Hollisch verliebt
Wasimmer das hier war.
Sie schämte sich plötzlich so sehr, dass ihre allgegenwärtigen Schuldgefühle in den Hintergrund gedrängt wurden. Vielleicht lag es an dieser Scham, dass ihr Monster ruhiger wurde und nicht wie sonst brüllte, um freigelassen zu werden.
Moment. Scharfzahn brüllte nicht. Verwirrt blinzelte sie. Sie sah an sich hinunter und bemerkte, dass alle Schutzzauber verblasst waren. Und trotzdem war das Monster still. Das war vorher noch nie geschehen.
Was hatte sich sonst noch verändert? Ihr Blick fiel auf Adens Hals und seinen schlagenden Puls. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen, aber der Trieb, das drängende Verlangen, ihn zu beißen, blieb aus.
Nein, das stimmte nicht ganz. Es war noch da, aber nicht mehr so stark wie zuvor. Sie konnte es kontrollieren. Trotzdem war sie durstig, sie musste trinken, von irgendjemandem. Doch wenn sie von jemand anderem trinken konnte, dann konnte das vielleicht auch Aden. Und wenn das stimmte …
Dann konnte er gerettet werden. Endgültig. Hoffte sie zumindest. Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Obwohl sie immer noch schwach war, verschränkte sie ihre Finger mit Adens, schloss die Augen und stellte sich ihr Zimmer in dem Herrenhaus vor, das die Vampire in der Nähe von Crossroads, Oklahoma, bewohnten. Weißer Teppich, weiße Wände, weißer Bettüberwurf.
Bitte lass es funktionieren, dachte sie. Bitte.
Ein kalter Wind kam auf, packte ihr Haar und wirbelte es durcheinander. Es klappte! Lächelnd hielt sie Adens Hand noch fester. Der Höhlenboden sackte weg, sie hingen in der Luft. Nur noch einen Moment, dann würden sie …
Ihre Füße trafen auf weichen flauschigen Boden. Teppich.
Zu Hause. Sie waren zu Hause.
3. KAPITEL
Drei Tage später
Die Zimmertür knallte gegen die Wand, und eine raue Männerstimme knurrte: „Ich habe gehört, du willst jedem den Bauch aufschlitzen, der in dein Zimmer kommt. Also, hier bin ich. Aber sag mir vorher mal lieber, was zum Teufel hier los ist.“
Victoria, die im Zimmer auf und ab gelaufen war, blieb stehen und wandte sich zu dem Eindringling um. Es war Riley, ihr Leibwächter. Ihr bester Freund. Groß, ebenso muskulös, wie es Aden mittlerweile war, und mit einem Gesicht, dem man ein hartes Leben und die vielen Faustkämpfe ansehen konnte.
Ihr wurde die Brust eng. Er war kein hübscher Traumprinz wie Aden, aber er war sexy – ein Kämpfer, der seine Gegner fertigmachte, was es auch kostete, und das mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Und genau so jemanden brauchte Victoria jetzt. Jemanden, der tun würde, was nötig war.
Er war vielleicht der Einzige, der ihr helfen konnte.
Und obwohl er sichtlich stinksauer war und seine Augen vor Wut blitzten, war er für sie doch der schönste Anblick seit Tagen. Er hatte dunkles, zerzaustes Haar, strahlend grüne Augen unter tiefschwarzen langen Wimpern und eine unzählige Male gebrochene Nase mit einem leichten Höcker in der Mitte. Manche Verletzungen heilten einfach nicht richtig, wenn sie sich ständig wiederholten.
Er trug ein grünes Lucky-Charms-T-Shirt und eine Hose, die aussah wie eine Jeans, auch wenn sie keine war. In Victorias wolkenweißem Zimmer war er der einzige Farbfleck.
„Nettes T-Shirt“, sagte sie. Zum einen, um ihn von seiner Wut abzulenken, bevor sie womöglich noch ihre Geheimnisse ausplauderte, zum anderen, um einen Sinn für Humor zu beweisen, den sie sich unbedingt zulegen wollte. Mary Ann Gray, Rileys menschliche Freundin, hatte ihr einmal vorgeworfen, sie sei zu ernst.
„Etwas anderes habe ich nicht gefunden. Victoria, rede. Jetzt! Bevor ich vom Schlimmsten ausgehe und einfach jeden im Haus kaltmache.“
Die vorgespielte Heiterkeit fiel von ihr ab, und Tränen traten ihr in die Augen, diese dummen, menschlichen Tränen, die sie vor ihrer Zeit in Amerika nie belästigt hatten. Sie lief zu Riley und warf sich in seine starken, schützenden Arme.
„Ich bin so froh, dich zu sehen.“
„Das wird sich ändern, wenn ich dich zum Reden zwingen muss.“
Trotz der Drohung drückte er sie fest an sich, genau wie früher, als sie noch klein waren und die anderen Vampire nicht mit ihr spielen wollten.
Weil sie die Tochter von Vlad dem Pfähler war, hatten alle Angst, bestraft zu werden, falls Victoria etwas passierte. Nur Riley nicht, er nie. Er war wie der Bruder, den sie sich immer gewünscht hatte, er tröstete und beschützte sie.
Sie hatte zwar einen echten Bruder gehabt, Sorin. Aber Vlad hatte ihr verboten, Sorin
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