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Hollisch verliebt

Hollisch verliebt

Titel: Hollisch verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Showalter Gena
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erregte ihre Aufmerksamkeit, und sie beobachtete einen schwarzen Vogel, der vorbeisegelte. Die Sonne versteckte sich hinter grauen Wolken und vielleicht sogar einer dicken Schicht von Eiskristallen. Die Engel laufen Schlittschuh, hätte ihre Mutter gesagt.
    Ihre Mutter. Sie fehlte Victoria sehr. In den letzten sieben Jahren war sie in Rumänien eingesperrt gewesen, weil sie angeblich einem Menschen etwas über Vampire verraten hatte. Vlad hatte seinem Volk sogar verboten, ihren Namen auszusprechen. Edina der Schwan.
    Den Namen auch nur zu denken war für Victoria ein kleiner Nervenkitzel. Widerspruch lag ihr nicht gerade im Blut.
    Als Aden zum Herrscher aufgestiegen war, hatte er auf Victorias Bitte hin ihre Mutter freigelassen. Sie hatte erwartet, dass sich ihre Mutter nach Crossroads teleportieren würde, damit sie wieder zusammen sein konnten. Aber Edina war lieber in ihrer Heimat geblieben.
    Als wäre Victoria ihr nicht wichtig genug. Dabei wollte Victoria so gern für jemanden wichtig sein.
    Sie war es auch gewesen, für Aden. Seit ihrer ersten Begegnung hatte er ihr das Gefühl gegeben, sie sei etwas Besonderes. Und jetzt …
    Ihr Magen verkrampfte sich, als sie neben ihn trat. Er hielt den Blick fest auf den nahen Wald gerichtet. Mächtige Eichen schnitten in den eisigen Himmel, an ihre Zweige klammerten sich die letzten blassbraunen Blätter. Ihre knorrigen Äste griffen ineinander, als wollten die Bäume einander festhalten und sich gegen den kommenden Winter wappnen.
    Auch Victoria hätte gern Adens Hand ergriffen und ihn festgehalten, aber sie wusste nicht, wie er reagieren würde.
    „Ich glaube, du solltest in der Zeit zurückreisen“, unterbrach sie die Stille. Sie hatte lange darüber nachgedacht. Wenn er sich in die Nacht zurückversetzte, in der Tucker ihn verletzt hatte, könnte er das alles verhindern. Nicht nur den Angriff mit dem Messer, sondern auch ihren Versuch, ihn zu verwandeln. Die ganze Woche, in der sie voneinander getrunken und sich gegenseitig fast umgebracht hatten, ihre Kämpfe, das hier – alles wäre ungeschehen.
    „Nein.“
    Das war alles? Mehr war ihre ganze Grübelei nicht wert? „Nein? Einfach so?“
    „Einfach so.“
    „Aber du könntest Tucker aufhalten, Aden, ein für alle Mal.“
    „Dabei kann zu viel schiefgehen, und wir wissen nicht, was in der neuen Wirklichkeit passieren würde. Sie könnte viel schlimmer sein als unsere.“
    Das bezweifelte sie. „Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.“
    „Nein.“
    Er blieb unnachgiebig. Diese Realität konnte ihm doch nicht gefallen! Oder doch?
    „Das hier gehört mir.“ Der nüchterne Ton, in dem er es sagte, erinnerte sie an ihren Vater.
    Offenbar gefiel es ihm doch so, wie es war. „Ja.“ Sie überlief ein Schauer.
    Als er den Blick senkte, tat sie es ihm gleich und versuchte dieses abgeschiedene Stückchen Land mit seinen Augen zu betrachten. Die Natur war verkümmert, kämpfte aber noch. Im Garten fanden sich keine Blüten mehr, aber die Büsche leuchteten gelb und orange. Efeu rankte noch mit dünnen spröden Blättern am Spalier hoch.
    In der Mitte des Gartens prangte ein breiter Kreis auf dem Boden. Es war ein Schutzzeichen, ein Ungetüm aus Metall, auf dem harmlos aussehende Kreise und Verwirbelungen zu erkennen waren. Der Kreis konnte als Plattform nach unten fahren und sich in die Krypta absenken, in der sie Victorias Vater bestattet hatten.
    Wortlos kletterte Aden aufs Geländer und richtete sich auf, stand aber recht wacklig.
    „Was machst du da? Wir sind zu hoch. Komm runter! Du …“
    Er sprang.
    Mit einem Schrei beugte sie sich über das Geländer, ihr blieb fast das Herz stehen, als sie ihn fallen sah, weiter fallen und schließlich landen. Er schlug nicht dumpf auf oder brach zusammen, wie sie erwartet hatte. Er stand einfach aus der Hocke auf und ging in den Garten, voll geschmeidiger Eleganz und tödlicher Entschlossenheit.
    Das Gleiche hatte Victoria schon unzählige Male gemacht. Wohl deshalb folgte sie ihm, ohne zu zögern. „Aden, warte!“ Die kalte schneidende Luft wirbelte ihr Haar und ihr Kleid in die Höhe.
    Als sie auf den flachen harten Boden zustürzte, erinnerte sie sich an ihre neue menschliche Haut. Sie ruderte mit den Armen, aber es war zu spät. Sie …
    Prallte auf.
    Der Schlag fuhr ihr in die Knie, sie brach zusammen und knallte gegen die Metallbegrenzung des großen Schutzzeichens. Dieser zweite Aufprall trieb ihr die Luft aus den Lungen. Schlimmer noch, er renkte

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