenlang hatte sie überlegt, ob sie ihm noch mehr von ihrem eigenen Blut geben sollte. Was, wenn er wieder abhängig wurde? Andererseits war er vielleicht noch abhängig und nur ihr Blut konnte ihm helfen.
Also hatte sie es versucht. Sie hatte sich das Handgelenk aufgeschlitzt – was extrem geschmerzt hatte – und ihr Blut in seine Kehle laufen lassen. Die Wunde war für ihre Verhältnisse langsam geheilt, wenn auch äußerst schnell für einen Menschen. Bis dahin hatte Aden mehrere Schlucke Blut abbekommen. Sofort war Farbe in seine Wangengestiegen, und sie hatte Hoffnung geschöpft – für sie beide. Aber wenig später war er wieder blass und unruhig geworden. Viel zu unruhig. Er hatte vor Schmerzen gestöhnt, sich im Bett gewunden und sich schließlich
Weitere Kostenlose Bücher